DS039 - Pazifikpiraten
verfehlen können.
Wumm!
Wie durch Zauberei war in Long Toms Hand eine Pistole erschienen. Dröhnend hallte der Schuß von den Wänden wider.
Die Kugel traf den Mongolen zwischen die Augen. Er schlug in dumpfem Fall zu Boden. Das Messer schlitterte über die Fliesen.
Ein Polizist, von dem Schuß angelockt, eilte schrill auf seiner Pfeife blasend in die Halle.
Aber weder Long Tom, noch Monk, Ham, Renny oder
Johnny bekamen wegen der Sache Schwierigkeiten. Es gab beinahe ein Dutzend Zeugen, die gesehen hatten, daß Long Tom in Notwehr geschossen hatte.
Eine knappe halbe Stunde später waren sie alle in Docs Räumen im sechsundachtzigsten Stock und untersuchten die Fensterscheibe, die sie wieder heraufgebracht hatten, im Licht des Ultraviolettstrahlers.
Die Nachricht, die Doc geschrieben hatte, leuchtete in bläulich irisierenden Schriftzeichen deutlich auf:
An Renny: Der Chef der Mongolenbande scheint bisweilen ein Büro zu benutzen, das er unter dem Namen Dragon Oriental Goods Company gemietet hat: Es befindet sich im zehnten Stock des Far East Building am unteren Broadway. Es sind die Fenster in der Mitte der Straßenfront. Genau gegenüber ist ein Wolkenkratzer im Bau. Mit deinen Beziehungen müßte es dir doch möglich sein, Renny, bei dem Neubau einen Job als Stahlgerüstarbeiter zu bekommen. Beobachte von dort aus das Büro der Dragon Oriental Goods Company und folge jedem, den du es benutzen siehst.
»Na«, grinste Monk, »dann darfst du zur Abwechslung endlich mal was Nützliches tun, Renny, indem du den Neubau da ein bißchen vorantreibst.«
7.
Am nächsten Mittag hatte Renny mit dem schweren Niethammer, der sich in seinen Riesenpranken wie ein Spielzeug ausnahm, zwar erst eine halbe Schicht lang gearbeitet, aber der Vorarbeiter war bereits von ihm begeistert und hatte ihm einen Dauerjob in seiner Kolonne angeboten.
»Wenn du so weitermachst, bringst du es noch einmal weit!« hatte er Renny versichert, ohne zu ahnen, daß Renny durch die Superhonorare, die sich auf seinem Bankkonto für Ingenieurgroßprojekte in aller Welt angesammelt hatten, leicht den ganzen Wolkenkratzer hätte kaufen können, an dem er jetzt mitarbeitete.
In der Mittagspause ging Renny nicht wie die meisten Arbeiter in die Baubudenkantine hinunter, sondern hockte sich auf einen Stahlträger, der später einmal den zehnten Stock des neuen Wolkenkratzers stützen sollte, wickelte sich ein bescheidenes Sandwich aus und beobachtete weiter.
Und prompt geschah es auch. Ein Schlitzäugiger betrat drüben die Räume der Dragon Oriental Goods Company. Und der Kerl tat etwas höchst Sonderbares. Renny sah ganz deutlich, daß er mit einem Lappen alle glatten Oberflächen im Büro abzupolieren begann.
Der will wohl doppelt sichergehen, daß ja kein Fingerabdruck zurückgeblieben ist
, dachte Renny bei sich.
An den Vogel hänge ich mich an.
Renny warf sein Butterbrotpapier weg, rekelte sich und erklärte dem Arbeiter, der neben ihm eine Zigarette rauchte: »Ich glaube, ich geh mal ’nen Becher heißen Kaffee holen.« Und er kletterte an den Stahlträgern hinab.
Nach gut zehn Minuten erschien der Mann aus dem Büro der Dragon Oriental Goods Company unten auf der Straße. Aus der Nähe sah Renny nun, daß der Mann einige asiatische Rassen auf sich zu vereinigen schien. Bevor Renny seinen Bauarbeiterjob begonnen hatte, hatte er sich mit dem Putzlumpen in seiner Garage das Gesicht verschmiert, was ihm als Tarnung helfen würde, wenn sich der Mongole jetzt umdrehen sollte.
An der nächsten Ecke nahm der andere ein Taxi, und Renny tat es ihm nach. Weil er aber gar so verdreckt aussah, mußte er seinem Taxifahrer erst einmal mit einem Zehn-Dollar-Schein winken, ehe der bereit war, ihn mitzunehmen.
In der Nähe von Chinatown ließ sich der Mongolenmischling absetzen. Er kam gleich darauf an einem schäbig gekleideten Himmelssohn vorbei, der mit einem Plakat j vor dem Bauch und einem weiteren auf dem Rücken für t ein kleines Chinarestaurant Reklame ging. Zwischen dem Mongolen und dem Plakatmann wurde kein Zeichen des Erkennens ausgetauscht, doch der Werber musterte Renny scharf – allerdings so, daß Renny es nicht merken konnte.
Der Mongole schlenderte in eine Seitengasse.
Renny folgte ihm in knapp fünfzig Metern Abstand.
Der Mongole betrat einen kleinen Laden, der von Bambusschößlingen bis zu Cloisonne-Vasen alle denkbaren chinesischen Waren zu verkaufen schien. Er kaufte ein kleines Päckchen und kam wieder
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