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Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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"Wahrscheinlich ist er noch zu jung. Du musst
Geduld haben, in einem Jahr kann das schon ganz anders
aussehen.“
    Sie wischte sich mit einem der Tücher aus dem Beutel über
die Augen. So war das nicht gedacht gewesen. Aber der Merlin
hatte Recht. Es war einfach zu früh gewesen. So musste es sein.
Die Mitglieder des Rates schnatterten aufgeregt
durcheinander. Anouk warf ihnen einen alarmierten Blick zu.
"Ich bring Julie zurück zur Burg", bot sich Tari an.
    "Danke", sagte Anouk erleichtert, wandte sich ab. Noch ehe
die beiden zwei Schritte getan hatten, war sie schon mitten in eine
Diskussion verstrickt.
    Die Luft über dem Waldweg war erfüllt vom Zwitschern
der Vögel, doch Julie hörte nur mit halbem Ohr hin. Noch ein Jahr
warten. Würde sie das durchstehen?
Tari spitzte die Ohren. "Hörst du das?"
     
Julie lauschte. "Nein."
     
Das war nicht ungewöhnlich, mit ihrem Elfenblut hörte
Tari oft Dinge, die Julie verborgen blieben.
    "Julie, hier!" rief Tari erneut. Sie stiefelte zum Rand des
Pfades und bahnte sich einen Weg durch die kleinen
Monatserdbeeren und den Waldmeister. "Da ist ein Vogel aus
dem Nest gefallen", tönte es aus dem Unterholz.
Julie seufzte, ging ihr nach. Sah das Vögelchen. Die Mutter
war nicht im Nest.
     
"Wir müssen es wieder rein tun, sonst kommt es um",
drängte Tari.
     
"Tari, das sollten wir nicht. Das ist nun mal der Lauf der
Natur. Die Starken überleben, die Schwachen machen Platz."
    Tari starrte sie an.
"Es hat angefangen", murmelte sie.
"Was hat angefangen?" fragte Julie.
Tari presste die Lippen zusammen, bis sie ganz weiß waren.
"Nichts. Geh ruhig schon vor, es ist ja nicht mehr weit. Ich
komme gleich nach."
     
Ohne auf Julies Antwort zu warten, suchte sie am Boden
nach kleinen Stöckchen.
     
Julie machte sich auf den Weg zur Burg.
     
Geständnisse
    Ronan sprang mit einem Jauchzer erneut über die Schlucht;
sie waren nicht weit von der Höhle entfernt, an einer Stelle, an der
es viele Brombeeren gab. Leo wünschte sich manchmal, Ronan
würde nicht so waghalsig sein. Eines Tages würde er sich den
Hals und Leo damit das Herz brechen.
Eine Libelle sirrte vorbei. Der Spätsommer in Tallyn war ein
guter Ersatz für den Herbst, den es hier nie gab, fand Leo.
    Überhaupt war er froh über die Geduld seiner Eltern, die
ihn nun schon im dreizehnten Jahr hier bleiben ließen; Hafers
Berichte, wie gut er sich im Stall machte, waren ein Grund dafür.
Ein anderer Grund war sicher, dass es seinem Vater noch sehr gut
ging und die Zeit nicht so drängte, ihn als Nachfolger zu
etablieren.
    Ronan sprang in Wolfsgestalt aus dem Unterholz, warf sich
neben Leo und verwandelte sich. Das Hemd trug er wieder offen,
seine behaarte Brust hob und senkte sich im Takt seines schnellen
Atems. Er griff in seine Hemdtasche, sammelt etwas heraus,
nahm Leos Hand, öffnete sie und ließ etwas hineinfallen.
    "Himbeeren? Ich liebe Himbeeren, danke! Ich dachte, hier
gibt´s nur Brombeeren…" sagte Leo. Auch nach all den Jahren
verstand er noch nicht, wie die Wölfe das mit den Kleidern lösten,
aber immer wenn das Thema zur Sprache kam, wurde Ronan
anzüglich. "Wäre es dir lieber, ich wäre nackt?" hatte er erst letztens
gefragt. Leo beschloss, es dabei bewenden zu lassen.
"Ich weiß. Da, auf der anderen Seite der Schlucht, wachsen
welche", sagte Ronan. "Soll ich dir noch mehr holen?"
    "Oh, nein, danke, ich bin satt“, sagte Leo. Bloß nicht noch so
ein Sprung über den Abgrund, ihm standen jedes Mal die Haare
zu Berge.
"Du hast da was", sagte Ronan und strich ihm mit dem
Daumen sanft über das Fell unter der Lippe.
     
"Himbeer, hm." Er leckte den Daumen ab.
    Leo starrte erst auf Ronans Daumen, dann auf dessen
Lippen. Noch immer spürte er die Berührung, als habe Ronan
seinen Finger dort liegen gelassen. Ihre Blicke begegneten sich.
"Leo, ich muss dir etwas sagen."
     
"Was denn?"
    Leo fragte sich, was da wohl auf ihn zukam. In den letzten
Jahren war Ronan zu einem wilden, schönen Geschöpf
herangewachsen, die verletzliche Züge, die vielleicht nur Leo an
ihm kannte, waren beinahe nur noch zu sehen wenn er schlief.
    Und in diesem Augenblick.
"Versprich mir erst, dass du nicht lachst", sagte Ronan.
Leo nickte.
"Das reicht mir nicht", sagte Ronan. Versprich es mir
richtig."
     
"Ich verspreche es", sagte Leo.
     
Zu seiner Überraschung wandte Ronan sich ab, griff einen
Zweig, malte Kreise in den feinen Schotter.
     
"Du… du bist für mich mehr als ein Freund."
     
Leo atmete aus. Das

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