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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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habe nie im Glast gelebt. Wie kommst du darauf?«
    Â»Du hast eine sehr dunkle Haut.«
    Â»Nun, ich bin das, was man einen Farbigen nennt. Alle meine Vorfahren hatten eine dunkle Haut.«
    Â»Haben die im Glast gelebt?«
    Â»Sie haben auf der Erde gelebt.«
    Â»Erde?«
    Â»Ja, da, wo alle Menschen herkommen. Auch deine Vorfahren.«
    Ich verstand nicht, was er meinte. »Es gibt dort auch einen Glast?«
    Â»Nein, aber einen heißen Kontinent. Er heißt Afrika. Von dort stammen alle Menschen. Meine Familie hat dort noch bis vor Kurzem gelebt, bevor sie nach New Belfast ausgewandert ist.«
    Es war alles sehr verwirrend, was er mir da erzählte. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. »Sag«, fragte ich nach einer Weile, »hast du mal fürchterlich etwas auf die Nase gekriegt?«
    Â»Nein, weshalb?« Er fasste sich an die Nase.
    Â»Weil sie so breit ist. Wie zerquetscht.«
    Â»Ach so. Nein, da ist nichts passiert. Viele von uns Farbigen haben solche Nasen.«
    Â»Macht das keine Schwierigkeiten beim Luftholen?«
    Â»Nicht im Geringsten.«
    Â»Darf ich mal deinen Bart anfassen?«
    Â»Klar, warum nicht?«
    Sein Bart fühlte sich erstaunlich weich an, obwohl er aussah wie eine harte Bürste und die Spitzen weit abstanden, als seien sie geflochten und mit irgend etwas verstärkt. Aber die Haare waren geschmeidig wie das Fell eines Tiers.
    Â»Bist du ein Farbiger, weil du diese farbigen Tattoos hast?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Farbige sind alle Menschen, die keine weiße Haut haben.«
    Wieder nickte ich, ohne es wirklich verstanden zu haben. Dann beäugte ich seinen Oberschenkel. Er war bereits merklich angeschwollen.
    Ailif fuhr mit der Hand darüber. »Tut ziemlich weh«, sagte er stirnrunzelnd.
    Â»Tut mir leid, Ailif, es wird noch schlimmer werden. Iss diese kleinen Pilze. Wir nennen sie Todelen. Sie werden dir helfen.« Ich reichte ihm einige davon.
    Er nahm die Pilze, steckte sie sich in den Mund und zerkaute sie. »Sie schmecken bitter.«
    Â»Sie dämpfen den Schmerz.« Ich betrachtete wieder sein Bein. Die Moving Tattoos, wie er die farbigen Tiere auf seiner Haut nannte, hatten zwei Abwehrketten gebildet – oberhalb und unterhalb der Stiche. Ich berührte sie vorsichtig. Sie fühlten sich irgendwie sandig an und ballten sich unter meinen Fingerspitzen zusammen.
    Â»Ist da irgendetwas in meinem Schenkel?«, fragte er. »Mir ist, als wäre da etwas drin. Unter der Haut. Es juckt.«
    Â»Ja«, sagte ich zögernd – ich wollte nicht, dass er es erfuhr, bevor die Wirkung der Todelen einsetzte. »Aber es kommt bald raus.«
    Â»Eiter?«
    Â»So etwas Ähnliches.«
    Ich ging zum Ufer, tauchte ein Tuch ins Wasser und legte es dann auf seinen Oberschenkel. Die Eidechsen, oder was sie waren, die die Abwehrketten bildeten, bewegten sich. Ich sah, dass Ailif allmählich glasige Augen bekam.
    Â»Sieh mich an, Ailif«, sagte ich. »Was siehst du?«
    Â»Ich sehe dich doppelt«, erwiderte er mit schleppender Zunge.
    Die Wirkung der Todelen hatte eingesetzt.
    Â»Gut so. Trink noch einmal, so viel du kannst. Und dann versuch ein wenig zu schlafen. Der Tag ist noch lang. Und es wird noch heißer werden.«
    Ailif schloss folgsam die Augen.
    Ich stand auf und suchte eine Gefährtin des Flusses, die gerade frisch ausgetrieben hatte. Ich schnitt ein paar Knospen ab, damit wir etwas zu essen hatten. Dann mischte ich zerkleinerte Todelen unter die Knospen und fütterte Ailif damit, um ihn noch tiefer in die Traumwelt hineinzutreiben, bevor die wirklichen Schmerzen kamen. Die Jungen eines Fletsch hatten Hunger und fraßen sich satt im Gewebe, bevor sie schlüpften.
    Sein Oberschenkel war inzwischen dick angeschwollen und gerötet. Ich tauchte das Tuch immer wieder in den Fluss, um ihn zu kühlen. Unter der Haut regte es sich zunehmend.
    Ailif war nun in voller Trance. Der Schweiß stand ihm in dicken Tropfen auf der Stirn. Er stöhnte, sein Schnurrbart zuckte, und dann und wann bleckte er die Zähne und stieß ein drohendes Grollen aus, das in einem leisen Aufschrei gipfelte.
    Â»Halt durch!«, sagte ich leise zu ihm. »In ein paar Stunden hast du es geschafft.«
    Plötzlich öffnete er die Augen und starrte mich an. »Kannst du mich zu ihm bringen, Batta?« Er hob den Kopf und lauschte. »Die Raben, sagst du? Die Raben …« Dann sank ihm

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