Dschungel-Gold
aufkommen ließ. Tortosa folgte ihr mit seinen Blicken – er war hingerissen von ihrer wilden Schönheit, die, das wußte er jetzt, noch nie ein Mann gebändigt hatte.
»Geld«, sagte er geringschätzig. »Geld ist der untreueste Liebhaber von allen.«
»Mir läuft er nicht weg.«
»Und damit hat sich Ihr Leben erfüllt?«
»O nein, ich habe noch viele Pläne.«
»Ich weiß. Aus Diwata eine schöne Stadt zu machen. Theater, Schwimmbad, Stadion, Kinos, Restaurants, Bars, eine Klinik, um die Sie jede Großstadt beneiden wird, eine Kirche, rund um die Stadt ein Kranz von Bordellen, die modernsten Goldfabriken … das werden Sie alles schaffen. Das traue ich Ihnen zu. Da hält Sie keiner auf. Aber ist das alles das wirkliche Ziel des Lebens?«
»Ja! Für mich ja!« Sie blieb abrupt vor ihm stehen. »Warum reden Sie so dumm herum, Herr Captain? Warum sagen Sie es nicht deutlich: Belisa, Sie müssen gefickt werden! Das denken Sie doch wirklich! Sie wundern sich, daß ich ficken sage? Ich bin in Davao aufgewachsen, wo wir als Kinder gesehen haben, wie die Kerle in Hauseingängen oder Hinterhöfen gebumst haben, ja in einer solchen Gegend bin ich groß geworden. Und hier, in Diwata, gibt es drei lebenswichtige Funktionen: Fressen, Saufen, Ficken. Und ich lebe mittendrin! Da kommen Sie aus einer anderen Welt und wollen mir etwas über Liebe erzählen? Und meinen doch das gleiche wie alle: Ficken. Nur: ›Liebe‹ hört sich romantischer an, vornehmer, gebildeter, diskreter. Was starren Sie mich so glotzäugig an? Weil ich als braves Mädchen solch ein Wort benutze? Weil es shocking ist? Sagen Sie, was Sie denken!«
»Wie Sie befehlen, Lady: Ich möchte mit Ihnen schlafen!« Es war, als fletsche ein Raubtier die Zähne, als sie auf diesen deutlichen Satz antwortete.
»Was glauben Sie, was meine Brüder tun, wenn ich ihnen das erzähle?«
»Zumindest Carlos wird mich in der Luft zerreißen.«
»Und davor fürchten Sie sich nicht?«
»Nein … denn Sie werden Ihren Brüdern nichts erzählen.«
»Sind Sie da so sicher?«
»Ja … denn Sie haben mich jetzt nicht ins Gesicht geschlagen, was berechtigt gewesen wäre.«
»Weil ich Sie anders bestrafen werde!«
»Darauf bin ich gespannt.«
»Das dürfen Sie auch sein. Ihr Leben ist nichts mehr wert …«
Sie wandte sich brüsk ab und lief davon. Tortosa blickte ihr nach, bis sie in der Verwaltung verschwand. Er nahm ihre Drohung nicht ernst; er lächelte vor sich hin. Er wußte, daß er der erste Mann war, der so brutal mit ihr gesprochen hatte.
Was seine Suche nach dem Doppelagenten betraf, so war sie bisher ein Mißerfolg. Nicht der geringste Hinweis wies auf die Spur von Mark Suffolk. Seine Tarnung schien vollkommen zu sein. Tortosa belieferte jetzt schon viele ›Patienten‹ mit seinen Teemischungen, sein Ruf als Wunderheiler hatte sich schnell über die ganze Stadt verbreitet. Mit Hilfe einiger Wundergläubiger hatte er eine Hütte aus Brettern und Wellblech gebaut, und bald standen die Heilungssuchenden in genauso langer Schlange vor seiner Behausung wie vor dem Krankenhaus. Dr. Falke war ihm sogar dankbar. Die ›faulen Kranken‹, die bei jedem Wehwehchen zu ihm gekommen waren, belagerten jetzt Tortosa. Und Tortosa war zu allen freundlich, unterhielt sich mit ihnen, fragte sie aus und suchte einen Hinweis auf Suffolk. Auch als er ein paarmal ein Foto von Suffolk zeigte – mein bester Freund, sagte er, sucht auch Gold –, erkannte ihn keiner. Er mußte sein Aussehen vollständig verändert haben.
Am nächsten Morgen landete ein Militärhubschrauber aus Davao auf der Flugpiste von Diwata. Oberst del Carlo und drei weitere Offiziere wurden von Avila empfangen. Der Sicherheitschef des Goldberges trug eine selbst entworfene Uniform, in der er wie ein General aussah. Del Carlo gab ihm die Hand, als sei er ihm ebenbürtig, die anderen Offiziere grüßten lässig. Der Oberst blickte um sich.
»Das sieht ja ganz vernünftig aus!« stellte er fest. »Ich habe aus der Luft eine Raketenbatterie gesehen.«
»Boden-Luft-Raketen«, sagte Avila knapp.
»Die kann man doch nicht in einem Supermarkt kaufen …«
»Doch.«
Del Carlo holte tief Luft. »Sie machen Witze!«
»Nein. Es gibt Supermärkte für Waffen aller Art … man muß sie nur kennen. Die gute Ausrüstung einer Kampftruppe ist heute kein Problem mehr. Aber das wissen Sie doch … auch die philippinische Armee kauft Waffen in aller Welt. Das Geschäft mit der Abschreckung ist das beste Geschäft.« Avila
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