Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
lahm.
Julie schluckte.
„Könnte mir mal einer sagen, was genau ich falsch gemacht habe, damit ich den Fehler nicht noch einmal mache?“ flüsterte sie.
„Es war nicht ein Fehler, es waren zwei“, korrigierte Daan.
„Gut, dann alle beide...“, seufzte Julie ergeben.
„Der erste Fehler war, einen Minuiten zu heilen. Sie sind neben den Dunkelelfen die einzige Rasse, wo sich der Schmerz überhaupt nicht, auch nicht das kleinste Bisschen, auf alle Schultern verteilt. Das merkst du an dem Sog – du konntest nicht aufhören, stimmt´s?“
Julie nickte, das hatte sie sich schon gedacht. War sie deshalb bewusstlos geworden? Himmel war sie erschöpft.
„Und der zweite Fehler?“ sagte sie matt.
Dieses Mal antwortete Mathys.
„Du hast versucht, eine Amputation zu heilen. Das verlorene Gewebe lässt sich nicht wieder herstellen. Normalerweise merkt man das als Heiler irgendwann und hört einfach auf. Aber bei einem Minuiten oder einem Dunkelelfen funktioniert das mit dem Aufhören nicht.“
Eine dunkle Ahnung stieg in Julie auf, dass Anouk im Unterricht etwas Ähnliches einmal erwähnt hatte, aber das musste Jahre her sein. Mathys sah sie an, als sei alles klar, doch Julie verstand nichts mehr.
Das war ihr wohl anzusehen, denn Daan fügte hinzu:
„Du warst in einer Heilung gefangen, die unmöglich war. Es hätte dich getötet.“
Julie wurde erst heiß und dann wieder kalt. Das war echt knapp gewesen. Eines verstand sie allerdings immer noch nicht.
„Wenn es nicht möglich ist, aufzuhören, warum habe ich es dann geschafft?“ fragte sie.
„Hast du gar nicht. Daan hat dic h sozusagen von ihm losgerissen“, sagte Mathys.
Sie verdankte dem Elf ihr Leben. Damit war ihr Einsatz für Tari wohl ausgeglichen.
„Danke.“
„Hab´ ich gern getan“, sagte Daan.
Er beg ann, die Tücher und Bindebänder zusammenzutragen. Mathys holte eine Decke, legte sie über Julies Beine.
„Ruh dich etwas aus“, sagte er.
Mathys hatte gut reden. Das erste Portal war gefallen und es gab noch immer keine Nachricht von Fanea. Zumindest wussten sie jetzt sicher, welches Portal betroffen war. Sie mussten sofort handeln. Julie schloss kurz die Augen, um Kraft zu sammeln, dann schob sie entschlossen die Decke von den Beinen und erhob sich. Es ging ganz gut, sie schwankte ein wenig, blieb aber stehen.
„Wir haben keine Zeit zum Ausruhen. Wir müssen den anderen Bescheid sagen.“
Sie wollte den Rat zusammenrufen, aber sie schaffte es nicht, die Konzentration zu erreichen, die dazu nötig war. Sie war schwächer als gedacht und würde Hilfe brauchen. Soviel zum Thema sie würde sich von Mathys nicht so verhätscheln lassen wie Anouk von Chris. Offensichtlich war das Wissen über die Heilung bei Amputationen nicht die einzige Lektion, die sie heute gelernt hatte. Julie seufzte.
„Mathys, rufst du bitte den Rat zusammen?“
Der Wind wehte heftig auf dem Übungsplatz. Die Ratssitzung gestern war kurz gewesen. Julie hatte allen die Nachricht des Boten übermittelt und war dann in ihre Kammer gegangen, den ganzen langen Weg über den Flur noch begleitet von dem Geraune und den wilden Diskussionen in der Bibliothek.
Sie hatte wirklich vorgehabt, mit den Ratsmitgliedern zu sprechen und die Möglichkeiten mit ihnen durchzugehen, schon alleine, weil sie selbst sich immer schlecht gefühl t hatte, wenn Anouk dem Rat wieder einmal eine Information vor den Latz geknallt und ihn dann stehen gelassen hatte, doch sie konnte einfach körperlich nicht. Selbst heute, nachdem der Merlin dagewesen war und sie eine Weile geheilt hatte, war sie noch zittrig auf den Beinen.
Mathys, der den Parcours mit ihr übte, war nicht weit voraus, aber Julie wusste, dass er sich stark zurücknahm, um sie nicht zu blamieren.
Das war nett von ihm, denn wie immer in den letzten Tagen stand Karim am Rand des Parcours und beobachtete sie beide bei ihrem freiwilligen Extratraining.
Anfangs war sie sich irgendwie mangelhaft vorgekommen unter seinen prüfenden Blicken, später war sie wütend gewesen. Wenn er schon dort herumstand, warum gab er ihr nicht wenigstens den einen oder anderen Tipp? Inzwischen störte seine Anwesenheit Julie nicht mehr, ja, sie nahm ihn kaum noch wahr, es sei denn, etwas ging gründlich schief – so wie der gesamte Parcours heute. Sie war nicht einmal die verdammte Mauer hoch gekommen, Mathys hatte ihr eine Räuberleiter bauen müssen, doch sein Ansinnen, es für heute gut sein zu lassen, war ihr geradezu grotesk
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