Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
vor ihr. Nicht so dicht dran wie früher, als alles gut gewesen war zwischen ihnen, aber dicht genug, dass sie seinen typischen Geruch wahrnehmen konnte. Wenn sie doch nur die Zeit anhalten könnte. Seine Stimme gab ihr Mut. Immerhin war er zu ihr gekommen, da würde er sie doch anhören?
„Setzt du dich zu mir?“ fragte Mathys leise.
Julie nickte. Da war es wieder, das Herzrasen. Sie räusperte sich und setzte sich neben ihn.
„Gern. Ich – ich würd´ gern noch einmal mit dir reden...“ Wie sollte sie bloß anfangen?
Doch noch bevor das erste Wort der Erklärung ihre Lippen verließ, hatte Mathys ihr sanft seine warme Hand über den Mund gelegt.
„Lass mich zuerst“, sagte er. Sie konnte nicht sprechen, also nickte Julie nur.
Mathys holte tief Luft.
„Es tut mir leid.“
Er sah sie aufmerksam an und nahm, ganz langsam, die Hand von ihrem Mund. Julie starrte ihn an.
„Es tut dir leid?“ fragte sie ungläubig.
Mathys stocherte auf seinem Teller herum, das Essen musste inzwischen kalt sein.
„Ich habe lange mit Maktoum, dem Wüstenmerlin, geredet. Er hat mir ehrlich gesagt ziemlich den Kopf gewaschen; was einen guten Menschen ausmacht sei, dass er in jedem Moment das Richtige tun will und nicht später mal oder auf lange Sicht. Er sagte, die Vergangenheit ist vorbei und die Zukunft unsicher, deshalb sei das Einzige, das zählt, die Gegenwart. Und in der Gegenwart war es absolut richtig, dass du eine Unschuldige gerettet hast.“
Mathys verstummte und Julie hielt die Luft an. Bedeu tete das, dass er ihr verzieh? Warum sprach er nicht weiter? Stattdessen schob Mathys mit seiner Gabel die Erbsen auf dem Teller hin und her.
„Und?“ fragte Julie.
„Sagen wir so: in meinem Kopf war alles voller Zweifel, Wut und Enttäuschung. Ich hatte das Gefühl, dass mein Tod umsonst gewesen ist, weil du den Stein weggegeben hast.“
„Mathys, das tut mir so leid...“ , flüsterte Julie.
„Aber mein Bauch sagte mir, dass Maktoum recht hatte. Und auf dem Rückweg hierher – zu dir – ist mir klargeworden, dass der Gewinn für meine Todeserfahrung vielleicht nicht der Südstein war, sondern diese Erkenntnis. Eine falsche Entscheidung wird nicht richtiger dadurch, dass man sie mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu rechtfertigen versucht. Und in dem Augenblick war deine Entscheidung sicher richtig.“
„Heißt das, zwischen uns ist alles wieder gut?“ fragte Julie.
Mathys blies sich eine wirre Locke aus der Stirn und nahm ihre Hand.
„Wenn du mich noch willst?“
„Natürlich, Dummkopf!“ sagte Julie. In den letzten Tagen hatte sie sich immer ausgemalt wie sie sich vertragen würden und Mathys sie dann küsste. Aber in diesem Moment war ihr gar nicht nach küssen, sie wollte einfach nur an seiner Schulter lehnen. Sie kuschelte sich an ihn und er drückte sie an sich. Sie gehörten zusammen.
Der Platz leerte sich langsam, jeder ging an seine Arbeit und die Ratsmitglieder machten sich auf in Richtung Bibliothek.
Mathys gab Julie einen Kuss auf die Stirn.
„Wollen wir auch wieder an die Arbeit?“
„Warte noch, ich möchte mit dir reden. Ich will nicht, dass noch etwas zwischen uns steht.“
Und Julie erzählte Mathys alles, angefangen von ihrer Unsi cherheit ob Tari wirklich gut war, über die Sache mit dem Frosch, ihre Angst, als Tari so leblos auf Daans Arm lag bis hin zu Daans Kummer über den Streit der Freunde. Nicht einmal Jarrons Annäherungsversuche ließ sie aus, obwohl das schon endlos her war. Mathys hörte sich alles aufmerksam an, dann sagte er: „Wir kriegen das schon alles hin, zusammen. Und ich rede mit Daan. Aber der verdammte Dunkelelf hält sich besser von mir fern. Und von dir. Sonst scheint es mir vielleicht in dem Augenblick wo ich ihn treffe richtig zu sein, ihm den Hals umzudrehen.“
Julie war kurz davor ihn darauf hinzuweisen, dass sich das dann wohl eher auf die Vergangenheit bezog, aber sie spürte, dass Ma thys es nicht wirklich ernst meinte, sondern einfach ein bisschen Dampf ablassen musste. Also sagte sie nichts, schmiegte sich einfach nur noch fester an ihn.
Eine Weile saßen sie beide noch so da und waren einfach glücklich, dann machten sie sich auf in die Bibliothek.
5. Tari ancalimé
Julie fröstelte es. Gleichgültig, wie warm es oben war, hier unten im Burgkeller war es eisig. Sie stellte die eiserne Laterne in eine der Nischen in der Wand, wo sie gemeinsam mit den anderen vier Lampen im Raum gegen das Dämmerlicht kämpfte, und sah sich
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