DS039 - Pazifikpiraten
aufgezwängt, und eine widerliche Mischung von
koaliang
, mit Reis gekocht, wurde in ihn hineingestopft. Hinterher wurde ihm unvernünftig viel scharfgewürzter Wein aufgedrängt, und ein Mann rannte fort, um mehr davon zu holen. Doc hielt es daraufhin für angezeigt, wieder zu sich zu kommen.
»Bin in Chug-Chug-Boot losgefahren«, fistelte er in hohem Pidgin-Englisch. Genau genommen war das nicht einmal gelogen. Mit einem Motorboot waren sie in Manila zu dem verankerten Amphibienflugzeug hinausgefahren.
»Chug-Chug-Boot sinky-sinky. Ich schwimmen. Viel, viel Wasser schlucken.«
»Sprichst du Mandarin, o Freund, der du aus dem Wasser kommst?« fragte ein Chinese.
»Das tue ich, o mächtiger erlauchter Herr«, entgegnete Doc in derselben Sprache und blumigen Ausdrucksweise.
»Wie bist du an den Tigern vorbeigekommen, unseren Brüdern, die den Eingang der Bucht bewachen?«
»Ich sah keine Tiger, Erhabener«, sagte Doc.
»Den wachenden Tigern müssen die Schwänze umgedreht werden!« Der Chinese, offenbar ein Anführer, drehte sich um und gab Befehl, sofort die Wachen abzulösen. »Was bringt dich her?« wandte er sich erneut an Doc.
»Es wird gesagt, der Mensch unterscheide sich dadurch von den Schafen, daß er weiß, wann er geschlachtet wird«, sagte Doc.
»Bist du einer von Tom Toos Söhnen?«
»Ich war es. Aber wer geht schon gern von selber zur Schlachtbank?«
Der chinesische Anführer war perplex. »Was soll dieses
Gerede von Schafen und Schlachtbank, o Verwirrender?«
Doc richtete sich in eine sitzende Stellung auf. Er sprach verhalten, aber eindringlich, nicht so laut, daß alle Piraten im Lager ihn hören konnten – und das aus einem bestimmten Grund.
»Ich spreche von Tom Too, meine Brüder«, begann er und führte dann in umständlichem, blumigem Mandarin aus, daß Tom Too nicht etwa die Absicht hätte, sie an der reichen Beute in Manila zu beteiligen, sondern sie hinmetzeln lassen wollte, um dann als Retter der philippinischen Nation dazustehen und sich über ihre zerfetzten Leiber in den Sattel der politischen Macht zu schwingen.
»So, dazu will Tom Too uns benutzen, das hast du gehört?« fragte der chinesische Anführer wütend, nachdem Doc seine wohlgesetzte Rede beendet hatte. »Uns will er hinschlachten lassen, um sich selber zum Helden zu machen?«
»Warum glaubst du denn, Erlauchter, daß ich hergekommen bin?«
»Wahrlich, das frage ich mich schon die ganze Zeit.«
»Weil ich nicht will, daß Hunderte meiner Brüder den Tod finden«, entgegnete Doc. »Tom Too ist jetzt hierher unterwegs, um euch mit Worten des Honigs zu betören. Aber ich weiß, ihr werdet euch nicht täuschen lassen. Ihr werdet Tom Toos Kopf in eurem Lager auf einen hohen Pfahl spießen, damit die Aasgeier sich einen der ihren genau anschauen können.«
Es war eine kühne Rede, aber es zeigte sich, daß Doc die Mentalität der mörderischen Horde durchaus richtig eingeschätzt hatte.
»Das mit dem Kopf auf der Stange haben auch wir schon mehrfach in Erwägung gezogen«, erklärte der chinesische Anführer.
»Tom Too wird in Kürze mit einem Boot eintreffen«, hakte Doc sofort nach. »Dann ist die Zeit zum Handeln gekommen.«
»Ein weises Wort, o Bruder«, war die Antwort.
Zunehmende Aufregung verbreitete sich im Lager. Jetzt zeigte sich die Wirkung, daß Doc so verhalten gesprochen und sich mit seiner Rede nicht an das ganze Lager gewandt hatte. Nur ein kleiner Teil der Piraten verstand sowieso Mandarin, und es ergab sich, als Docs Rede in ein halbes Dutzend andere Dialekte übersetzt und weitergeflüstert wurde, eine Art Schneeballeffekt. Jeder malte Docs Worte noch weiter aus, und im Lager schwirrte es bald von den unglaublichsten Gerüchten.
»Wann, o jener, der du uns diese höchstwichtige Nachricht gebracht hast, wird Tom Too hier eintreffen?« fragte der schlitzäugige Anführer.
»Nahe der Stunde, da die Sonne über dem östlichen Horizont zu lächeln beginnt«, war Docs blumige Antwort.
Es ergab sich alsbald, daß in dieser Nacht in dem Piratenlager niemand schlafen würde. Die vielfältigsten und unmöglichsten Waffen wurden aus den schilfgedeckten Hütten des Lagers geholt und einsatzfertig gemacht, von russischen Maxim-MGs bis zu Spießen, die nur angespitzte Bambusrohre waren. Doc sah sogar ein Gewehr, das aus einem ausgehöhlten Bambusrohr mit einem Holzstück als primitivem Kolben bestand und offenbar mit einer Lunte gezündet wurde.
In ihrer aufgestachelten Wut knurrten sich die Piraten
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