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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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öffentliche Verkehrsmittel. Obwohl ich es nicht eilig hatte, setzte ich das Blaulicht auf meinen Spider und war eine halbe Stunde später dort. Es herrschte großes Gedränge, überall parkten Autos, der Strand war überfüllt mit Menschen, das glitzernde Meer wimmelte von Badenden und Booten.
    Wäre sie nicht tot, würde Elisa jetzt vielleicht wie all die anderen Römer hier Eis essen, ein Sonnenbad nehmen und ins Wasser springen. Stattdessen lag ihr massakrierter Körper in einer kalten Kammer des Leichenschauhauses, und in einem Haus in der Vorstadt standen zwei alte Leute und starrten in Elisas leeres Zimmer.
    Der Jachtklub war leicht zu finden. Die Regatta war noch im Gange. Ich setzte mich auf der Terrasse an einen kleinen Tisch mit Sonnenschirm und entspannte mich bei einem Kaffee und einer Zigarette. Die Boote waren Flying Dutchman, eine Zweihandregatta. Valerio Bona saß in einem der Boote. Elisas Tod konnte ihn nicht allzu sehr erschüttert haben, dachte ich. Ohne triftigen Grund war mir dieser Junge, seit ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, ein Dorn im Auge. Und dann noch dieses Kettchen mit dem goldenen Kreuz. Dieser Typ hatte nicht annähernd Elisas Format, so unattraktiv und unsicher, wie er war. Das ging mir durch den Kopf, während ich in der Sonne saß, rauchte und den kleinen weißen Punkten folgte, die sich zwischen den Bojen im blauen Meer bewegten. Ich fragte die Herrschaften am Nebentisch, die der Regatta mit dem Fernglas folgten, ob sie Valerio kannten.
    »Sicher, er hat schon als Kind hier gesegelt. Im Moment ist er Zweiter, Nummer zweiundzwanzig.«
    Sie reichten mir ihr Fernglas. Ich brauchte einen Moment, um die Zweiundzwanzig zu finden und scharf zu stellen. Was ich dann sah, überraschte mich. Valerio Bona saß mit Schirmmütze und Brille am Ruder. Das goldene Kreuz an seinem Hals leuchtete in der Sonne. Seine Haltung und jede seiner Gesten drückten absolute Ruhe und Souveränität aus, obwohl sie mit mindestens zwanzig Knoten hart am Wind segelten. Während der Wende beobachtete ich seine Gesichtszüge. Nur die Lippen bewegten sich, als er dem Mann am Spinnaker Kommandos erteilte. Auf dem letzten Abschnitt schiftete die Nummer zweiundzwanzig ununterbrochen und zwang das führende Boot, es ebenfalls zu tun. Am Ende gelang es Bona, zu überholen und das Ziel als Erster zu erreichen. Durch das Fernglas sah ich, wie er sich Mütze und Brille abnahm. Kein Lächeln auf dem Strebergesicht, nur ein paar Dankesworte an seinen Kollegen.
    Ich verfolgte, wie die Segler in den kleinen Hafen einliefen, um ihre Boote abzutakeln und festzumachen. Valerio Bona nahm die Gratulationen seiner Kontrahenten mit ernster Miene entgegen, schüttelte schwielige Hände und bedankte sich höflich. Selbstsicher und entspannt war er. Dann kreuzten sich unsere Blicke, er erkannte mich, und ich winkte ihm zu. Innerhalb kürzester Zeit veränderte sich sein Gesicht und nahm wieder den Ausdruck an, den ich kannte. Unbehagen, Angst, Verlegenheit. Außerhalb seines Bootes besaß Valerio Bona keine Schale, die ihn vor der Welt schützte.
    Als er auf mich zukam, verbarg er seinen unruhigen Blick hinter der Sonnenbrille. Es würde nicht schwierig sein, ihn in die Zange zu nehmen. »Wir kennen uns, Signor Bona. Commissario Balistreri, ich ermittele im Mordfall Elisa Sordi.«
    Ich wollte ihm meinen Dienstausweis zeigen, aber er blieb zwei Schritte vor meinem Tisch stehen. »Was wollen Sie von mir?«, fragte er zögernd. Ich entschied mich für die harte Linie.
    »Besorgen Sie sich einen Anwalt. Sie müssen zu einer polizeilichen Vernehmung ins Kommissariat kommen.«
    Seine Hände zitterten leicht. Während er noch vor mir stand und mich anstarrte, kamen Segler vorbei.
    »Großartig, Valerio!«, gratulierten sie ihm mit einem Klaps auf die Schulter. Aber er war nicht auf dem Meer, er war wieder an Land, das er als feindlich und kompliziert empfand. Nicht einmal sein Glaube bot ihm hier Schutz vor weit gefährlicheren Unwettern.
    »Setzen Sie sich. Ich werde Ihnen ein paar Fragen stellen, und wenn Sie nicht antworten, fahren wir nach Rom ins Büro der Mordkommission.«
    Mein rabiater Ton erleichterte ihm die Entscheidung. Er setzte sich, das Gesicht der Sonne zugewandt, und blickte starr aufs Meer. Sicher wäre er lieber da draußen auf einem Boot gewesen.
    »Als wir uns am Montag begegnet sind, sagten Sie, dass Sie ein Freund von Elisa Sordi seien. Waren Sie ein Paar?«
    Ich wählte bewusst eine direkte, geschlossene Frage,

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