Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
hinzulegen, aber so antwortete sie:
"Ich habe mich entschieden."
"Fein."
Dander wandte sich schon ab, so dass Julie gegen ihren
Rücken sprechen musste.
"Für Palon und Palaron."
Dander fuhr herum.
"Wie bitte? Die beiden waren eindeutig schlechter als Ingon
und Ingrian."
Julie gab sich keine Mühe mehr, sich zu verstellen.
"Das ist mir gleichgültig. Die Ausgewählten sind tapfer,
zäh, und auch unter ungünstigen Einflüssen noch kampffähig.
Das ist genau das, wonach ich gesucht habe."
Danders Gesichtszüge entgleisten, als sie die Erkenntnis
traf, dass sie getäuscht worden war.
"Das wirst du noch bereuen", fauchte sie.
"Eher nicht", antwortete Julie. „Meine Entscheidung steht
fest." Sie griff sich eine der Flaschen, zog ihr Messer aus dem
Stiefel und klopfte mit dem Rücken der Klinge gegen das Glas, bis
alle sie anstarrten.
"Die Auswahl ist beendet."
Ingon und Ingrian fielen sich in die Arme.
"Ich habe mich für Palon und Palaron entschieden. Nehmt
euer Gepäck und die Pferde, wir müssen los. Der Wolfsschrund
wartet."
Der ausbrechende Tumult wurde von einem schrillen
Heulton übertönt. Das musste der Alarm sein. Julie lächelte. Leo
hatte wirklich ein gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt.
Dander wurde der Zügel eines Pferdes gereicht. Ingon
stand neben ihr und redete hektisch auf sie ein. Sie schwang sich
auf den Rücken des Schimmels, zerrte an einem der Zügel und
wendete das Pferd so eng, dass es prustend vor Julie stand.
"Ein Alarm wurde ausgelöst. Wir reden später über die
Auswahl…", sagte sie.
Julie erhob sich, das Messer noch in der Linken.
"Dann bin ich nicht mehr da. Eilige diplomatische
Angelegenheiten."
"Dander, komm endlich!" rief Feara.
Dander war nicht bereit aufzugeben. Sie spie auf den
Boden.
"Wir hier im Winkel wissen immer noch am Besten, wer von
den Zwillingen für das Wächteramt geeignet ist. Ihr im Rat habt
keine Ahnung- und ihr könnt euch eure feine Gesinnung doch
nur leisten, weil wir hier die Drecksarbeit machen."
"Mag sein", sagte Julie kalt, "aber ich manipuliere keine
Wettkämpfe."
"Dander! Komm, sonst reiten wir ohne dich los."
Der blanke Hass sprach aus Danders Augen. Sie wendete
ihr Pferd auf der Hinterhand.
Die anderen vier Frauen schüttelten gleichzeitig die Köpfe
und ritten los.
"Palon ist ein Trottel", sagte Dander. "Die Wölfe werden ihn
zerreißen. Viel Spaß beim Zusehen. Ich freue mich schon darauf,
wenn du hier wieder angekrochen kommst."
Sie gab ihrem Pferd die Hacken und stürmte hinter der
Meute her.
Julie seufzte erleichtert. Ihre Hinhaltetaktik war
aufgegangen. Duve und Leo mussten einen gehörigen Vorsprung
haben.
Es war vorbei, sie wollte nur noch fort von hier.
"Palaron, Palon, wir brechen auf."
Noch immer etwas abwesend, aber sichtlich erfreut griffen
die Zwillinge ihre Bündel und schnallten sie auf die
bereitstehenden Pferde. Julie trat ganz dicht an die Pferde heran,
sah zu den beiden hoch.
"Könnt ihr reiten?" fragte sie.
"Es geht schon", antwortete Palaron.
„Gut. Im Schritt zum Stall; ich hole mein Pferd, dann reiten
wir los."
Julie war schon auf dem Weg, als sie sich noch einmal
umwandte. Ingon und Ingrian sahen ihr nach, bleich wie
Leintücher nach dem Sonnenbad. Ein Teil von Julie litt mit den
Verlierern, aber der andere Teil verspürte gerechte Genugtuung.
Die beiden hatten sich den Erfolg durch ihre Betrügereien
selbst verdorben.
Leitwolf
Eine atemberaubende Kulisse öffnete sich vor Julies Augen.
Hinten rechts in der Ferne waren die Berge um Aßlar herum
zu sehen; fordernd streckten sie ihre Gipfel nach der
Wolkenherde aus, die gemächlich über den Himmel graste. Ein
schmaler Abschnitt Grün lag noch vor ihr und den Zwillingen,
doch das Ödland der Minuiten lauerte schon als
schmutzigbrauner Streifen auf ahnungslose Reisende, seine
Bewohner immer bereit, hemmungslos jeden auszuplündern der
auf eine Durchreise angewiesen war.
"Hüterin?"
"Was gibt es, Palaron?" Julie hatte die Zwillinge im Stall mit
dem von Leo gesammelten Regenwasser geradezu abgefüllt, bis
sie jeden weiteren Tropfen verweigerten, doch die Mühe hatte
sich gelohnt; Palon und Palaron wirkten wieder nahezu normal.
"Wir wollten uns noch bedanken", sagte Palaron. Palon
nickte heftig.
"Wofür?" fragte Julie.
"Dass ihr uns ausgewählt habt; es ist eine große Ehre."
"Oh, Mann", sagte Julie, "ihr wart heute echt schlecht."
Palon schaute böse, aber Palaron lachte.
"Ich kann mich nicht einmal
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