DS079 - In einer anderen Welt
einem Tal zu leben, in dem sie sich gegen die prähistorischen Monster verbarrikadiert hatten, die diese seltsame Welt bevölkerten.
Sie lebten vom Ackerbau und davon, daß sie gewisse Tiere züchteten, die sie domestiziert hatten. Es war für sie eine idyllische und friedliche Existenz, die nur durch das gelegentliche Eindringen von riesigen
Pterodactili
, Flugsauriern, gestört wurde, die einzeln, manchmal aber auch in Scharen kamen. Schutz vor den
Pterodactili
fand man dadurch, daß man in eigens zu diesem Zweck errichtete Unterstände rannte. Den fliegenden Monstern war wegen ihrer Dummheit ziemlich leicht auszuweichen.
Doc hatte ein wissenschaftlich-anthropologisches Interesse an dem Ursprung und der Entwicklung der beiden Rassen – wie es kam, daß Lantas Leute soviel höher entwickelt waren als die stupiden Höhlenmänner, die sie hier gefangen hielten. Aus Lantas Antworten entwickelte er in Gedanken eine Theorie.
Nach den Legenden von Lantas Stamm waren ihre Vorfahren einst von einer Gottheit geschickt worden, deren Namen man roh mit der GEFRORENE HERR VON ALLEM, DAS ÜBERALL IST hätte übersetzen können, und hatte der Gottheit des Lichts Frieden anbieten sollen.
Es bedurfte keiner großen Kombinationsgabe, um daraus zu schließen, daß Lantas Vorfahren einst aus der arktischen Wildnis in diese Unterwelt eingewandert waren.
Was die affenartigen Kerle betraf, die sie hier gefangen hielten, so mußte es sich bei ihnen um die Urbewohner dieser unterirdischen Welt handeln. Wahrscheinlich waren es Vorläufer der menschlichen Rasse, die sich im Entwicklungsstadium der Höhlenmenschen von den anderen abgespaltet hatten und in den Untergrund – im wahrsten Sinne des Wortes – gegangen waren. Infolge der primitiven Lebensbedingungen dort unter Grund hatte sich diese abgespaltene Höhlenmenschenrasse nicht mehr weiterentwickelt, war entwicklungsmäßig stehengeblieben.
Die sich ständig ändernden Lebensbedingungen auf der Erde – das Abklingen des warmen Zeitalters, das Kommen des Eiszeitalters, dann dessen Ende und der folgende Zyklus von klimatischen Wechseln – war nach übereinstimmender Meinung der Evolutionisten weitgehend verantwortlich für die Weiterentwicklung des Tier- und Pflanzenlebens auf der Erdoberfläche bis zu deren jetzigem Stand.
Doc fragte Lanta unvermittelt: »Kennen Sie Chris Columbus?«
»Ich – ja«, sagte das Mädchen. Dann packte sie den Bronzemann plötzlich am Arm. »Wo ist er? Ist er auch hier?«
15.
Lantas brennendes Interesse, die Gespanntheit ihrer Stimme ließen Doc zögern, was er ihr darauf sagen sollte.
»Wo ist er?« stieß Lanta noch einmal hervor.
»Dann kennen Sie ihn also?« parierte Doc.
Lanta nickte eifrig. In ihren Augen leuchtete es. Freude schien der Grund für ihre Erregung zu sein.
»Vor langer Zeit ...« Sie hielt inne und bewegte die Lippen, als ob sie nach englischen Zeitmaßen suchte, »... es muß beinahe zwei Jahre her sein, wurde ich von diesen Höhlenmännern gefangen genommen. Ich entkam ihnen und versuchte mich allein durch den Dschungel zu kämpfen. Es war eine schreckliche Zeit. Ich mußte mein Heil schließlich in der Flucht suchen. Ich floh eine große Strecke und kam schließlich dorthin, wo die Luft sehr kalt ist und es eine große Felsspalte gibt. Diese kletterte ich hinauf. Ich kletterte sie sehr lange hinauf, bis die Nahrungsmittel und das Wasser, das ich mitgenommen hatte, fast aufgebraucht waren. Schließlich kam ich in eine andere Welt.« Sie starrte den Bronzemann an. »Ihre Welt.«
»Der russische Flieger – Tercio, wie er sich auch nennt – muß Ihnen also von einer äußeren Welt erzählt haben«, half Doc ihr ein.
»Ja. Das war der Grund, warum ich die große Felsspalte hinaufkletterte. Es war manchmal sehr schwierig. Aber ich wollte diese äußere Welt erreichen, von der er uns erzählt hatte.«
»Und was geschah dann?«
»Sie gefiel mir nicht. Die Luft war sehr kalt. Und da war – wie nennen Sie es doch? – Schnee. Weißes gefrorenes Wasser. Und die Tiere, die man als Nahrung braucht, waren sehr schwer zu fangen. Es war alles sehr entmutigend. Und dann begegnete ich zwei Männern.
»Gleich zwei?«
»Einer war Chris Columbus.« Lantas Stimme wurde weich, und ihre blitzenden Augen wurden sanft, als sie Chris’ Namen aussprach.
»Und der andere?«
»Der andere nannte sich Wilmer Fancife.« Abweisende Kälte und Haß trat in das Gesicht des Mädchens. »Er war ein schrecklicher Mann, dieser Fancife.
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