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Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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da sah Papa es auch: neue gefällte Baumstämme, sie waren in einem anderen Stammesgebiet. Nakire hatte panische Angst, also legten sie an einer Sandbank an, entzündeten ein Feuer und aßen etwas.
    Nakire zitterte und spähte unentwegt in den dunklen Urwald. Papa verstand das nicht, sie hatten doch von Ziau die Zusicherung bekommen, dass Nakire nichts geschehen würde, solange er bei der Gruppe war. Waren sie denn nicht mehr im Stammesgebiet der Tigre? Papa fragte Nakire, was los sei – und konnte es kaum fassen, als Nakire ihm erzählte, dass es noch einen weiteren Fayu-Stamm gab, einen Stamm, von dem niemand sprach. Bis jetzt wusste Papa nur von der Existenz dreier Fayu-Gruppierungen: den Iyarike, den Tigre und den Tearü.
    »Nein«, flüsterte Nakire, »es gibt noch andere, die sich die Sefoidi nennen. In ihrem Gebiet sind wir jetzt. Bitte lasst uns umkehren. Es sind gefährliche Menschen – sie töten nicht nur alle, die in ihr Gebiet eindringen, sie essen die Toten auch auf. Bitte fahrt nicht weiter!«
    Kannibalen … Papa bekam wieder dieses kalte Gefühl im Nacken. Was jetzt?
    Da erinnerte er sich wieder an den Traum und den Bibelvers, den er am Morgen gelesen hatte, und entschied nach Rücksprache mit den anderen, trotzdem weiterzufahren. Mit vereinten Kräften überredeten sie Nakire, sie auch weiterhin zu begleiten. Sie stiegen wieder ins Boot und setzten ihre Reise fort. Längere Zeit begegneten sie keinem Menschen.
    Als sie aber um die nächste Kurve bogen, entdeckten sie plötzlich einen Mann, der am Ufer entlangrannte und verzweifelt versuchte, ihnen zu entkommen. Doch das Boot war schneller. Als sie ihn eingeholt hatten, stiegen sie aus. Der Mann blieb stehen, zitterte am ganzen Körper, versuchte, einen Pfeil zu spannen, doch seine Hände flatterten so, dass es ihm nicht gelang. Papa ging auf ihn zu. Der Mann war panisch, hatte offenbar auch noch nie einen Weißen gesehen. Papa versuchte über Nakire, mit ihm zu reden, doch ohne Erfolg. Der Mann brachte kein Wort heraus. Da bat ihn Papa, seinen Leuten auszurichten, dass seine Expedition friedliche Absichten habe und den Stamm kennen lernen wolle. Der Mann nickte nur. Er erklärte ihm weiter, dass sie hier warten würden. Dann rannte der Sefoidi-Krieger weg, und das war das Letzte, was sie von ihm und seinem Stamm sahen.
    Nach einigen Stunden des Wartens überlegte Papa mit seinem Team, was nun zu tun wäre. Die Kommunikation war gescheitert – er wusste, dass die Sefoidi in der Nähe waren und sie beobachteten, aber keiner ließ sich blicken. So entschied sich die Expedition, zu einer zuvor gesichteten Lichtung zu fahren. Sie ließen einige Geschenke zurück und hofften, dass der Sefoidi-Mann sie später als friedliche und freundschaftliche Geste annehmen würde.
     
    Das Expeditionsteam machte sich auf den Rückweg. Doch als sie auf der Lichtung ankamen, die später Foida genannt wurde – einem neutralen Gebiet zwischen den verschiedenen Stämmen –, erwartete sie eine neue Überraschung: Eine große Menschenmenge begrüßte sie wie Helden; es waren Dou- und Kirikiri-Leute, die sich dort versammelt hatten. Nakires Augen wurden immer größer – er hatte noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen. Papa verstand die Aufregung nicht, aber einer der Dani-Männer erklärte ihm stolz, dass keiner daran geglaubt hätte, sie jemals lebendig wiederzusehen. Als sie aus dem Kanu stiegen, wurden sie von der Menge umzingelt, jeder wollte sie anfassen, jeder das Wunder berühren.
    Zu guter Letzt baute das Expeditionsteam wieder sein Lager auf und entschied, die Taktik zu wechseln. Zuversichtlich meinte Papa: »Wenn wir sie schon nicht finden konnten, dann warten wir eben darauf, dass
sie uns
finden.«
    Und er übte sich in Geduld.

Einladung in die Steinzeit
    D rei Tage lang warteten sie, dann wurden sie belohnt. Am dritten Tag frühmorgens, sie frühstückten gerade, erschienen zehn fremde Krieger aus dem Dschungel. Sie waren geschmückt und voll bewaffnet. Angeführt wurden sie von einem Mann mit Namen Teau, einem der gefährlichsten Kriegführer der Iyarike. Er wirkte misstrauisch, war unfreundlich und fing kommentarlos an, Papas Sachen zu durchsuchen.
    Drei weitere Tage lang schauten die Männer in jede Kiste, unter jedes Blatt, in jede Tasche, ohne ein Wort zu sagen. Papa erzählte mir später, er habe sich gefühlt wie bei der Einwanderungsbehörde auf dem Flughafen. Doch er ahnte, dass sich etwas Wichtiges ereignete, etwas, das alles

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