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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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immer, Sie hätten keinen guten Draht zueinander …«
    Paul klärte die Sache auf. »Damals waren wir nicht gerade Freunde, ich weiß. Aber da waren wir noch jung, und die Zeit kann Wunder bewirken.«
    Valerio Bonas Haltung und Gang waren immer noch so unsicher wie früher. Er wirkte ein wenig gebeugt und hatte keine Haare auf seinem glatt rasierten Schädel. Als er auf Balistreri zutrat, streckte er ihm die Hand entgegen, ohne ihm in die Augen zu sehen. Das goldene Kreuz an seinem Hals war immer noch dasselbe wie vor vierundzwanzig Jahren.
    Der schüchterne und zugeknöpfte junge Mann war schneller gealtert als Paul. Die Zeit hatte ihn nicht verschont. Seine immer noch besorgten Augen versteckten sich hinter dicken Gläsern.
    »Na so was«, sagte Balistreri. »Das nenne ich eine Überraschung. Wohnen Sie etwa hier, Valerio?«
    »Nein, ich arbeite in der Verwaltung der Organisation, ganz hier in der Nähe. Da hab ich auch eine kleine Wohnung.«
    »Und sind Sie verheiratet?«
    »Nein, ich lebe allein.« Er sagte das völlig gleichmütig, aber Balistreri meinte ein leises Bedauern herauszuhören.
    Valerio erzählte von seinem Informatikdiplom, vom guten Geld, das er bei IBM verdient hatte, und dass er dennoch von einem Gefühl der Verlorenheit geplagt wurde. Eines Tages habe er dann Cardinale Alessandrini getroffen, der ihm seine jetzige Arbeit angeboten habe. Und so stellte er sein Wissen nun in den Dienst des Glaubens.
    »Anfangs wollte er nicht«, sagte Paul. »Ich glaube, es behagte ihm nicht, mit mir zusammenzuarbeiten.«
    Valerio lächelte gezwungen. »Kann sein, aber als ich dich dann wiedergesehen habe …«
    »Konntest du dich davon überzeugen, was für ein netter Kerl ich geworden war! Dottor Balistreri, vermutlich sind Sie wegen der furchtbaren Sache mit Elisas Mutter hier.«
    Schon der Name war ihm unerträglich. Er wich diesem Thema schnell aus.
    »Nein, es geht nicht um den Selbstmord von Signora Sordi.«
    »Nein?«, wunderten sich Paul und Valerio.
    »Nein. Ich bin hier, weil ich noch eine Frage zu damals habe. Aber es hat nichts mit Elisa Sordi zu tun.«
    Valerio hörte mit finsterer Miene zu, Paul eher interessiert.
    »In jenen Jahren hat eine junge Frau aus Polen hier in San Valente gearbeitet«, sagte Balistreri.
    »Hier waren viele junge Frauen aus Polen«, unterbrach ihn Paul. »Nach der Wahl von Wojtyla …«
    »Sie hieß Alina, Alina Hagi.«
    Eine Weile war in der unbewegten Juliluft nur Vogelgezwitscher und Kindergeschrei zu hören. Dann zündete Paul sich eine Zigarette an und Valerio schenkte sich Wasser ein.
    »Erinnern Sie sich nicht mehr an sie?«, fragte Balistreri.
    »Unmöglich, sich nicht an sie zu erinnern«, sagte Paul und starrte auf das große weiße Haus. »Alina Hagi, die unermüdliche kleine Blonde. Sie haben sie sogar kennengelernt!«
    Ein Dutzend Kinder zwischen zehn und dreizehn Jahren spielten Fußball, eine blonde junge Frau um die zwanzig war Schiedsrichter.
    Er versuchte, sein fotografisches Gedächtnis zu aktivieren und das emotionale außen vor zu lassen. »Das Mädchen, das den Schiedsrichter machte und den Kindern das Essen auftat?«
    »Genau. Sie besaß eine unglaubliche Energie und hatte schon einige Jahre mit Kindern gearbeitet. Die Ehrenamtlichen gingen alle zu ihr, wenn sie Hilfe oder Rat brauchten.«
    »Kannten Sie auch ihren Ehemann?«
    Valerio schüttelte den Kopf. »Nie gesehen, obwohl ich wusste, dass sie verheiratet war.«
    »Ich kannte ihn«, sagte Paul. »Aber ich habe ihn selten zu Gesicht bekommen, nur ganz am Anfang. Ich glaube, er kam auch aus Polen.«
    »Aus Rumänien«, korrigierte Balistreri. »Marius Hagi.«
    Ein ausgedehntes Schweigen breitete sich aus, und Balistreri spürte, dass die Stimmung seltsam kippte.
    »Wissen Sie, was aus ihr geworden ist?«, fragte Balistreri.
    Sein Blick traf den von Paul. Und sah darin eine an Ablehnung grenzende Bitterkeit. Vor vierundzwanzig Jahren hatte er über diese Entschiedenheit noch nicht verfügt.
    »Wie ich sehe, haben Sie immer noch die Angewohnheit, Fragen zu stellen, deren Antwort sie bereits kennen«, sagte Paul.
    »Hat Alina noch hier gearbeitet, als der Unfall passierte?«, fragte Balistreri weiter, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
    »Ja«, antwortete Paul. »Nach Alinas Tod zelebrierte Cardinale Alessandrini im Vatikan eine Messe für sie, mit allen Kindern und Mitarbeitern.«
    »Waren Sie damals auch hier, Valerio?«
    »Nein. Während des Studiums habe ich für Conte Tommaso dei Banchi di

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