Du bist das Boese
Büro, sie war schon weg. Also habe ich in der Via della Camilluccia gewartet, bis sie zurückkam.«
»Und Sie haben sie nicht in irgendeiner Bar gesucht? Sicher waren in der Gegend nur wenige geöffnet.«
»Nein«, antwortete er zu rasch. »Ich habe an der Ecke auf sie gewartet, wo ich das Tor gut im Blick hatte. Ich wollte nicht von diesem Verrückten mit dem Fernglas oder von Signora Gina gesehen werden. Als Elisa dann kam, bin ich zu ihr hin.«
»Haben Sie sich für später verabredet?«
»Nein. Elisa sagte, sie sei frühestens um sechs fertig. Dann wollte sie gleich nach Hause und sich zusammen mit ihren Eltern das Spiel ansehen. Die wollten nicht, dass sie spät nach Hause kommt.«
»Aber wenn Sie Nachbarn sind, hätten Sie doch auf sie warten und sie mit dem Roller nach Hause bringen können.«
Schwer zu sagen, ob seine Verlegenheit von seinem Wesen oder von meiner Frage herrührte.
»Nein, das wollte Elisa nicht.« Er schwankte nun zwischen Angst und Zorn.
»Waren Sie wütend? Hatten Sie Streit?«
»Na ja, ich habe nur nicht verstanden, warum sie nicht …«
Das war der Moment, den entscheidenden Punkt anzusprechen. »Vielleicht war sie mit jemand anderem verabredet, was meinen Sie?«
Er wurde bleich. Ohne sie zu sehen, spürte ich, wie seine Augen hinter der dunklen Brille hin und her huschten.
»Sie war mit niemandem verabredet«, antwortete er trotzig und fingerte an seinem goldenen Kreuz herum. Als könnte Gott ihm in diesem Moment helfen.
»Woher wollen Sie das so genau wissen? Könnte doch sein, dass sie mit irgendwem gevögelt hat, ohne dass Sie davon wussten?«
Das war zu viel, sogar für jemanden wie Valerio Bona. »Was erlauben Sie sich denn, so über eine Frau zu reden, die soeben verstorben ist?«, sagte er und stand auf.
Ich erhob mich ebenfalls und blickte auf ihn hinunter. »Sie haben recht. Ich wollte natürlich sagen, dass sie mit irgendwem Sex hatte , ohne dass Sie davon wussten. Besser so?«
Er war erschrocken und empört. »Dafür war Elisa nicht der Typ …«
»Die Geschichte kenne ich«, unterbrach ich ihn barsch. »Was meinen Sie wohl, wie oft ich das über Mädels gehört habe, die sich später als ganz gewöhnliche Flittchen entpuppten?«
Es gefiel mir selbst nicht, dass ich unter solchen Umständen einen solchen Ausdruck benutzte, aber ich hatte Erfolg. Ich wollte herausfinden, ob Valerio Bona fähig war, eine Person tätlich anzugreifen. Tatsächlich stürzte er sich auf mich, aber ich war stärker und packte mit eisernem Griff sein Handgelenk.
»Machen Sie keinen Unsinn, sonst verhafte ich Sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.«
Viele Leute waren stehen geblieben und schauten zu uns herüber. Einige Segler näherten sich bedrohlich. Ich wedelte mit meinem Polizeiausweis.
»Macht, dass ihr weiterkommt, und kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten«, drohte ich ihnen.
Ich führte diesen Jungen vor, und das in dem einzigen Ambiente, in dem er sich wohlfühlte. Das war pure Absicht, denn irgendetwas verschwieg er mir. Die Konsequenzen für diesen bigotten kleinen Neurotiker mit seinem Tick für Gott, Segeln und Computer kümmerten mich einen Scheißdreck. Wahrscheinlich hatte er sich jedes Mal, wenn er so nett mit Elisa Sordi geplaudert hatte, anschließend auf dem Klo einen runtergeholt.
Ich ließ ihn wieder los. »Und jetzt erzählen Sie mir, was Sie letzten Sonntag gemacht haben!«
Valerio Bona zitterte. »Nachmittags bin ich in den Park der Villa Pamphili gefahren. Ich hatte zwei Tage später eine Prüfung an der Uni und musste noch lernen.«
»Sind Sie den ganzen Nachmittag dort geblieben?«
»Bis Viertel vor acht. Als die Sonne unterging, bin ich mit dem Roller nach Hause. Ich wollte das Spiel sehen, zusammen mit meinen Eltern und ein paar Freunden und Verwandten.«
»Haben Sie den ganzen Nachmittag über niemanden gesehen?«
»Im Park war wenig los. Ich saß die ganze Zeit mit meinen Büchern unter einem großen Baum.«
»Und Sie kamen erst kurz vor Beginn der Partie nach Hause?«
»Etwas vorher. Meine Cousins waren jedenfalls schon da.«
»Sind Sie nach dem Spiel rausgegangen, um zu feiern?«
Seine Miene verfinsterte sich erneut. »Die anderen ja, ich nicht. Ich war nervös wegen der Prüfung, daher wollte ich schlafen.«
»Sie sind allein zu Hause geblieben? Als großer Fußballfan?«
»Ja. Ich habe mir noch ein paar Kommentare im Fernsehen angesehen, dann bin ich ins Bett.«
Ich ließ es gut sein, obwohl seine Geschichte nicht
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