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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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frage ich den: Was sollen denn die Rapper von heute sagen mit ihren Tempoversen? Auch die Fantastischen Vier müssen sich ihre Texte draufschaffen. Und das Zauberwort heißt: Machen!

GANZ EINFACH UND GENAU AUF DEN PUNKT
    Mit dem Cover und dem Titel meiner Soloplatte, »100 % Tommy Engel«, war ich zunächst gar nicht glücklich. Die Aufmachung erschien mir zu technisch. Aber die EMI bestand darauf, und später habe ich mich auch damit angefreundet. Es entsprach schließlich den Tatsachen: Tommy auf Solopfaden, darum ging es ja inzwischen. Die Musiker für die Band wurden von Jürgen Fritz und mir zusammengestellt. Wie bei L.S.E. waren Helmut Krumminga und Hans Maahn wieder dabei, und Ralf Gustke saß an den Trommeln. Mit ihm hatte ich naturgemäß die meisten Auseinandersetzungen, weil der mein ureigenes Instrument bediente. Der ist erst mal wieder heimgefahren, um bei seiner Rückkehr doch manches von dem verstanden zu haben, was ich von ihm wollte. Unabhängig davon ist der Junge ein Meister seines Fachs, nicht umsonst trommelte er auch bei Leuten wie Nena oder Xavier Naidoo.
    Ein Song, der meine damalige Gefühlslage auf den Punkt bringt, ist »Äppel sin kein Birre«. Der Text stammte noch aus meiner Zeit mit L.S.E., Rolf Lammers hatte die Musik dazu geschrieben. Das Lied sollte zum festen Repertoire meiner Solozeit werden. Ich habe mich damals zeitweise tatsächlich »verfolgt« gefühlt, so wie es in dem Lied ausgedrückt wird. »Lauf, su lang ding Fööss dich drare/Der Dach, der kütt, do wees du jefahre« – auch das ist wörtlich zu nehmen. Es geht darum, bis zum Ende zu kämpfen, nicht aufzugeben, erhobenen Hauptes weiterzugehen. Auch mag in diesem Song eine Portion Trotz mitschwingen, aber der entsprach ebenfalls meinem damaligen Empfinden:
    M’r hät dich om Schirm selvs en d’r Naach
Se han dich om Kicker, nemm dich en Aach
Se dun dich beluure und han dich em Auch
Selvs wenn de meins, du wörs ungerjetauch
    Äppel sin kein Birre, lass dir nichts vormachen! Sieht man von mir selbst ab, dann offeriert das Lied noch andere Ebenen. Da schwingt der Überwachungsstaat mit, dem man ähnlich ohnmächtig gegenübersteht. Du magst plötzlich ein Außenseiter sein, aber lass dich dadurch nicht verunsichern – auch das ist eine Botschaft dieses Liedes. Hör gut zu und schau genau hin! Und um das Hinschauen geht es auch in einem anderen sehr offensiven Song des Albums, »Hadder nit jesin«:
    Jo, de Lück, die luuren ja nit mih su richtich
Denne fällt och ja nix mih op
Denne es och nix mih wirklich wichtich
Sorjen sich nur öm ihre eijene Kopp
    Zeitlich ist dieser Text viel später entstanden, erst während der Produktion des Albums nämlich. Aber thematisch birgt er Ähnlichkeiten zu »Äppel sin kein Birre«. Manche sagen, dieses Lied erinnere sie an »Streets of London« von Ralph McTell. Da ist auch etwas dran, aber eigentlich hatte es mit einem lustigen Improvisieren an Jürgen Fritz’ Flügel begonnen. Ich klimperte einen hüpfenden Ragtime vor mich hin und summte so etwas wie »Hadder nit die Frau jesin«. Irgendwann muss sich dann jedoch ein Hebel umgelegt haben, mir muss wohl der Kragen geplatzt sein. Auf dem Klavier stand mein kleiner Computer, und ich begann zu tippen. Und plötzlich war ich bei einem ganz anderen Thema gelandet: der Tendenz der Menschen zur Passivität, zu mangelnder Zivilcourage und zum Weggucken.
    Die ausländerfeindlichen Morde und Anschläge von Hoyerswerda, Mölln oder Solingen waren in den Köpfen der Menschen damals noch sehr lebendig. Als Wolfgang Niedecken den Song das erste Mal hörte, war er erstaunt. Ganz einfach komme dieser Text daher und trotzdem genau auf den Punkt. »Klar«, antwortete ich, »ich brauche eben nicht wie du 24 Strophen, um irgendeinen Sachverhalt auszudrücken.« Wir lachten darüber, aber natürlich hat mich sein Urteil gefreut. Es gibt dann auch eine Version des Songs, die ich mit ihm und Gerd Köster gemeinsam singe.
    1999, kurz nach dem Erscheinen von »100 % Tommy Engel«, suchte die Polizei nach Prominenten für ihre Aktion »Kölner lassen keinen allein«. Ich wurde mit als Erster angesprochen und sagte sofort zu. »Ich habe da ein passendes Lied«, antwortete ich.

DER HUUSMEISTER
    Meine zweite Solosingle war eine Kooperation mit dem Rapduo Grooveminister gewesen, das Mitte der 90er ein paar Chartplatzierungen hatte. Der Song »Kein Problem« wäre vielleicht nicht weiter der Rede wert, wenn dort nicht eine Figur auftauchen würde, die den

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