Dschungel-Gold
lustig!«
»Sie haben sieben Panzer, zwei Raketenbatterien, vier Geschütze und vierhundert Mann unter Waffen. Modernsten Waffen! Da muß man ein wenig großzügig sein. Immerhin zahlen sie eine Menge Steuern und sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Manila wird das nicht anders sehen.«
Noch auf der Flugpiste, als sich der Militärhubschrauber gerade in die Luft geschraubt hatte, stieß Belisa Dr. Falke mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?« fragte sie giftig.
»Nichts.«
»Sie haben die ganze Zeit kein Wort gesagt.«
»Es gab keinen Anlaß, etwas zu sagen.« Er nickte ihr zu. »Sie waren großartig, Belisa. Der Hinweis auf die Steuern – ein überzeugendes Argument für jeden Finanzminister. Man wird Sie in Ruhe lassen. Und das ist doch unser aller Ziel.«
»Und wie schützen wir uns vor dem unbekannten Massenmörder?«
»Diese Frage kann ich Ihnen noch immer nicht beantworten. Wir müssen abwarten.«
»Was weitere Tote kosten kann.«
»Damit müssen wir rechnen. Ich kann es nachempfinden, mir geht's genauso: Diese Hilflosigkeit zerrt an den Nerven. Aber es bleibt nichts übrig, als zu warten …«
Rafael hatte sich von dem Guerillahaufen getrennt.
Während der Kommandant mit seinen wilden Burschen durch den Urwald weiter in den Norden Mindanaos zog, um in der Provinz Surigao zu operieren und die Regierungstruppen um den Flugplatz von Tandag zu überfallen, blieb Rafael im dichten Dschungel von Diwata zurück. Obgleich ihn der Kommandant zum Führer eines Trupps ernennen wollte, winkte er ab.
»Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen«, sagte er. »Eine ganz persönliche, keine politische wie du. Es ist eine Lebensaufgabe, verstehst Du? Mein ganzes Leben, bis zu meinem Tod, hat nur noch einen Sinn, wenn ich meinen Schwur erfüllt habe.«
»Ich weiß, ich weiß! Dein Bruder, den sie im Schacht 97 eingemauert haben.«
»Und über sechzig andere Kameraden. Alle müssen noch gelebt haben. Sie haben meinen Bruder Placido und sechzig Männer einfach eingemauert! Schacht zu … aus! Als ob es diese Menschen nie gegeben hat – aber es hat sie gegeben. Für mich leben sie weiter. Jeden Tag unterhalte ich mich mit meinem Bruder Placido. Sei ganz ruhig, sage ich zu ihm. Reg dich nicht auf … ich räche dich! Ich werde sie alle vernichten, die Schuldigen und die Unschuldigen, denn du warst ja auch ein Unschuldiger. Den ganzen verfluchten Berg werde ich vernichten, und alles, was drumherum ist, soll auch vernichtet werden. Es soll so werden, wie in Sodom und Gomorrha … nichts soll mehr übrigbleiben! Und erst, wenn es Diwata nicht mehr gibt, werde ich ruhig und zufrieden sein.«
»Verrückt!« Der Kommandant hatte sich an die Stirn getippt. »Du als Einzelkämpfer! Total verrückt. Komm mit uns, das hat einen Sinn. Es geht um ein freies Mindanao! Dein sinnloses Töten …«
»Ihr tötet doch auch!«
»Wie kannst du das vergleichen, Rafael?! Wenn wir die Soldaten der Regierung oder deren Sympathisanten töten, dann gehört das zu den politischen Notwendigkeiten. Keine Revolution ohne Tote, das ist nun mal so. Das ist überall so auf der Welt. Das war immer so. Das gehört zum Ziel. Politiker sind Verbrecher, sagen viele. Irrtum – sie sind die ehrlichsten Menschen auf der Welt. Sie können jeden Toten begründen. Denk an Vietnam, an Kuba, an Kuweit, an Somalia. Sie haben immer einen triftigen politischen Grund gehabt. Aber du … bei dir ist es billige Rache, weil man deinen Bruder eingemauert hat. Und außerdem bist du ein Idiot! Wie kann ein einzelner Mann eine Goldstadt wie Diwata auslöschen?«
»Ich kann es!« sagte Rafael, und die Überzeugung hob seine Stimme. »Ich kann es!«
Dieses Gespräch hatte vor drei Wochen stattgefunden. Die Guerilleros waren dann abgezogen, versickerten im Urwald, wurden vom Dschungel verschluckt. Nur ab und zu tauchten sie aus dem feuchten Halbdunkel der riesigen Bäume auf, überfielen Dörfer, raubten alles Eßbare, vergewaltigten ab und zu die Frauen, ›bestraften‹ die völlig unpolitischen und braven Bauern als angebliche Ramos-Anhänger und hinterließen Flugblätter, auf denen stand:
›Es lebe die neue Zeit! Es lebe das freie Mindanao! Tod den Verrätern!‹
Und dann lösten sich die Trupps wieder im Urwald auf wie Frühnebel.
Rafael entdeckte endlich eine Möglichkeit, Diwata völlig zu vernichten. Er bekam den Tip von einem Bauern, der ein Massaker der Guerilleros überlebt hatte. Der Saft des Upasbaumes. Die
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