Dschungel-Gold
anderen großen Modehäuser, die in Manila ihre Filialen errichtet hatten. Die Hauptstadt war ein gutes Pflaster, es gab genug Reiche, die sich französische Eleganz gönnen konnten. Aber es war eine kleine Schicht, die abgegrenzt in den Villenvierteln am Rande der Stadt wohnte … in Manila selbst schäumte der Millionenverkehr von Angestellten, Armen und Ärmsten, hingen die Menschentrauben an den Bussen und hupten die bunt bemalten Jeepneys, die Kleintaxis, im Gewühl der Menschenmassen. Eine Stadt, die keine ruhige Minute kannte, die Tag und Nacht unter einer Lärmglocke atmete, wo in Luxusvillen Hunde mit saftigen Steaks gefüttert wurden und einige hundert Meter weiter Slumbewohner in Müllhaufen nach Eßbarem suchten, Obdachlose sich Wohnhöhlen in die Abfallhalden gegraben hatten. Eine Stadt, in der Glanz und Elend der Menschen aufeinanderprallten und doch nebeneinander existieren konnten.
Belisas Modetrip verlief nach einem einfachen Ritual: Sie ließ sich in den Modepalästen Kleider und Kostüme vorführen, zog dieses und jenes Stück an und sah Dr. Falke stumm fragend an. Spitzte der die Lippen oder schüttelte den Kopf, sagte sie sofort: »Nein! Das nicht!« Wenn er nickte oder den Kopf wiegte, paradierte sie vor ihm hin und her, und wenn er in die Hände klatschte, kaufte sie das Modell. Nie sagte sie dann: »Das gefällt mir aber nicht!« sondern erkannte seinen Geschmack an.
Nach über fünf Stunden des Anprobierens brach Belisa den Einkaufsbummel ab. In einem Café, das ein Italiener ganz im venezianischen Stil gebaut hatte, erholten sie sich bei einem riesigen Eisbecher mit Rumfrüchten. Und da erst sagte Belisa:
»Sie haben einen absonderlichen Geschmack, Doktor.«
»Ist das Eis so schlecht?«
»Die Sachen, bei denen Sie genickt oder in die Hände geklatscht haben. Es gab da ganz andere Modelle! Zum Beispiel das lange Seidenkleid von Valentino …«
»Mit dem durchsichtigen Oberteil?«
»Das meine ich.«
»Das war mir zu erotisch.«
»Ich bin erotisch!« Sie sagte es so betont, daß Dr. Falke die Augenbrauen hob. »Und das Kleid von Chloé?«
»Das war so kurz, daß man fast Ihr Höschen sehen konnte.«
»Und das Röhrenkleid von Givenchy?«
»Eben nur eine Röhre aus Satin. Sie sind kein Typ für solche Extravaganzen.«
»Was für ein Typ bin ich denn?«
»Eine Frau, die es nicht nötig hat, ihre Brüste in durchsichtigem Stoff zu zeigen oder ihre Oberschenkel bis zu den Hüftknochen.«
»Aber wenn es mir gefällt?!«
»Warum haben Sie dann diese Kleider nicht gekauft? Seit wann lassen Sie sich beeinflussen? Ich habe mich nicht aufgedrängt. Außerdem können Sie ja alles umtauschen.«
Sie schwieg, stocherte in dem Eis herum und spielte mit dem langen Löffel in den Rumfrüchten.
»Ihr Stil ist veraltert!« sagte sie endlich.
»Das könnte sein. Ich bin fast doppelt so alt wie Sie. Und in Diwata ist vieles an mir vorbeigegangen. Ich hatte Sie gewarnt. Von Mode verstehe ich gar nichts! Mir reichen Hose, Hemd und Pullover. Und selbst den brauche ich bei vierzig Grad Hitze nicht. Tauschen Sie alles um und kleiden Sie sich wie ein Modepüppchen. Was geht das mich an?«
Den letzten Satz hätte sich Dr. Falke verkneifen sollen. Es war ein Satz zuviel. Belisas Kopf zuckte hoch. Ihre schwarzen Augen schossen Blitze.
»Sie sind und bleiben ein Ekel!« sagte sie mit soviel Verachtung, wie es einer gekränkten Seele möglich ist. »Sie haben das Gemüt einer Aderklemme!«
»Ein nützliches Instrument … ohne sie gäbe es eine Menge Tote.«
Bis zum Abend sprachen sie dann nur noch wenige Worte miteinander. Erst beim Essen im ›La Fayette‹, wo man ihnen ein fabelhaftes Chateaubriand und einen samtroten, weichen Burgunder servierte, sagte Dr. Falke:
»Das neue Kostüm steht Ihnen wunderbar.«
»Es ist von Laroche.«
»Farbe, Form, Stoff, alles paßt zu Ihnen.«
»Danke. Gut, daß Sie mir das sagen.« Sie nahm einen Schluck Rotwein. »Ich werde es nicht mehr anziehen …«
Er nickte. Oh, du Aas, dachte er. Du herrliches Biest!
Warum willst du dich selbst verbrennen … mir bleibt doch deine Asche.
Am nächsten Morgen, nachdem sie, als sei das selbstverständlich, zusammen im Whirlpool gebadet hatten und sie ihm erlaubte, ihren Rücken mit einem Körperöl, das nach Rosen duftete, einzureiben, rief sie in der Kanzlei des Präsidenten an. Die Telefonzentrale verband sie mit irgendeinem Beamten.
»Ja?!« sagte der Mann knapp. »Was ist?«
»Ich möchte einen Termin bei Präsident
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