Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
können dich wirklich nicht hören“, sagte Dendra.
Mathys räusperte sich. „Julie … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Wir sind noch jung, aber ich bin mir sicher, dass wir zusammengehören. Als wären wir zwei Steine aus dem gleichen Steinbruch. Ich will nicht, dass sie jemals wieder geht.“ Die letzten Worte sprach Mathys mit gesenktem Kopf.
„Meine letzte Frage: Was ist dein Geheimnis?“
Mathys schaute verwundert auf. „Ich habe keines“, sagte er dann.
Forschend blickte die Dryade ihn an, schließlich nickte sie. „Du sagst die Wahrheit; es ist gut. Du hast die Prüfung bestanden.“ Dendra schnipste mit den schlanken Fingern, über Mathys Gesicht legte sich der gleiche friedliche Schleier, wie er auch über den Gesichtern der anderen lag.
Nach einem erneuten Schnipsen war Julies Blick plötzlich klar. Dendra ließ sich zuerst den Heiltrank zeigen und roch daran. Dann begann die Befragung.
„Was ist dein Ziel, Julie, warum bist du hier?“, fragte Dendra.
„Ich muss die Einwohner Tallyns schützen, das Pendel darf nicht in die Hände des Bösen fallen“, sagte Julie.
„Gut; was ist der eigennützige Anteil an deinem Begehr?“
Julie überlegte, ob sie ehrlich sein sollte. War das eine Falle? Durfte man nur Hüterin werden wenn man ganz und gar uneigennützig war? Das Pergament kam Julie in den Sinn. Sie entschloss sich, ehrlich zu bleiben. „Ich erhoffe mir, bei Mathys bleiben zu können, denn er und ich gehören zusammen.“ Nun machte Julie eine Pause, sie wartete einen Widerspruch ab, als keiner kam, fuhr Julie fort: „Und ich will meinen Vater besser schützen können.“
Dendra nickte. Die letzte Frage begleitete die Dryade mit einem durchdringenden Blick: „Was ist dein Geheimnis?“
Diesmal brauchte Julie fast eine Ewigkeit für die Entscheidung. Schließlich murmelte sie tonlos: „Es war meine Schuld, dass meine Mutter starb – ich will es wieder gutmachen.“ Sie fing an zu weinen.
Dendra nahm Julie in ihre kühlen weichen Arme und wiegte sie stumm, hielt sie, wie noch nie jemand Julie festgehalten hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich das Weinen auflöste, die Schluchzer seltener wurden und aufhörten. Dendra hielt Julie ein Taschentuch aus einem seltsam silbrigen Stoff hin. Julie nahm es und war sofort ein bisschen getröstet. Dendra lächelte sie an. „Das tut gut, nicht wahr? Ich habe die Tücher für Ria gewebt.“
Julie lächelte, ihre Wangen waren nass. „Sie liebt Daan, oder?“
Dendra nickte nur. Dann sagte sie: „Du hast die Prüfung bestanden“, und schnipste mit den Fingern. Doch bevor Dendra Daan für die Befragung weckte, fügte sie noch hinzu: “Und mit etwas Glück weiß ich gleich auch, wie Daan zu Ria steht.“ Sie schnipste abermals mit den Fingern.
Daan wirkte kurz vollkommen verwirrt. Es war immer das gleiche mit den Elfen: Ein kurzer Kontrollverlust brachte sie völlig aus der Fassung.
„Ruhig, es ist alles gut“, sagte Dendra besänftigend. Jetzt war der Elf wieder ganz klar. „Daan, was ist dein Ziel?“, erkundigte sich die Dryade.
„Zu tun, was getan werden muss; es ist mein Weg, und ich werde ihn gehen“, antwortete der Elf aus dem Stamm der Lwynn. Seine Stimme klang auf einmal anders, dunkel und sonor. Ein silbriger Schimmer legte sich um seine Stirn und ein Reif erschien aus dem Nichts, um sich auf seine feinen Haare zu legen. Der Elf war in diesem Moment erwachsen geworden, das Wissen seiner Ahnen war erwacht. Die Dryade hatte das noch nie selbst gesehen. Ihr traten die Tränen in die Augen. Dendra verneigte sich respektvoll. „Ich danke Euch für diese Antwort“, sagte sie. „Gestattet mir eine zweite Frage: Welche eigennützigen Zwecke verbindet Ihr mit diesem Ziel?“
Daan zog verwundert eine Augenbraue hoch. „Keine“, antwortete er ohne Nachdruck, aber umso überzeugender.
Dendra zögerte, die letzte Frage zu stellen. „Daan Lwynn, was ist euer Geheimnis?“, fragte sie aber schließlich doch.
Der Elf überlegte kurz, dann sagte er: „Ihr habt eine Antwort verdient, wenn die Erinnerungen meiner Ahnen mich nicht trügen. Hört meine Geschichte, Frau der Bäume:
Als ich ein kleiner Elf war, ging meine leibliche Mutter, die, wie Ihr wisst, ein Mensch war, zurück in die andere Welt. Mein Vater blieb vorerst in Tallyn, er hatte Verpflichtungen. Als er meiner Mutter nachreiste, fehlte jede Spur von ihr. Sein letzter Brief ist Zeugnis dieser Suche, er denkt, ihr Verschwinden sei seine Schuld.“ Daan
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