DS028 - Das Gold der Mayas
wieder ins Hotel und eilten in das Foyer hinab. An bestürzten Gästen und Angestellten vorbei, die die Schüsse gehört hatten, aber die Ursache nicht kannten, liefen sie auf die Straße. Doc hastete zu seinem Roadster, während Monk vergeblich versuchte, ihn einzuholen.
»Aber Doc«, sagte er entrüstet, als Doc den Wagenschlag öffnete, »warum sind wir dem Kerl mit dem speckigen Überzieher nicht auf den Pelz gerückt? Er wollte uns umbringen!«
»Er wollte uns umbringen«, stimmte Doc zu. »Aber bis wir wieder in der Suite gewesen wären, hätte der Mann bereits den Rückzug angetreten ...«
»Doc hat recht«, mischte sich Ham ein. Er war ein wenig außer Atem. »Der Schuft ist bestimmt nicht mehr im Hotel.«
Doc klemmte sich hinter das Lenkrad, seine Begleiter zwängten sich neben ihn. Der Roadster reihte sich in den Verkehrsstrom ein.
»Jedenfalls dürfte damit Long Toms Verdacht gegen den Baron widerlegt sein«, meinte Ham nach einer Weile, »Einen Komplizen hätten die Verbrecher wohl kaum ermordet.«
»Wohl nicht«, sagte Doc, »aber ich fühle mich an den Auftrag, den er mir gegeben hat, nach wie vor gebunden. Ich setze euch an der nächsten Ecke ab. Nehmt ein Taxi und fahrt zum Hangar. Wir brauchen Benzin für einen Flug von rund dreitausend Meilen, kümmert euch darum. Ich erledige zu Hause noch ein paar Kleinigkeiten und komme mit Long Tom nach.«
»Wir fliegen also in die Schweiz?« fragte Ham.
Doc antwortete nicht. Er stoppte den Wagen am nächsten Taxistand, lud seine Begleiter aus und fuhr langsam weiter zum Hochhaus.
Long Tom hatte inzwischen ein Erlebnis, das nicht geeignet war, ihm Freude zu bereiten. Dabei fing alles ganz harmlos an. Long Tom stand noch im Treppenhaus und blickte den Kriminalbeamten nach, die ihn mit Fragen eingedeckt und schließlich mit der Leiche des Telegrammboten abgezogen waren, als ein alter, zerlumpter Mann die Treppe herunterkam, die das Observatorium, das die Spitze des Wolkenkratzers bildete, mit dem sechsundachtzigsten Stock verband. Der alte Mann wirkte keineswegs ungewöhnlich; tatsächlich gelangten öfter Bettler ins Haus, indem sie sich mit dem Lift zum Observatorium befördern ließen und dann auf dem Weg abwärts die Mieter belästigten.
Der Mann hatte weiße Haare, und sein Gesicht war so zerfurcht, als hätte das Leben ihm übel mitgespielt. Long Tom war ein mitleidiger Mensch. Er vermutete, daß der alte Mann eine Familie zu ernähren hatte. Der Alte verkaufte Bleistifte.
»Bitte, Mister«, sagte der alte Mann mit brüchiger Stimme, »wollen Sie mir was abkaufen?«
Er streckte Long Tom die Bleistifte hin. Sie befanden sich in einer viereckigen Schachtel mit einem bunten Streifband, auf dem der Name einer bekannten Firma stand.
Long Tom nickte und griff in die Tasche; dann fiel ihm ein, daß er sein Geld in der Jacke hatte und die Jacke im Zimmer über einem Stuhl hing.
»Einen Augenblick«, sagte er und öffnete die Tür. »Ich bin gleich zurück.«
Er trat zwei Schritte ins Zimmer und wunderte sich ein wenig, daß der alte Mann ihm auf den Fersen blieb. Noch immer war Long Tom ganz arglos. Er erklärte sich das Benehmen des Alten mit dessen schlechter Erziehung. Wer aus den Slums kam, konnte keine gepflegten Manieren haben. Wo hätte er sie lernen sollen?
Long Tom fischte eine Handvoll Münzen aus der Tasche und wandte sich um. Er griff nach den Bleistiften und wurde erst aufmerksam, als er ein leises Zischen hörte. Die Stifte waren hohl und nur äußerlich Schreibgerät, in Wirklichkeit verströmten sie Tränengas. Weinend taumelte Long Tom zurück. Er begriff, daß der Fremde ihn hereingelegt hatte, aber nun war es zu spät.
Der alte Mann wirkte unvermittelt weder alt noch gebrechlich. Er richtete sich zu imponierender Größe auf, seine Schultern strafften sich; kalt und sachlich erteilte er Befehle. Wem die Befehle galten, nahm Long Tom erst zur Kenntnis, als ein Dutzend verdächtiger Gestalten durch die offene Tür strömte.
Long Tom warf sich ihnen entgegen. Die Eindringlinge merkten auf Anhieb, daß sein kränkliches Aussehen ebenso täuschte wie die »Gebrechlichkeit« des alten Mannes. Drei von ihnen gingen unter Long Toms Fäusten zu Boden und blieben jammernd unten, aber die übrigen neun überwältigten ihn. Er hatte keine Chance, obwohl sein Sehvermögen allmählich zurückkehrte. Der alte Mann, der ihm die Bleistifte angeboten hatte, mischte sich nicht ein. Er stand abseits und wartete den Ausgang des Getümmels
Weitere Kostenlose Bücher