DS015 - Das Meer des Todes
gähnendes Nichts folgen müssen, um sie zurückzubringen.
Doc verbrachte den Rest der Nacht bei seinen beiden Patienten, abgesehen von den wenigen Minuten, die er benötigte, um das Gas aus den Kabinen Rennys, Johnnys und Long Toms zu vertreiben. Die Methode, die er anwandte, war so einfach wie wirkungsvoll. Er öffnete die Bullaugen, hielt den Atem an, ließ Wasser in den Ausguß laufen und wartete, bis die giftigen Schwaden sich verzogen hatten.
Zwischendurch injizierte er Ham und Monk weitere Medikamente, um den Herzschlag anzuregen, der immer noch schwach war. Beide waren noch nicht über den Berg, aber er hatte Hoffnung, sie durchzubringen.
»Wie fühlt man sich, wenn man tot ist?« fragte Renny mit Löwenstimme.
»Ja!« Long Tom grinste. »Was habt ihr drüben erlebt?«
»Ham lächelte zaghaft. »Waren wir wirklich tot?«
»Und ob ihr tot wart!« rief Renny vergnügt.
Monk sagte nichts. Sein Gesicht war fahl und schweißnaß.
»Ich war nicht besonders überrascht«, spöttelte Ham. »Genauso hatte ich es mir immer vorgestellt.«
»Wie hattest du dir was vorgestellt?« Long Tom wunderte sich.
»Als ich tot war«, sagte Ham und bemühte sich, scharf und akzentuiert zu sprechen, was ihm indes nur unvollkommen gelang, »sah ich einen großen grünen Kerl mit Hörnern, einem Rattenschwanz und einer Mistgabel in der Hand. Es kann nur der Teufel gewesen sein. Er rannte aufgeregt an mir vorbei, dann sah ich, daß er hinter Monk herjagte.«
»Du lügst«, krächzte Monk.
»Ich lüge nicht! Du bist vor ihm weggerannt, deswegen schwitzt du so.«
Die Männer lachten. Offenbar befanden Ham und Monk sich nicht mehr in Lebensgefahr, der alte Streit war wieder da, die Erde hatte sie wieder.
Renny, Long Tom und Johnny beschlossen, die beiden Invaliden zu bewachen. Sie bewaffneten sich mit den kleinen Maschinenpistolen, die Doc selbst entwickelt hatte. Die Pistolen waren nur wenig größer als die üblichen automatischen Waffen, hatten aber lange, gebogene Magazine, und ihre Feuergeschwindigkeit übertraf die moderner Maschinengewehre.
Doc verließ die Kabine. Er sagte nichts über seine Absichten, und keiner fragte danach. Seine Gefährten wußten, daß er den mutmaßlichen Mörder suchte, Der Tag war bereits angebrochen, aber die Sonne war verborgen hinter schwarzen Wolken, die so niedrig über dem Meer hingen, daß die
Cameronic
wie durch einen Tunnel fuhr. Es regnete in Strömen.
In dieser Nacht war es zu noch anderen unerfreulichen Ereignissen gekommen; Doc erfuhr es zufällig, weil zwei Stewards sich im Korridor darüber unterhielten.
»Der Funker muß verrückt geworden sein!«
»Ja, es gibt keine andere Erklärung,«
»Er ist ganz bestimmt verrückt geworden. Zwei Passagiere der ersten Klasse haben alles mitangesehen. Sie hörten ein schreckliches Getöse und sind zum Funkraum gerannt, dort haben sie dann alles gesehen. Der übergeschnappte Funker hat sämtliche Geräte zertrümmert!«
»Hat er tatsächlich seinen Kollegen umgebracht?«
»Die beiden Passagiere haben es mir erzählt. Anschließend hat der verrückte Kerl sich eine Kugel in den Kopf gejagt.«
Doc ließ die beiden Stewards stehen und lief zum Funkraum.
Die Kabine war ziemlich groß. An den Wänden waren Schränke und Fächer für Ersatzgeräte; an den Boden war eine Telefonvermittlung geschraubt. An Bord der
Cameronic
befanden sich vier Funkgeräte, zwei für lange und zwei für kurze Wellenbereiche, und mindestens zwei Funker waren ständig im Dienst.
Jetzt sah es im Funkraum chaotisch aus. Sämtliche Geräte waren mit bemerkenswerter Sorgfalt zertrümmert worden, hier gab es nichts mehr zu reparieren. Offenbar hatte man eine Feuerwehraxt benutzt; sie lag auf dem Boden zwischen den Glassplittern der zerschlagenen Röhren.
Einer der Funker lehnte in einer Ecke, man hatte ihm mit der Axt den Schädel gespalten. Seine Uniform war mit Splittern übersät. Der zweite Funker lag seitlich auf dem Boden. Er war erschossen worden. Dicht neben ihm lag ein Trommelrevolver. Der Schiffsarzt war damit beschäftigt, den Erschossenen zu untersuchen. Er sah Doc und richtete sich auf.
»Er hat seinen Kollegen ermordet«, sagte er und zeigte auf den Mann mit der Kugel im Kopf, »dann hat er die Kabine ruiniert und sich schließlich erschossen.«
Doc blickte sich aufmerksam um.
»Das glaube ich nicht«, sagte er leise.
»Lächerlich!« Der Arzt ereiferte sich. »Zwei Passagiere aus der ersten Klasse haben es gesehen!«
Doc betrachtete noch
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