Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dschungelkind /

Dschungelkind /

Titel: Dschungelkind / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
Vom Netzwerk:
Sabine, passt auf mit dem Feuer! Spielt irgendwo anders«, rief Papa uns zu, als wir an ihm vorbeikamen. Er saß mit den Fayu-Kriegern im Kreis und trieb Sprachstudien.
    Doch Christian und ich hörten nicht, wir waren zu sehr in unser Spiel vertieft. Ich rannte, so schnell ich konnte, hatte Christian beinahe eingeholt, da schlug er, der zu der Zeit ungefähr sechs Jahre alt gewesen sein muss, einen Haken am brennenden Feuer vorbei, rutschte aus und fiel längelang in den riesigen Scheiterhaufen. Die brennenden Holzstücke flogen nur so in alle Richtungen, die Flammen umschlangen seinen kleinen Körper.
    Papa schrie auf, und binnen einer Sekunde hatte er seinen brennenden Sohn aus dem Feuer gerissen und stürzte sich mit ihm auf dem Arm in den Fluss. Es hatte sich nur um Augenblicke gehandelt, und doch war Papas Kleidung ebenfalls in Flammen aufgegangen.
    Ich blieb erschrocken stehen und fing dann an zu schreien. Mama kam aus dem Haus gerannt, sah Papa und Christian im Fluss, sah die aufgeregten Fayu, die überall herumliefen und nicht wussten, was sie machen sollten.
    »Christian ist ins Feuer gefallen«, schrie ich nur.
    Mama rannte die Treppen hinunter und eilte zu einem sehr blassen Papa und einem vor Schmerz schreienden Christian. Papa stieg gerade aus dem Wasser, seine Kleidung halb verbrannt. Er übergab Christian Mama, die ihn ins Haus trug. Als sie ihn auszog, hatte er nur ein paar leichte Verbrennungen am Körper. Doch der Schock lag noch viele Tage über uns. Wäre Papa nicht so nah am Geschehen gewesen, hätte Christian in Lebensgefahr geschwebt, denn nicht einmal in der Hauptstadt Jayapura gab es die Möglichkeit, schwere Verbrennungen zu behandeln. Wenn wir seither Fleisch räucherten, bauten die Fayu das Feuer an unzugänglicher Stelle hinter unserem Haus, wo wir keinesfalls spielen durften.
     
    Und es blieb nicht aus, dass auch das entgegengesetzte Element, das Wasser, uns einmal zeigte, was es vermochte.
    Viel ist schon von unserem geliebten Klihi-Fluss die Rede gewesen, der nur ein paar Meter von unserem Haus entfernt dahinfloss. Da wir meistens nur Shorts trugen, konnten wir hineinspringen, wann immer es uns zu heiß war oder wir einfach Lust darauf hatten. Das Wasser hatte eine bläulich-hellbraune Färbung und war sehr kalt, doch die tropische Sonne wärmte uns in Windeseile wieder auf.
    Meine Eltern sahen auch die weniger paradiesischen Seiten des Flusses. Oft ermahnten sie uns, wir sollten wegen der starken Strömung nicht zu weit hinausschwimmen, was wir in den ersten Monaten auch befolgten. Aber mit der Zeit, wie Kinder eben so sind, wurden wir immer »mutiger« – oder, wie Mama sich ausdrücken würde, unvorsichtiger.
    Die eigentliche Gefahr bestand nicht unbedingt in der Strömung, sondern eher in dem rutschigen Ufer, das man nicht erklettern konnte, ohne immer wieder in den Fluss zurückzugleiten. An anderen Stellen war das Ufer so dicht mit Sträuchern und herunterhängenden Ästen überwachsen, dass man keinen festen Boden unter die Füße bekam. Man hielt sich an einem Ast fest, bis die Kräfte nachließen, und schon befand man sich wieder im Fluss. Die Gefahr zu ertrinken war somit sehr hoch, auch wenn man gut schwimmen konnte.
    Eines Morgens, es hatte den Tag zuvor stark geregnet und der Fluss führte gewaltiges Hochwasser, gingen Christian und ich mit einigen Fayu-Kindern zum Baden. Wie immer balgten wir herum, und um Christian zu entkommen, schwamm ich weiter hinaus, als wir es eigentlich durften. Ich war größer und stärker als mein Bruder und konnte mühelos gegen die Strömung ankommen. Aber Christian wurde plötzlich von der Gewalt des Flusses erfasst.
    Ich versuchte ihn noch zu halten, aber meine Kräfte ließen mich im Stich, und sein Arm rutschte mir aus der Hand. Er schrie um Hilfe, was sollte ich nur tun? Ohnmächtig sah ich mit an, wie sein kleiner Kopf mit rasender Geschwindigkeit flussabwärts verschwand. Auch die Fayu-Kinder versuchten Christian einzufangen, aber er war schon zu weit abgetrieben. Ich geriet in Panik, schrie wie wild: »Babu, Babu, Babu!«, immer wieder.
    Christian und ich in ruhigen Gewässern
    Endlich hörte Papa das Schreien und raste aus seiner kleinen Arbeitshütte. Er erkannte sofort, in welcher Gefahr sich sein Sohn befand, und rannte zu unserem Motorboot, das am Ufer angebunden war. Wie besessen fing er an, am Anlasser zu reißen. Aber der Motor wollte einfach nicht anspringen, wie immer, wenn man ihn am dringendsten brauchte.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher