DS033 - Die Blutfalken
gründlicher geirrt, als ich vermutet hatte.«
»Wie darf ich das auffassen?« fragte Monk.
»Am besten gar nicht«, sagte Doc gegen seine Gewohnheit. »Wir lassen uns überraschen.«
Fenter Bain ging offiziell von Bord. Er zeigte einen Reisepaß vor, der anscheinend in Ordnung war, und passierte den Zoll. Doc Savage und Jones folgten ihm in sicherer Distanz.
»Fiesta ist nirgends zu sehen«, jammerte Jones. »Vielleicht hat man sie ...«
Er verstummte. Er vermutete, daß Fiesta ermordet und ins Meer geworfen worden war, aber er brachte es nicht über sich, die Vermutung auszusprechen.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Doc freundlich. »Man wird sie bestimmt an Land schmuggeln. Monk und Ham passen auf.«
Um die gleiche Zeit schwammen Monk und Ham in dem dreckigen Hafenwasser und versuchten, ein kleines Boot, einen Sampan, nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. Sie hatten beobachtet, wie der Schrankkoffer auf der dem Ufer abgewandten Seite des Schiffs heruntergehievt und auf den Sampan geladen worden war.
Der Sampan legte an. Männer wuchteten den Schrankkoffer vom Boot und auf eine wartende Rikscha. Der Kuli zog die Rikscha zu einem unauffälligen Gebäude, das in der Morgendämmerung vage zu erkennen war.
Monk und Ham krochen aus dem Wasser, während der Sampan gemächlich weiterschwamm.
»Sollen wir das Haus stürmen?« fragte Monk. »Ich bin sehr dafür. Wir gehen ’rein und klopfen auf ein paar Schädeldecken. Wahrscheinlich ist Dave Robertson in dem Haus.«
»Ausgeschlossen«, sagte Ham. »Robertson ist im Binnenland, das weißt du so gut wie ich. Jedenfalls war er dort, und es ist nicht einzusehen, warum er jetzt in diesem Bauwerk stecken sollte. Du möchtest dich nur herumprügeln.«
»Was gibt’s dagegen einzuwenden?« fragte Monk unschuldig.
»Nach der langen Reise ist ein bißchen Bewegung die beste Medizin.«
Eine Frau schrie schrill und gellend wie in höchster Todesnot. Der Schrei brach abrupt ab, die beiden Männer setzten sich hastig in Marsch und blieben stehen, als zwei Kulis den Koffer wieder aus dem Haus schleppten und auf die Rikscha warfen.
»Sie haben das Mädchen herausgeholt«, meinte Monk. »Jetzt schaffen sie den leeren Koffer fort.«
Ham schwieg. Auch er hielt den Koffer für leer, aber es widerstrebte ihm, Monk zuzustimmen. Einer der Kulis ging wieder ins Haus, der zweite steckte eine Öllampe an der Rikscha an und zog sie die Straße entlang zurück zum Hafen. Monk und Ham retirierten in den tiefen Schatten unter einigen Bäumen, sie wollten nicht gesehen werden. In ihren nassen Kleidern wäre es ihnen nicht leichtgefallen, sich als harmlose Passanten auszugeben.
Der Kuli mit der Rikscha lief nah an ihnen vorüber. Ham und Monk bemerkten jetzt, daß der Koffer hochkant stand, durch den Boden sickerte eine rote Flüssigkeit.
»Blut!« sagte Monk entgeistert. »Die Schurken haben das Mädchen umgebracht!«
Er wollte vorwärts, um sich auf den Kuli zu werfen, Ham hielt ihn am Ärmel fest.
»Das Blut beweist nicht, daß Fiesta tot ist«, sagte er. »Wir wollen der Rikscha folgen.«
Sie taten es. Der Kuli trabte am Ufer entlang zu einer abgelegenen Stelle. Er hielt an, blickte sich argwöhnisch um, lud den Koffer ab und öffnete ihn. Er fand in der Nähe einen schweren Stein, packte ihn in den Koffer, klappte den Deckel wieder zu und wuchtete den Koffer in den Hafen.
Monk war nicht mehr zu halten. Er rannte zu dem Kuli, Ham trabte hinter ihm her. Der Kuli sah die beiden Männer, stieß einen Schreckensschrei aus, packte die Deichseln seiner Rikscha und floh.
Ham und Monk waren unentschlossen. Sie waren davon überzeugt, den Kuli einholen zu können, aber dann wäre der Koffer versunken. Noch schwamm er auf dem Wasser, und vielleicht war Fiesta wirklich noch darin und nicht tot. Sie kamen zu der Erkenntnis, daß Fiesta wichtiger war als der Kuli.
Sie sprangen wieder in die stinkende Brühe, faßten den Koffer, bevor er unterging, und schleppten ihn an Land.
»Das arme Mädchen«, sagte Monk mitleidig und wischte sich Algen aus den Haaren. »Hoffentlich können wir sie noch retten!«
Ham brach den Koffer auf.
»Verdammt!« Monk fluchte.
»Richtig«, sagte Ham.
Ausnahmsweise war er mit Monk einer Meinung, denn der Koffer war leer, von dem schweren Stein, den der Kuli darin verstaut hatte, einmal abgesehen, und die rote Flüssigkeit hatte das Hafenwasser abgewaschen.
Monk wirbelte auf den Hacken herum und strebte wieder zu dem unauffälligen Gebäude, und abermals jagte
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