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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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an, und ich solle ihm Bescheid geben, dass er noch am selben Abend nach Monte Carlo fliegen müsse. Das war keine Bitte, sondern eine Anweisung. Ich gab zu bedenken, dass es schon fünf Uhr nachmittags sei, und er sagte nur, dafür hätten sie ja den Privatjet. Dann hat er einfach aufgelegt.«
    »War es ein Italiener?«
    »Ein Italiener, ja. Und zwar einer, der es gewohnt ist, Befehle zu erteilen.«
    »War Ihr Mann wütend?«
    »Wegen der Sache mit Monte Carlo eigentlich nicht. Er schien sich eher zu wundern, dass man ihn zu Hause angerufen hatte. Das war noch nie vorgekommen, und seit jenem Tag beklagte er sich häufiger über seine Arbeit. Er sagte, ständig wolle jemand was von ihm, das sei der pure Stress.«
    »Im September 2004 wurde Ihr Mann von einem Lastwagen erfasst, als er über einen Zebrastreifen ging.«
    Diesmal fragte sie nicht, warum er das wissen wolle. »Die Verkehrspolizei sagte, der Fahrer habe möglicherweise nicht sofort gemerkt, dass er ihn angefahren hatte. Jedenfalls gab es eine sehr langwierige Untersuchung.«
    Sie stieß einen melodramatischen Seufzer aus, schlug erneut ihre Beine übereinander und beugte sich weit vor, um nach dem Aschenbecher auf dem Tisch zu greifen. Der abgrundtiefe Ausschnitt ihrer Bluse gab dem Zwerg den Gnadenschuss. Ihm wurde bewusst, wie wenig frei er war.
    Völlig überstürzt verabschiedete er sich. Unten auf der Straße rief er Balistreri an. Er gab ihm einen detaillierten Überblick über die Faktenlage und vermied jeden Kommentar zu Ornella Corona.
    »Coppola, irgendetwas stimmt nicht mit Coronas Tod. Ich habe mal einen Blick auf die Daten von Beginn und Ende der Untersuchung geworfen. Doppelt so lang wie gewöhnlich. Weißt du warum?«, fragte Balistreri.
    »Das konnte ich noch nicht herausfinden, Dottore. Ich hake mal bei der Verkehrspolizei nach.«
    »Was für eine Frau ist die Corona?«
    Coppola fragte sich, ob er sich irgendwie verraten hatte. »Ganz normal, eine Witwe halt«, antwortete er vage. Ihm war, als höre er ein Kichern.
    »Sicher?«, fragte Balistreri und warf einen Blick auf das Foto von Ornella Corona in der Akte.
    »Klar, Dottore, völlig normal.«
    »Sicher? Ganz sicher? Soll ich mal selber nachsehen?«
    Schweigen. Dann hielt der Zwerg es nicht mehr aus. »Sie ist der helle Wahnsinn, Dottore.«
    Balistreri lachte. »Noch etwas, Coppola, aus rein dienstlichem Interesse: oben oder unten?«
    Das bezog sich auf einen vulgären Männerwitz, den der Zwerg mal über eine sehr attraktive Angeklagte gemacht hatte. Balistreri hatte die anzügliche Bemerkung von ihrer banalen Vulgarität befreit und ihr zu ermittlungstaktischer Geltung verholfen, indem er sie zur Charakterisierung der Frau eingesetzt hatte.
    Der Zwerg entspannte sich. Er fühlte sich geehrt, dass ein einschlägiger, wenn auch in die Jahre gekommener Experte seinem bescheidenen Urteil vertraute.
    »Hundert Prozent unten, Dottore. Die lässt einen machen, was man will, und feilt sich dabei die Fingernägel. Und wenn man fertig ist, macht sie mit dem Lackieren weiter. Sie hat eine Armbanduhr, die zwinkert.«
    Da Balistreri sein Büro selber brauchte, konnte Corvu nicht dorthin ausweichen und musste also seinen Glaskäfig auf Vordermann bringen. Er wartete nämlich auf Natalya.
    Als Margherita hereinkam, war er gerade dabei, eine Wand abzuwischen. Die beiden waren vom ersten Tag an Freunde gewesen, was bei einem wie Corvu auch nicht schwerfiel. Sie zog die Tür hinter sich zu.
    »Du, Graziano«, begann sie kleinlaut. »Ich muss dir etwas sagen.«
    Ohne die Putzerei zu unterbrechen, lächelte er ihr aufmunternd zu.
    »Schieß los, Margi. Wenn ich dir irgendwie helfen kann …«
    »Es geht nicht um mich, sondern um dich.« Sie wurde immer verlegener.
    Corvu schrubbte unbekümmert weiter. Jetzt ging er mit dem Lappen über die Tastatur seines PC s. »Um mich? Du machst dir Sorgen um mich?«
    »Nein, nein«, sagte sie hastig, denn sie wusste, wie empfindlich Corvu auf dieses Thema reagierte. »Sorgen nicht gerade. Ich muss dir nur etwas sagen. Es geht um das Mädchen, das gleich kommt.«
    Corvu schaute überrascht auf. »Um Natalya? Und warum?«
    »Na ja, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Wir … also ich hab gesehen … nein, ich hatte das Gefühl …«
    »Margi, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Aber dieses Mädchen ist … ich meine, sie arbeitet …«
    Corvu klärte Margherita über das Missverständnis auf, und sie musste laut lachen. Plötzlich änderte sich ihr Ton, und

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