Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
sie frieren.
In der Bibliothek war es angenehm warm, ein aufgeladener Stein leuchtete in der Schale neben dem ovalen Riesentisch, auf dessen reichhaltig mit Schnitzereien verzierter Platte noch immer die Bücherstapel von heute Morgen lagen. Julies Herz machte einen Extrahüpfer. Endlich etwas, das funktionierte.
Sie musste häufiger die Bibliothek kurz verlassen und anfangs hatte B rid, die Bibliothekarin, sofort alle Bücher weggeräumt. Julie musste sich dann immer mühsam alles wieder neu zusammensuchen, was viel Zeit und Nerven kostete. Julie hatte versucht, Brid ihr Problem klar zu machen, aber die Bibliothekarin konnte nicht aus ihrer Haut, immer wieder räumte sie alles sorgsam weg und entschuldigte sich dann hinterher halbherzig. Heute Morgen hatte Julie ihr dann einmal freundlich, aber unmissverständlich klar gemacht, was ein Krieg, der sich bis nach Tallyn ausbreitete, wohl für Auswirkungen auf die geordneten Bücherreihen haben würde. Das schien gefruchtet zu haben.
Brid trat an den Tisch.
„Ich habe alles so gelassen, wie es war.“
Julie nickte ihr freundlich zu. „Gut gemacht. Ich stelle alles, was ich nicht mehr brauche, selbst wieder zurück.“
Brid nickte, zögerte, ließ ihren Blick über das Chaos auf dem Tisch schweifen, zupfte an einer – zum Glück sauberen – Serviette, die Julie als Lesezeichen benutzt hatte und seufzte.
„Brid, du bist wirklich eine große Hilfe. Irgendwann ist das alles hier vorbei, und dann kehrt wieder Ruhe in der Bibliothek ein.“
Brid strahlte auf. „Richtig. Nichts ist für die Ewigkeit, nicht wahr?“ Sie huschte zum Pult, holte ihren Staubwedel, ein riesiges, flauschiges Ding aus braunen und gelben Federn, und begann summend die Buchreihen abzustauben.
Julie hätte ihr gerne verboten zu summen, wie sollte man sich denn so konzentrieren? Zumal ihr auch noch die Nase wehtat. Der Knochen war tatsächlich gebrochen gewesen, aber der Merlin selbst hatte ihn gerichtet, die Nase war so gerade wie zuvor. Auch die Schwellung war größtenteils weg, nur ein Teil des Schmerzes und die Verfärbungen waren noch da. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass der Merlin sie vollständig heilen würde, aber er hatte mittendrin aufgehört, gezwinkert und gesagt: Wir wollen doch keine Heilkräfte für kosmetische Dinge verschwenden, nicht wahr?
Und Julie hatte einmal mehr eine Ahnung davon bekommen, wie verwöhnt sie alle hier waren, sie selbst nicht ausgenommen. Keiner von ihnen, mit Ausnahme des Merlins und Karims vielleicht, war für diesen Krieg bereit.
Sie drängte den Schmerz und das Summen in den Hintergrund und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. Es galt, eine Möglichkeit zu finden, verlorene Portalsteine aufzuspüren. Nur so konnten sie alle Verbindungsstellen zwischen den Welten wieder befestigen. Falls sie die Stellungen gegen die Gardisten so lange halten konnten.
Und falls es den Elfen nicht gelang, alle Portale zu zerstören bevor sie zum Kampf bereit waren, was so ungefähr am St. Nimmerleinstag der Fall sein würde.
Sie war schon wieder abgeschweift. Julie seufzte und versuchte sich zu konzentrieren, immerhin hatte Brid inzwischen zu summen aufgehört, doch die Ruhe währte nur kurz. Die Bibliothekstür erzitterte unter heftigem Hämmern.
Brid stürzte zur Tür, öffnete sie und sah den Eintretenden vorwurfsvoll an, doch der ignorierte sie geflissentlich.
„Julie Denes, Hüterin?“
„Das bin ich“, sagte Julie mit rauer Stimme.
Der nächste Bote. Nahm das denn nie ein Ende?
„Die Wölfe schi cken mich. Das Portal im Jagdwald ist blockiert.“
Das durfte doch nicht wahr sein.
„Danke.“ Julie suchte in ihrer Tasche, fand aber ihre Börse nicht. „Brid, entlohne den Mann, ich gebe es dir nach dem Essen zurück“, sagte Julie.
Brid zog ein kleines Häufc hen Münzen aus ihrer Tasche und reichte sie dem Boten, der das Gesicht verzog. Wahrscheinlich wünschte er sich gerade, vorhin etwas freundlicher zu der Bibliothekarin gewesen zu sein, dachte Julie mechanisch, während sie versuchte, die Bedeutung dieser Botschaft zu erfassen. Das zweite Portal verschlossen - innerhalb so kurzer Zeit? Soweit sie wusste, gab es fünf Portale auf dieser Ebene. Eines bei den Minuiten, das war dicht. Eines im Jagdwald, das war auch dicht. Offen sein mussten demnach noch das Portal im Sommerwald, das in Piu und das in Aßlar.
Wenn es so weiterging, waren sie bald abgeschnitten. Und dann würde es die zweite Ebene zerreißen, ohne dass irgendjemand
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