Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
Vom Netzwerk:
sie war fröhlich und voller Enthusiasmus, als hätte Corvu seine baldige Hochzeit angekündigt.
    »Großartig, Graziano, großartig. Du gefällst ihr sehr.«
    Corvu wurde tiefrot und verfiel in seinen konsonantenreichen Akzent. »Wieso? Woher willst du das wissen?«
    »Ich bin eine Frau. Ich habe gesehen, wie sie sich von dir verabschiedet hat. Außerdem hat sie gesagt, dass sie nicht mehr verlobt ist. Wenn ein Mädchen einem Mann so etwas sagt, gefällt er ihr.«
    Corvu war rot wie eine Tomate und verfiel in dumpfes Schweigen.
    »Jetzt musst du die Sache nur richtig anpacken.«
    »Margi, bitte, du bringst mich ganz durcheinander«, sagte er in tiefstem Sardisch, was ihm nur passierte, wenn er völlig überfordert war.
    »Ich hab eine geniale Idee«, rief Margherita und rannte hinaus. Als sie wiederkam, überreichte sie ihm einen Bilderrahmen mit dem Foto eines hübschen blonden Mädchens, das ihr ähnelte. »Das ist meine Schwester. Das Bild hab ich auf meinem Schreibtisch stehen.«
    »Ja und? Was soll ich damit?« Corvu wurde immer nervöser.
    »Das stellen wir jetzt hierhin«, sagte sie, platzierte den Rahmen in einer Ecke von Corvus Schreibtisch und sah sich das Arrangement zufrieden an.
    »Spinnst du?«, protestierte er, warf einen ängstlichen Blick auf die Uhr und wollte nach dem Rahmen greifen. Natalya konnte jeden Moment da sein.
    Margherita kam ihm zuvor. Sie zog an einem Ende des Rahmens, er am anderen.
    In dieser Sekunde trat Balistreri durch die Tür. »Was ist denn hier los?«
    Corvus Gesicht war feuerrot. »Nichts, Dottore. Margherita wollte …«
    Sie unterbrach ihn und erklärte Balistreri, der mit wachsendem Interesse zuhörte, worum es ging.
    »Corvu, ich befehle dir, dieses Bild auf deinen Schreibtisch zu stellen«, verkündete er dann.
    Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, widersetzte sich Corvu. »Dazu haben Sie nicht das Recht, Dottore. Das ist eine Privatangelegenheit …«
    »Wie du willst«, sagte Balistreri. »Natalyas Befragung können wir uns eigentlich auch sparen. Als Sie heute Morgen hier war, hast du nichts auf die Reihe gebracht. Du weißt zwar, wie man einen Computer benutzt, aber von der weiblichen Psyche hast du keine Ahnung. Ich lasse sie morgen von einem echten Profi auf diesem Gebiet verhören.«
    Corvu wurde bleich. »Von wem?«
    »Wann landet Mastroianni morgen?«, fragte Balistreri boshaft, an Margherita gewandt.
    In diesem Moment klopfte Natalya an die Glastür. Corvu war leichenblass.
    Balistreri grüßte sie freundlich und bat sie herein, während Margherita immer noch den Bilderrahmen in der Hand hielt. Natalya sah noch hübscher aus. Sie hatte sich Strähnchen machen lassen und war jugendlich geschminkt.
    »Setzen Sie sich«, sagte Balistreri. »Wir sind gleich so weit. Dottor Corvu hat mir schon berichtet, dass Sie uns wirklich eine große Hilfe sind.«
    »Wenn die Polizei so sympathisch ist, hilft man doch gern.« Natalya schenkte Corvu ein Lächeln. Seine Gesichtsfarbe schlug wieder von Weiß auf Rot um.
    »Entschuldigung, Dottor Corvu«, sagte Margherita, als sie den Rahmen gut sichtbar auf seinen Schreibtisch stellte. »Ich habe das kaputte Glas ersetzt. Nochmals Entschuldigung bitte.«
    Und an Natalya gewandt: »Das ist die Verlobte von Dottor Corvu. Sie ist vor einem Jahr verstorben.«
    Um zu vermeiden, dass Corvu in Ohnmacht fiel, lenkte Balistreri Natalya rasch ab. »Signorina, sagen Sie mir bitte noch einmal, wann genau Sie das Auto mit dem defekten Scheinwerfer gesehen haben.«
    Das Mädchen war etwas überrascht von den sich überstürzenden Ereignissen. Sie starrte abwechselnd auf das Foto von Margheritas Schwester und auf Corvu, der in seinem Stuhl zusammengesunken war.
    Schließlich antwortete sie. »Wie ich Graziano schon sagte, war ich allein, weil meine Cousine arbeiten musste. Es war schon dunkel. Erst dachte ich, es sei ein Motorrad, aber dann sah ich, dass es ein Auto war. Es wurde langsamer, als wollte es anhalten, gab dann allerdings wieder Gas und verschwand hinter der Kurve …«
    Das hast du mir gar nicht gesagt, Corvu. Dass es so viel langsamer wurde. Hast du dich gar nicht gefragt, warum?
    »Den Fahrer konnten Sie vermutlich nicht erkennen?«
    »Nein, aber er trug eine Schirmmütze und eine Sonnenbrille«, antworte Natalya.
    Balistreri sah Corvu an. Der war so beschämt, dass Balistreri nichts Besseres einfiel, als sich schnell zu verabschieden, um ihn zu erlösen.
    Wenn ich nicht zufällig hier gewesen wäre, hätte ich das nie erfahren.

Weitere Kostenlose Bücher