Du bes Kölle: Autobiografie
habe keine Angst vor dem Tod, dafür gibt es keinen Grund. Ich lasse ihn kommen, und wenn er mich irgendwann kriegt, dann wird es wohl an der Zeit gewesen sein. Es ist sicher nicht leicht, das Leben loszulassen, wenn es so weit ist. Aber warum sollte man gegen etwas kämpfen, was man sowieso nicht ändern kann? Früher oder später müssen wir ihn alle gehen, diesen Weg. Und wohin er führt, weiß niemand. Et es jo bes jetz och noch keiner widderjekumme.
DA IST EIN GLAUBE IN MIR
Mit den Engels und mit der Musik ist es praktisch fließend weitergegangen. Ende der 60er ging die Ära der Vier Botze zu Ende, 1970 fing es mit den Bläck Fööss an. Und meine Söhne machen heute auch Musik, der jüngste, Kai, steht bei Brings an den Tasten. Als ich mit Irmgard und den Kindern im Herbst jenes Jahres 1974 zurück in mein Elternhaus in Sülz zog, war er gerade drei Jahre alt geworden.
In Grengel waren wir 1972 ein Mal umgezogen. Nach drei Jahren in der winzigen Wohnung in der Waldstraße erschien uns die im Akazienweg wie ein Schloss. Immerhin 68 Quadratmeter bewohnten wir dort, 35 mehr als zuvor. Die Wohnung in Sülz war mit rund 100 Quadratmetern noch größer und zudem die Heimat meiner Jugend. In diesem Genossenschaftshaus an der Lotharstraße 30 war ich aufgewachsen, dort kannte ich jeden Winkel. Meine Mutter hatte hier zuletzt allein gewohnt, mit wenig Geld, und an größere Renovierungsmaßnahmen war nicht zu denken gewesen. Also habe ich die Wohnung – von der Heizung angefangen – völlig umgebaut, da musste unheimlich viel Arbeit reingesteckt werden.
Als der Pastor der Nikolauskirche davon erfuhr, dass ich wieder da war, soll er tief geseufzt haben: »Herrje, die Engels sind zurück!« Und meine Pänz knüpften mehr oder weniger nahtlos an unsere alten Geschichten an. Sonntags, bevor die Kirchgänger kamen, haben sich die Jungs zum Beispiel gern verkleidet. Viele Messebesucher mussten bei uns vorbei, während René, Ilja und Kai am Fenster Faxen machten.
Ich selbst habe dort nur selten einen Gottesdienst besucht. In Köln redet man gern vom »Kölsch-Katholizismus«, also der eigenwilligen Ausformung des Katholischen hier am Rhein. Das ist, denke ich, durch die Arbeiten von Jürgen Becker, Martin Stankowski oder Willibert Pauels ein bisschen arg strapaziert worden. Aber es mag dennoch etwas dran sein.
Wer wie ich in Sülz in St. Nikolaus getauft wurde und auch noch direkt gegenüber der Kirche aufwuchs, der ist diesem Verein natürlich verbunden. Meine eigenen Kinder sind bislang nicht getauft, denen wollte ich die Entscheidung selbst überlassen. Aber was mich betrifft: Ich bin bis heute Mitglied und zahle fleißig Kirchensteuer. Und manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich tatsächlich mit irgendeiner Instanz kommuniziere, die man auch Gott nennen könnte. Was oder wer Gott ist, weiß ich nicht. Aber da ist ein Glaube in mir.
Ich weiß nicht, was Jesus heute sagen würde. Wenn der sähe, wie viele Menschen noch immer hungern und in welchem Prunk der Papst und sein Vatikan leben, dann würde er vielleicht sagen: »Meine an sich gute Sache ist ja total aus dem Ruder gelaufen.« Dass es mit Gottes Stellvertretern auf Erden manchmal nicht weit her ist, weiß heutzutage jeder. Mit den Fööss machte ich eine dem entsprechende Erfahrung, als der »Buuredanz« drei Jahre nach meinem Wiedereinzug in Sülz auf unserem »Links eröm, rächs eröm«-Album erschien. Der Song hatte ursprünglich noch viel mehr Strophen, das ist ein echter Hans Knipp. Und eigentlich sollte ich ihn auch allein singen. Aber als bei der EMI die Overdubs eingespielt wurden, hat man aus Versehen meine Stimme angelöscht. Und als wir das im Studio bei Conny Plank in Neunkirchen-Wolperath neu einsangen, übernahmen auch Peter und Erry einige Strophen.
Dass man selbst mit diesem an sich harmlosen Liedchen anecken kann, hätten wir nie gedacht. Aber der Pfarrer von Düren-Birkesdorf hat wohl die beiden Pastors-Strophen eins zu eins genommen und sich fürchterlich darüber aufgeregt:
Och d’r Paschter höpp wie jeck
Wie vum Düvel anjesteck
met d’r Maat de Wäng elans
wenn en Berkesdörp d’r Buur op d’r Huhzick danz
Jo wenn en Berkersdörp d’r Buur op d’r Huhzick danz
Och d’r Paschter kann nit mih
Doch mer hilf im en de Hüh
Jott sei Dank, hä es noch janz
wenn en Berkesdörp (...)
Als dann ein Auftritt in Birkesdorf anstand, mobilisierte der Pfarrer sogar die Presse, um über uns zu schimpfen. Dies zum angeblich so gelassenen
Weitere Kostenlose Bücher