DS015 - Das Meer des Todes
Kabaretts waren zum großen Finale auf der Tanzfläche erschienen, wenige Augenblicke später war die Veranstaltung zu Ende.
Doc und seine Männer gingen zum Oberdeck und zu ihren Kabinen, die dicht nebeneinander lagen. Monk gähnte mit Genuß.
»Ich hab’ den Eindruck, daß diese Reise jetzt doch noch ziemlich langweilig wird«, sagte er. »Schade, sie hat so spannend angefangen ...«
Ihm stand eine Überraschung bevor, die ihm bewies, wie gründlich er sich geirrt hatte.
Die Männer trennten sich und traten in ihre Kabinen. Doc ging langsam zum Bullauge und starrte hinaus in die regnerische Nacht. Ohne Hast zog er den Smoking aus und legte ihn aufs Bett. Aufmerksam sah er sich um. Anscheinend war alles in Ordnung, niemand schien während seiner Abwesenheit die Kabine betreten zu haben.
Er schenkte aus einer Karaffe Eiswasser in ein Glas, trank einen Schluck und stellte fest, daß das Wasser zu kalt war. Er leerte das Glas ins Waschbecken, im selben Augenblick erklang ein scharfes Zischen, aus dem Waschbecken stieg bräunlicher Dampf und breitete sich blitzschnell in der Kabine aus.
Doc warf sich herum und schnellte zur Tür und zum Korridor. Ein Sekundenbruchteil hatte ihm genügt, die Gefahr zu erkennen und entsprechend zu handeln. Jemand hatte das Abflußrohr verstopft und eine Chemikalie hineingegossen, die sich in tödliches Gas verwandelte, sobald sie mit Wasser in Berührung kam.
Er schlug die Tür hinter sich zu und rannte zu Monk, dessen Kabine am nächsten lag. Die Tür war verschlossen. Doc zertrümmerte sie mit einem einzigen Faustschlag und drang ein.
Monk lag verkrümmt auf dem Boden. Doc hielt den Atem an, zerrte Monk zum Korridor und tastete nach Monks Puls. Aber es war nichts zu spüren. Docs Gesicht spannte sich wie eine metallene Maske, und in seinen goldenen Augen flirrte es. Er ließ Monks Handgelenk los.
Monk war tot!
Doc schnellte zu Hams Kabine. Er trat die Tür ein, hielt wieder den Atem an und schleifte Hams leblosen Körper in den Korridor.
Ham war ebenfalls tot.
Doc hastete zu den drei übrigen Kabinen. Renny, Long Tom und Johnny waren von Hams und Monks entsetzlichem Schicksal verschont geblieben, weil sie es mit dem Waschen und Zubettgehen nicht so eilig gehabt hatten.
»Bringt die beiden aus dem Dunstkreis des Gifts«, sagte Doc scharf. »Schnell, jede Sekunde ist kostbar!«
Die drei Überlebenden kamen dem Befehl nach, obwohl sie dessen Notwendigkeit nicht ganz begriffen. Ihre Gesichter waren verzerrt, in ihren Augen stand Trauer und Haß auf die Schurken, die ihre beiden Freunde ermordet hatten. Sie hielten Ausschau nach Doc, aber der war nirgends in Sicht.
Doc war zu seiner Suite gelaufen, wobei er abermals den Atem anhielt und kramte jetzt in seinem Koffer. Er fand, was er gesucht hatte, und kehrte zu seinen drei Gefährten zurück. Finster und verständnislos sahen sie zu, wie Doc sich an die Arbeit machte; dann ahnten sie seine Absicht. Sie beugten sich vor und starrten fasziniert auf seine Hände, die unglaublich geschickt mit den ärztlichen Instrumenten hantierten. Vage erinnerten sie sich daran, daß Doc Arzt war; er übte seinen Beruf so selten aus, daß sie es fast vergessen hatten.
Sie wurden Zeugen eines der Wunder moderner ärztlicher Wissenschaft. Was Doc tat, war schon zuvor von anderen anerkannten Kapazitäten ausgeführt worden, aber gewiß nicht auf dem Boden eines Korridors auf einem Passagierdampfer und bei mehr als dürftiger Beleuchtung.
Der Herzschlag Hams und Monks hatte auf gehört, beide atmeten nicht mehr. Doc injizierte Adrenalin und andere Stimulantia, direkt in die Herzmuskel, er pumpte die Giftspuren aus den Lungen und führte künstliche Beatmung durch.
Wie ein Besessener arbeitete er eine Stunde, zwei Stunden, drei. Ham und Monk waren mittlerweile auf die Kojen gehoben worden. Ihr Herzschlag hatte wieder eingesetzt, aber es dauerte noch eine Weile, bevor die beiden zögernd die Augen öffneten und sich geistesabwesend umsahen. Zwanzig Minuten später tauschten sie wieder die ersten Grobheiten aus, die allerdings noch verkrampft und wenig überzeugend klangen.
Sie suchten Doc und blickten ihn ratlos an. Sie konnten weder klar denken noch zusammenhängend sprechen, und sie brauchten lange, bis sie begriffen, daß sie ihr Leben dem Bronzemann verdankten, der offenbar Wunder vollbringen konnte.
Doc hatte ihn schon bei anderen Gelegenheiten das Leben gerettet, aber diesmal hatte er ihnen beinahe ins Jenseits, in ein schwarzes,
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