Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
ziemlich sicher, dass das aus ihrem eigenen Kopf stammte. Sei´s drum, sie hatte Wichtigeres zu tun.
„Ihr habt vorhin gesagt, es gäbe keine Ver wandten der ersten Hüterin, aber das bedeute nicht, dass es niemanden gibt.“
Der Merlin zögerte. Täuschte sie sich oder wand er sich irgendwie?
„Ehm, ja. Das ist richtig. Theoretisch könnte das jede machen, die in der Linie der Hüterin steht, also zum Beispiel Anouk. Aber die ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht in der Lage, an so etwas auch nur zu denken.“
„Oder ich“, sagte Julie.
„Richtig. Oder du.“ Er begann, mit seiner Kordel zu spielen. „Aber das ist keine Entscheidung, die man übers Knie brechen sollte. Die Prüfkammer ist extrem gefährlich und...“
„Ihr glaubt nicht, dass ich soweit bin“, beendete Julie den Satz ruhig.
„Ähm. Ja.“
Wenigstens war er ehrlich.
Julie erhob sich und ging mit steifen Beinen in Richtung Ausgang.
„Julie, warte.“
Sie wollte nicht warten, sie wollte handeln. Zwei von fünf Portalen, jemand musste etwas unternehmen.
Aber eines musste sie ihm noch sagen.
„Eurem Pferd geht es nicht gut. Es ist müde und die rechte Hinterhand tut ihm weh.“
„Ich - wie...wie hast du? Julie, Julie!“
Die Stalltür fiel hinter ihr ins Schloss. Es hatte zu regnen aufgehört und die Sonne verwandelte die Pfützen auf dem Hof in glänzende Spiegel.
Der Merlin mochte nicht an sie glauben, aber er hatte ihr genug verraten, um in der Bibliothek die restlichen Informationen zusammenzutragen.
12. Nur ein Tag
Der Regen hatte sich verzogen und die Morgensonne schickte ihre noch kraftlosen Strahlen über die gepackten Satteltaschen. Leo zögerte, die letzte Möhre zu nehmen, denn wenn er das tat, war das Frühstück vorbei und es gab keinen Grund mehr den Aufbruch länger hinauszuzögern.
„Keinen Hunger mehr?“ fragte Ronan besorgt.
„Doch.“
Leo griff entschlossen nach der letzten Möhre und schob sie sich zwischen die Zähne. Das Krachen und Knacken der zerbissenen Wurzel reichte kaum, um seine Wut loszuwerden, am liebsten hätte er etwas kaputt geschmissen. Leo atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Dann nahm er Ronans Hand und drückte sie fest an seine Brust.
„Ich müsste längst weg sein“, sagte er, nahm das Kästchen mit dem Ring hoch und seufzte. Das Ding schien mindestens eine Tonne zu wiegen.
„Bist du aber nicht“, sagte Ronan.
Er lächelte, wie es nur Ronan konnte. Leo spürte, wie seine Wut verflog und unendlicher Traurigkeit Platz machte.
„Nein. Bin ich nicht.“
Tränen stiegen ihm in die Augen, aber er schämte sich nicht. Nicht vor Ronan. Sie hatten so viel zusammen durchgemacht.
„Weißt du noch, wie die Wölfe mich fast gefressen haben?“ fragte er.
Ronan nickte und drückte seine Hand. „Damals ist alles gut gegangen. Wir werden auch das hier hinkriegen.“
„Ach Ronan, ich wünschte, ich könnte die Welt einfach anhalten. Alles würde stehen bleiben, und du und ich würden einfach weiter hier sitzen. Nur für einen Tag oder so.“
Ronan legte beide Arme um ihn und seine warme Haut schmiegte sich tröstlich in Leos Fell. Leo merkte, wie die Tränen seine Wangen hinunter kullerten, erst langsam, dann immer schneller. Er drückte Ronan so fest er konnte an sich.
„Ich will nicht weg von dir.“
Ronan löste sich ein Stück und sah ihn an.
„Lass es uns einfach tun.“
„Was tun?“ fragte Leo verständnislos.
„Die Welt anhalten. Nur für einen Tag. Wir tun so, als ob das alles nie passiert wäre.“
L eo riss die Augen weit auf. „Du meinst...“
„Ja! Wir tun nur, was wir gerne tun. Einen ganzen Tag lang. Und tun dabei so, als ob alles in Ordnung wäre.“
Leo spürte die magische Anziehungskraft, die von der Vorstellung ausging, noch einen unbeschwerten Tag m it Ronan zu verbringen, doch er schüttelte leicht den Kopf. Was war mit Gagrein? Jede Verzögerung konnte dort das Chaos ausbrechen lassen.
„Ich weiß nicht“, sagte er.
„Ach komm schon, was macht dir Spaß? Wozu hast du heute am meisten Lust?“
Ronan grinste u nd sah ihn von unten herauf an.
Leo spürte, wie das passierte, was immer passierte , wenn er Ronan so sah: er war vollkommen wehrlos – und es machte ihm nichts aus. Außerdem konnte er nicht nachts reiten und das hieß, wenn er noch einen Tag hierblieb, würden sie auch eine Nacht mehr haben. Das gab den Ausschlag.
„Ich würde gerne mit Blau über die Wiesen galoppieren, mit dir als Wolf an unserer Seite, und sehen, wer
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