Dschungel-Gold
landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch das Lager der Privatarmee, die Garagen, die Bunker, die Hubschrauberhangars, die Kanonenunterstände und die Munitionslager. Sein Haß auf diesen Goldberg war so groß, daß er sich anbot, den Terrortrupp zu den Stellen zu führen, an denen man dem Minenbetrieb am ärgsten schaden konnte.
Der Kommandant der Truppe, ein breitschultriger, bärtiger Mann, der aussah wie ein Bruder Fidel Castros, und sein Stellvertreter, der eher Ähnlichkeit mit Che Guevara hatte, saßen lange über den Plänen und dachten nach.
»Es muß schnell gehen!« sagte der Kommandant, der sich auch als Comandante anreden ließ. »Ein Überraschungsschlag. An mehreren Stellen gleichzeitig. Das Munitionslager, die Waschanlage, das Zentralmagazin und das Golddepot. Gegen Avilas Truppe haben wir keine Chance … auf unserer Seite ist nur das Überraschungsmoment. Wir werden in das Lager einsickern, das fällt bei zwanzigtausend Mann gar nicht auf. Und dann, zu einer bestimmten Zeit, schlagen wir gemeinsam zu. Schnell … um dann sofort wieder unterzutauchen. Das wichtigste Ziel ist, Waffen und Konserven aus dem Magazin zu besorgen. Dann die Zerstörung der Mineneinrichtungen! Denkt bei allem immer daran: Nieder mit dem Kapitalismus! Tod den Sklaventreibern.«
»Dann sollten wir bei Ramos anfangen!« sagte Rafael. »Er hat meinen Bruder lebend einmauern lassen …«
»Wir werden ihn nicht verschonen. Wo wohnt er?«
»Hier, Comandante.« Rafael zeigte auf einen Punkt seiner Zeichnung. »Es ist das einzige feste Haus aus Steinen und Beton.«
Es war eine wilde Bande, der sich Rafael angeschlossen hatte. Sie wurde von allen gejagt … von den Regierungstruppen, von der Polizei, von anderen Rebellen, von eingeborenen Stämmen und von Bürgerwehren, die sich in den Dörfern und kleinen Städten im Innern Mindanaos gebildet hatten. Zwar war die Parole: »Nieder mit dem Kapitalismus! Nieder mit der korrupten Regierung! Freiheit für das Volk!« überall verbreitet, aber eine Truppe wie die, bei der Rafael jetzt lebte, war allen verhaßt. Solche Rebellen galten als Verbrecher, als Räuber und Mörder, die sich den Mantel politischen Fortschritts umgehängt hatten. Und so lebten sie auch. Sie raubten und mordeten und zogen sich dann in den undurchdringlichen Dschungel zurück, wo niemand sie finden oder überraschen konnte.
Zunächst schickte der Comandante zwei seiner besten Männer nach Diwata. Rafael führte sie bis zur Gemüsefarm. Ein Lastwagen nahm sie mit in die Slums, im guten Glauben, sie wären Landarbeiter.
Zwei Tage später kehrten sie in das Dschungellager zurück.
»Es wird schwer sein«, berichteten sie dem Comandante. »Man kommt unauffällig in die Stadt. Da ist man einer unter vielen. Aber alle wichtigen Plätze sind schwer bewacht. Überall stehen Avilas Soldaten herum. Tag und Nacht. Wir müßten ein paar Hundert sein, um da etwas zu erreichen.«
»Irrtum.« Der Comandante beugte sich wieder über den Plan. »Gerade da ist der einzelne am gefährlichsten. Hundert fallen auf … einer nicht! Der Einzelkämpfer ist immer im Vorteil – das kennen wir doch! Er kommt, handelt und ist weg, ehe die anderen überhaupt etwas unternehmen können. Ein Einzelkämpfer ist unsichtbar. Und er handelt lautlos.«
Es war eine dunkle Neumondnacht, als Rafael vier Rebellen in die Stadt führte. Sie trugen Sprengladungen in einem Gürtel um den Leib, hatten Kalaschnikows, einen Sack mit MP-Magazinen und breite Macheten bei sich. Mit den Macheten konnte man lautlos töten … ein Schlag ins Genick, und der Kopf flog von der Schulter. Es blieb nicht einmal Zeit für einen Schrei.
Die erste Sprengung jagte das Zentralmagazin in die Luft. Kurz darauf zerriß die Explosion einer geballten Ladung Dynamit die Sortiermaschinen. Die Alarmsirenen heulten auf.
Die Goldgräber stürzten aus den Kneipen, im Bordell entstand eine Panik. Kreischend flüchteten die Dirnen, zum Teil nackt, ins Freie. Vom Militärlager aus rasten Avilas Truppen in die Stadt. Im Lazarett stürzten Dr. Falke und Pater Burgos aus den Betten … nicht weit von ihnen flog ein abgestellter Lastwagen in die Luft.
In dem Chaos, das durch die Explosionen entstand, tauchten die Rebellen unter. Kein Versteck war sicherer als die Masse der durcheinanderwimmelnden Menschen.
Als es keine weiteren Explosionen gab, ballten sich die Menschen um die zerstörten Einrichtungen zusammen. Avila hatte unterdessen die Stadt abgeriegelt, eine aussichtslose
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