Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
leitete. Als die Kreise immer enger wurden und sich
schließlich alle Zwölf auf einer Stelle drängten, flammten für
einen Augenblick die Linien aller Ratsmitglieder am gleichen
Fleck auf.
Der Ritt war beendet und Julie so müde, dass sie sich am
Liebsten einfach vom Pferd hätte fallen lassen.
Leo
Das anfänglich laute Getrappel der vielen Hufe im Galopp war
mit der Zeit einem ruhigen Schrittgeräusch gewichen. Kleine
Kiesel wurden unter den Hufen weggedrückt und kollerten über
die Böschung in den westlichen Arm der Loy. Ria wandte sich an
Julie:
„Und, was ist mit dir, bist du inzwischen sicher?“
Julie zuckte zusammen und hielt unwillkürlich die Luft an. Sie
war in Gedanken bei dem Eón-Bak in Mathys Hemdtasche;
wusste Ria von Mathys Frage?
„Wie meinst du das?“ fragte sie zurück.
„Naja, Mathys ist fest davon überzeugt dass die Minuiten auf
jeden Fall kommen, auch wenn wir keine Nachricht haben. Wie
kann er nur so sicher sein?“
Julie atmete erleichtert aus. Richtig, die Minuiten hatten sich noch
nicht gemeldet; ohne ihre Zustimmung konnte der Bund nicht
geschlossen werden. Egal was sie antwortete, es würde nichts am
Ergebnis ändern, warum sollte sie Ria beunruhigen?
Julie nickte.
„Ich bin mir ganz sicher!“
Sie wich einem tief hängenden Ast aus und verstummte. Hatte sie
Ria oder sich gemeint?
Der Jagdwald lag hinter ihnen. Julie war noch nie so weit westlich
von Tallyn gewesen; bisher hatte es mit Anouk immer so viel zu
tun gegeben, dass Julie sich auf kurze Ausritte beschränken
musste. Sie hatte die Karten studiert, und wenn sie sich recht
erinnerte, musste links von ihr irgendwo Gagrein liegen, die
Heimat der Gager. Leo hatte während des gesamten Rittes kaum
etwas gesagt; jedes Mal wenn Julie ihn freundlich angesehen
hatte, setzte der Gager eine beleidigte Miene auf. Jetzt schien ihn
die bekannte Umgebung aufzumuntern. Als wäre nichts gewesen,
schob er sich mit seinem wundervollen Pferd, einem glänzenden
Rappen, zwischen Ria und Julie.
„Schau mal, da drüben male ich immer! Man hat einen herrlichen
Blick von dort aus und es ist weit genug weg von Gagrein, dass
ich das Rufen nicht höre…“
Julie grinste; sie griff hinter sich und zog ihre verrutschte
Satteltasche gerade.
„Deine Mutter hasst die Malerei, hm? Vielleicht lässt sich da ein
Kompromiss finden. Warum malst du nicht Pferde?“
Der Gager zog ein Fellbüschel oberhalb seines linken Auges hochwar es seine Augenbraue?
„Gaaanz tolle Idee, dass ich da noch nicht drauf gekommen bin!
Glaubst du, das habe ich nicht versucht? Irgendwann hing in
jedem Raum ein Pferdebild, und es ist todlangweilig immer nur
das gleiche Zeug zu malen. Es gibt so viele schöne Motive…“
Leos Blick schweifte an Julie vorbei in das blühende Land. Je
näher sie an Aßlar herankamen, umso üppiger und
farbenprächtiger schien die Umgebung zu werden. Die
Nachmittagssonne warf ihre Strahlen durch die Baumwipfel,
aufglühend bauschte sich das Blättermeer im leichten Wind. Die
Luft roch fremd und süß nach zarten Blumen. Der einstmals
breite Reitpfad wurde nicht genug benutzt, seit Aßlar verwaist
war; Bodendecker mit blauen Blüten und Gras hatten sich einen
Teil des Weges zurückerobert. War der Feldweg bis zur
Abzweigung nach Gagrein noch komfortabel gewesen, wurde er
hier zusehends schmaler und die Reisenden reihten sich wie eine
Entenfamilie hintereinander auf. Von vorn erklang das lang
gezogene Tuten eines Jagdhorns, Zeichen zur Rast. Julie nahm
ihre Zügel kurz und brachte Go zum Stehen; sie konnte eine
Pause vom Ritt in der strahlenden Sonne gebrauchen. Aus einer
der Satteltaschen zog sie ein kleines Proviant- Päckchen. Keiner
hatte viel zu essen mitgenommen, denn auf der Feier abends
würde es ein Festmahl geben, soviel hatten Julie und ihre Freunde
immerhin herausbekommen können.
Mathys, Daan und Ria hatten es Julie nachgetan; das Grüppchen
suchte sich einen schattigen Platz auf der saftigen Wiese.
Etwas plumpste schwungvoll neben Julie ins Gras, sie zuckte
zusammen.
„Leo! Erschreck´ mich doch nicht so!“
Leo grinste nur. Er nickte den anderen zu, streckte genüsslich
seine langen Beine, bis es knackte und packte seinen Proviant aus.
Möhren und Äpfel. Julie musste lächeln. Künstler hin oder her, er
war eben doch ein Gager.
Daan blickte an dem Gager herauf und herunter.
„Wer bist denn du?“
„Ich bin Leo. Vielleicht kennst du mich unter meinem - anderen
Namen: Ich heiße Röwe von der Weiden- und
Weitere Kostenlose Bücher