DS039 - Pazifikpiraten
»Wenn ich Ihnen die Namen meiner politischen Freunde nenne, würden Sie die wahrscheinlich alle liquidieren.«
»Aber nein«, grinste der schlitzäugige Anführer, und er sprach ein durchaus fließendes Englisch. »Wir würden sie nur für kurze Zeit von der Bildfläche verschwinden lassen. Ein bißchen kidnappen, könnte man vielleicht sagen, mehr nicht.«
»Killen, meinen Sie«, schnappte Mindoro. »Von mir erfahren Sie die Namen nicht! Diese Auskunft könnte für Hunderte von unschuldigen Männern den Tod bedeuten.« Er wandte sich an Renny. »Es ist für mich eine schrecklich schwere Entscheidung, aber sie bedeutet wahrscheinlich auch für mich den Tod. Zweifellos werde ich ebenfalls umgebracht, wenn die Gangster erkennen, daß sie aus mir nichts herausholen können.«
Renny zuckte die Achseln – die einzige Antwort, die er geben konnte.
Der schlitzäugige Anführer zeigte auf Renny. »Los, fangt an! Stecht ihm als erstes die Augen aus.«
Ein Gelber kniete sich mit gezücktem Messer auf die Brust des gefesselt am Boden liegenden Renny, hielt mit einer Hand dessen Kopf an den Haaren fest und setzte das Messer zum Stich an. Alle im Raum sahen ihm gebannt zu.
Ein Schlitzäugiger, der vor der Kaminöffnung stand, stieß einen gellenden Schrei aus. Dann flog er wie eine Kanonenkugel durch den Raum, riß den Messerstecher mit, und beide landeten mit solcher Wucht an der Wand dahinter, daß sie benommen daran herabrutschten und am Boden liegen blieben.
Alle Augen starrten zu der Kaminöffnung hin.
Ein bronzener Riese stand dort.
8.
Ausnahmsweise wirkten die gelben Gesichter der Schlitzäugigen nicht mehr unergründlich. Sie rissen die Augen auf, als sähen sie einen Geist.
»Was gafft ihr so, ihr Narren!« schnauzte der Anführer. »Los, killt den Bronzeteufel!«
Ein Mann zog daraufhin einen Kris mit beinahe fußlanger Klinge aus seinem Ärmel. Er bog den Arm zurück und warf den malaiischen Dolch.
Was dann geschah, grenzte beinahe an Zauber. In der nächsten Sekunde ragte das Heft des Kris dem Mann aus der Brust, als ob er sich selber erstochen hätte.
Kein Anwesender konnte glauben, daß der Bronzemann den Dolch in der Luft aufgefangen und so schnell zurückgeworfen hatte, dazu noch mit solcher Präzision. Außer Renny, der Doc schon öfter solche Kunststücke hatte vollbringen sehen.
Während der erste Mann zu Boden sackte, hatte Doc bereits einen anderen Schlitzäugigen gepackt, und schleuderte ihn auf einen der vier, die nun noch übrig waren. Der Betreffende hatte einen Revolver in Anschlag gebracht und feuerte auch, aber seine Kugeln trafen die auf ihn zufliegende Gestalt seines Kumpans, und er wurde mit solcher Gewalt rückwärts gegen die Wand geschleudert, daß er auf der Stelle bewußtlos war.
Die restlichen drei, darunter der Anführer, eilten nun wie die Wiesel durch eine Tür und knallten sie hinter sich zu.
Mit großen Sprüngen war Doc an der Tür, sah, daß sie mit Stahlplatten gepanzert war, und verschwendete erst gar keine Zeit darauf. Er kam zurück, hob ein Messer auf und schnitt den Gefangenen die Fesseln durch.
Renny stand noch nicht einmal richtig auf den Beinen, als Doc bereits in dem Kamin verschwunden war. Mit katzenhafter Gewandtheit kletterte er die lange Sprossenleiter hinauf und rannte oben über das Dach.
Er kam gerade noch zurecht, um die Orientalen in einer Limousine abfahren zu sehen. Der Wagen preschte los und jagte im Powerslide um die nächste Straßenecke.
Doc wußte, wann eine Verfolgung aussichtslos war. Durch den Kamin stieg er wieder zu den anderen hinunter.
»Wie hast du uns überhaupt so schnell gefunden?« wollte Renny wissen.
»Durch die Polizei«, erklärte Doc. »Sie hatte mich telefonisch über alle besonderen Vorfälle im Chinesenviertel auf dem laufenden gehalten. Als eine Meldung eintraf, in einem Radiogeschäft seien Schreie und Schüsse gehört worden, fuhr ich sofort hin, obwohl es angeblich ein blinder Alarm war. Ich kam gerade zurecht, um zu hören, wie die beiden Lastwagenfahrer die Anweisung erhielten, dich hierherzuschaffen. Dann war es für mich höchst einfach, ihnen hierher zu folgen.«
Doc und Juan Mindoro schüttelten sich die Hände.
Doc hatte Mindoro vor längerer Zeit auf einer medizinischen Studienreise nach Indonesien kennengelernt. Mindoro, ein extrem reicher Mann, unterhielt dort auf eigene Kosten eine Klinik für Tropenkrankheiten. Doc war von dieser philanthropischen Leistung so beeindruckt, daß er Mindoro
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