Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
etwas, das Julie nicht hören konnte.
„Ich bring´ sie schnell ins Baumhaus, bin gleich wieder da“, sagte Daan, zu Ria gewandt.
„Ist gut.“
Ria seufzte und das war kein Wunder. Die einzige Haut, in d er Julie zurzeit vielleicht noch weniger stecken mochte als in ihrer eigenen, gehörte ganz eindeutig Ria.
Den ganzen Abend hatten sie zusammen gesessen und über dies und das geredet, gescherzt und gelacht, doch Julie war nicht die einzige gewesen, deren Fröhlichkeit n icht echt war. In jedem Satz Rias hatte unausgesprochen die Frage mitgeschwungen, was nun aus Tari werden sollte, da war Julie sich sicher.
Ria beugte sich vor.
„Was meint ihr, hat die Zeit beim Vogt - ihr wisst schon...“ Sie nestelte an ihren Schuhbändern.
„Sie böse gemacht?“ beendete Mathys behutsam den Satz.
„Ja“, sagte Ria. Sie schien erleichtert, dass es jemand ausgesprochen hatte.
„Hm.“ Mathys verstummte und sagte eine Weile nichts, und auch Julie war sich nicht sicher, was sie antworten sollte. Im Grunde genommen konnte sie sich Tari einfach nicht als böse vorstellen. Ihr Instinkt sagte Julie, dass Tari sich für die gute Seite entschieden hatte. Aber konnte sie das überhaupt beurteilen?
Sicher, sie war viel mit Tari zusammengewesen in der letzten Ze it, doch der Bann des Bundes hatte ihrer Wahrnehmungsfähigkeit sehr geschadet – wenn sie ehrlich war, traute sie ihrem eigenen Urteil nicht. Und dann war da noch die Frage, was die Zeit beim Vogt mit Tari angestellt hatte. Das Kind war bisher noch mit keinem Wort darauf eingegangen, hatte alle Fragen nur ausweichend beantwortet.
Mathys nahm Julie die schwere Aufgabe , eine passende Antwort zu geben, ab.
„Ich fürchte, da gibt es keine klare Antwort drauf, wir müssen das wohl abwarten.“
Ria machte ein enttäuschtes Gesicht. Daan, der gerade dazukam, musste mit seinen feinen Ohren die Antwort gehört haben, denn er sagte:
„Siehst du, genau das sag e ich auch immer. Wir müssen abwarten. Bis jetzt gibt es keine Anzeichen, und wenn es soweit ist, werden wir es als Erste wissen – schließlich sehen wir sie jeden Tag.“
Der Elf glitt direkt aus dem Stand elegant in den Schneidersitz und legte Ria eine Hand auf die Schulter.
„Das wird schon gut gehen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie böse wird.“
Ria lehnte si ch leicht an ihn. „Ich hoffe, du hast Recht. Es ist schon spät – wollen wir noch ein bisschen schlafen? Das wird sicher ein harter Tag morgen.“
Julie nickte, obwohl sie viel lieber den Kopf geschüttelt hätte. Sie wollte noch nicht zurück in ihr Zimmer. Wenn sie mit Mathys alleine war, gab es keinen Grund mehr, ihm nicht alles zu erzählen.
Doch Mathys sprang schon auf die Füße und hielt ihr die Hand hin. Julie legte ihre Hand in seine warmen kräftigen Finger und ließ sich von ihm hoch helfen.
„Danke für den schönen Abend, das war eine tolle Idee mit dem Picknick“, sagte Mathys.
Daan winkte ab. „Ich stehe so tief in Julies Schuld, das kann ich selbst in einem ganzen Elfenleben nicht wieder gutmachen. Die anderen Elfen sind dir übrigens auch sehr dankbar“, wandte er sich an Julie.
„Was...? W ieso...?“ – stotterte Julie. Wie meinte er das denn jetzt wieder? Hatte er überall herumerzählt, was sie getan hatte?
„Nun, alle erwachsenen Elfen teilen sich einen Wissenspool; was einer weiß, wissen am nächsten Morgen alle “, sagte Daan. „Es sei denn, man sichert die Erfahrung mit einem Ritual bis zur Mitternacht als privat – aber das habe ich nicht getan. Ich dachte nicht, dass dich das stört“, fügte er kleinlaut hinzu.
„Nein, nein, schon gut“, sagte Julie. Sie zwang sich zu einem Lächeln, aber am liebsten hätte sie sich irgendwohin zurückgezogen und geweint. Die teilten sicher nicht nur die guten Nachrichten. Morgen um diese Zeit würden nicht nur Mathys und Daan, sondern jeder einzelne Elf auf allen drei Ebenen wissen, was sie getan hatte.
Es war sehr warm in ihrer Kammer, aber Julie zog sich trotzdem im Schneckentempo aus. Mathys war wie selbstverständlich wieder mit zu ihr gekommen, war aus Hemd und Hose gestiegen und lag mit geschlossenen Augen in ihrem Bett.
Wie würde es jetzt weitergehen, nachdem sie die Nacht gestern zusammen verbracht hatten? Sollte sie sich ganz ausziehen? Was erwartete er von ihr? Und sollte sie...nein, sie musste es ihm sagen, sofort. Kein langes Herumgerede und Geschmuse, wenn sie es jetzt nicht tat, würde Anouk es ihm sagen und sie hatte keine
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