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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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Colajacono und Dottor Antonio Pasquali. Die Todesfälle von Padre Paul und Manfredi hatten weder etwas mit diesen Verbrechen zu tun, noch standen sie in irgendeiner Verbindung zueinander. Der Name von Elisa Sordi fiel gar nicht. Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno reiste zurück nach Kenia, zusammen mit dem Leichnam seines Sohns Manfredi, der Opfer einer Beziehungstat geworden war.
    Ende Juli drehte sich in den Zeitungen schon wieder alles um den neuesten innenpolitischen Zank, die Ferien des Papstes und den Fußballmarkt.
    Polizeipräsident Andrea Floris verpflichtete Balistreri, Corvu und Piccolo, sich den ganzen August Urlaub zu nehmen, den ersten seit Jahren. Corvu und Piccolo machten eine Motorradtour durch Albanien und die Ukraine, mit Rudi und Natalya als Reiseführer. Balistreri nahm die Einladung seines Bruders Alberto an und würde den Monat in dessen Ferienhaus in den Dolomiten verbringen.
    Vor seiner Abreise versuchte er mehrmals, Linda Nardi zu erreichen, doch sie ging weder ans Telefon noch ans Handy.
    Am 31. Juli, seinem letzten Abend in Rom, verabredete er sich mit Antonella zum Abendessen. Sie setzten sich an einen kleinen Holztisch auf einem der vielen überfüllten Bürgersteige von Trastevere. Als Antonella so braun gebrannt und fröhlich vor ihrer Pizza und ihrem Bier saß, schien sie ihm plötzlich viel schöner als sonst. Sie hatte eine neue, jugendliche Frisur, ihre Augen strahlten, und ihre Haut wirkte zarter als sonst.
    »Du siehst toll aus heute Abend.«
    »Nach Pasqualis Beerdigung habe ich erst mal völlig abgeschaltet. Fünf Tage Meer und Beautyfarm. So gut habe ich mich seit fünfzehn Jahren nicht erholt, Michele.«
    »Du hast dich also endlich mal verwöhnen lassen, statt dich immer nur um die anderen zu kümmern.«
    »Und wie! Gesichtsmasken, Sonnenbank, entspannende Massagen …« Sie zwinkerte anzüglich. »Wenn auch nicht hundertprozentig entspannend, dafür fehlte das gewisse Etwas.«
    Balistreri empfand eine Unbeschwertheit wie seit Jahren nicht mehr. Die Idee kam ganz spontan. Zum Glück war die Restauranttoilette einigermaßen geräumig, sauber und abseits gelegen. Eine schnelle Sache, nicht sehr komfortabel, aber unglaublich befriedigend für alle beide.
    Anschließend wankten sie, etwas angetrunken, heim zu Antonella und lachten sich kaputt über die Vorstellung von zwei Erwachsenen, die beim Sex auf der Toilettenschüssel eines Restaurants von einer Erleuchtung heimgesucht werden.
    Bei Antonella liebten sie sich lange, mit mehr Ruhe und weniger Gier. Als sie danach im Dunkeln auf dem Bett lagen und durchs geöffnete Fenster die kühle, stille Nacht hereinließen, zündete sie sich den gewohnten Joint an und streichelte sein Haar. Er nippte an seinem dritten Whisky.
    So lagen sie nebeneinander, erschöpft, aber so lebendig, wie sie sich, jeder aus einem anderen Grund, schon lange nicht mehr gefühlt hatten. Balistreri merkte gar nicht, dass sie den Joint an ihn weiterreichte. Die rote Glut war nur ein kleiner Punkt im Zwielicht, der ihrer Hand folgte.
    Er lag auf dem Rücken und betrachtete die alte Kassettendecke. Auch im Dunkeln war das Muster deutlich zu erkennen.
    Er wurde von den Frauen wegen seines Gesichts abgelehnt und aus demselben Grund beschuldigt. Aber er war unschuldig.
    Er sah die Flecken an den Holzbalken, Spuren der Zeit und der Feuchtigkeit.
    Ein impotenter Junge. Eine unmögliche Liebe. Eine kürzliche Abtreibung.
    Die Risse im Holz, wo die Würmer besonders eifrig gewesen waren.
    Eine verwelkte Tulpe auf Elisas Fensterbrett. Eine frische Tulpe auf dem Grab.
    Losgelöst vom Rest seines Körpers wanderten seine Augen zur Decke hinauf.
    Ich hätte dich verprügeln sollen wie eine gewöhnliche Schlampe. Ja, Michele. Dann hättest du diese Geschichte vielleicht endlich verstanden.
    Als er über Linda hergefallen war, hatte er die Wahrheit gespürt, doch anstatt seiner Intuition zu folgen, hatte er sich zunächst mit aller Kraft auf Fiorella Romani konzentriert. Nach dem Pakt mit dem Conte hatte ihn sein Instinkt wieder eingeholt. Irgendetwas in ihm sperrte sich aber dagegen, Täter, Anlass und Motiv in eine logische Reihenfolge zu bringen. Das Marihuana und der Whisky taten ihre Wirkung, in der Stille der Nacht, neben dieser Frau, mit der er soeben geschlafen hatte.
    In den Deckenbalken zeichneten sich die Konturen des Gesichts ab, in den Rissen die Falten, in den Flecken die Augen und der Mund. Und plötzlich sah er das ganze verzweifelte und erschütterte

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