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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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umarmten sich und gingen in die Küche. Im Haus war es warm. Eine Halogenlampe erleuchtete das Wohnzimmer, und im Hintergrund lief Meddle , ein altes Album von Pink Floyd. Zwar nicht Cohen oder De André, aber auch eine seiner Lieblingsbands.
    »Du hast schon wieder abgenommen, Mike.«
    Auch Balistreri war aufgefallen, dass ihm die Kleidung um die Hüften schlotterte, doch er wollte nicht, dass sein Bruder sich um ihn sorgte. Jetzt nicht mehr. Er hatte sich zu viele Jahre um ihn gesorgt.
    »Komisch, dabei esse ich gut. Vielleicht vergesse ich es ab und zu, aber heute Abend hole ich alles nach. Was gibt es denn Leckeres außer der Carbonara?«
    Alberto tippte sich an die Nase. Als Koch vertrat er die Philosophie: Gutes Essen erkennt man am Geruch.
    »Milchlamm auf römische Art«, sagte Michele begeistert. »Und dann rieche ich auch noch einen Strudel.«
    »Das Dessert essen wir aber erst nachher, zusammen mit Angelo und Graziano«, sagte Alberto und öffnete, passend zur Carbonara, eine Flasche Frascati. »Er ist noch zu heiß. In einer Stunde können wir ihn anschneiden, dann ist er außen schön knusprig. Bring doch schon mal den Rotwein rein, den gibt es zum Milchlamm.«
    Balistreri begutachtete den zwei Stunden zuvor entkorkten und in eine Karaffe umgefüllten Brunello di Montalcino. Sein Bruder meinte es gut mit ihm. Er kredenzte ihm seinen Lieblingswein, obwohl das gegen eine heilige Regel verstieß: Gericht und Wein immer aus derselben Region.
    Im Zimmer, wo der Tisch für zwei gedeckt war, wanderte Balistreri umher. So viele Fotos, lauter Lebensfreude im Silberrahmen. Alberto, seine elegante Frau, zwei Kinder mit lachenden Gesichtern. In dem einzigen Holzrahmen steckte ein Schwarzweißbild, aufgenommen an der Meerespromenade von Tripolis. Alberto und Michele als Kinder, in kurzen Bundfaltenhosen und Kniestrümpfen. Zu beiden Seiten ihre Mutter Italia und ihr Vater, Commendator Ingegner Salvatore Balistreri.
    Sie schaute immer in den Himmel, er auf die Erde. Der Anstand und die Kraft. Ein ungleicher Kampf.
    Alberto riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Das Essen ist fertig, Mike. Angelo und Graziano kommen auch gleich.«
    Die Carbonara war köstlich. Der Speck kross angebraten, gerade genug Ei, die Spaghetti al dente. Der kalte Frascati rundete das Ganze perfekt ab.
    »Kannst du mir eigentlich etwas über das Geschäft mit Spielautomaten erzählen?«, fragte Michele, nachdem er seinen Teller leer gegessen hatte.
    »Ist das dienstlich?« Es spornte Alberto an, wenn er wusste, dass seine Hilfe einem guten Zweck diente.
    Die Eieruhr am Backofen klingelte. »Ich hole nur schnell das Lamm, es geht sofort weiter«, sagte er und nahm die Weißweingläser mit.
    Als sie zwischen den Gängen einen Schluck Wasser tranken, griff Alberto das Thema wieder auf.
    »Nach Untersuchungen zum illegalen Videopoker beschloss die Regierung 2004, diesen Graumarkt zu reglementieren. Auch weil bei der schlechten Haushaltslage so ein Haufen Geld durchaus verlockend war.«
    »Von was für Summen reden wir denn?«
    »Offiziell fünfzehn Milliarden Euro jährlich, plus x …«, sagte Alberto ungerührt.
    »Bist du dir bei den Nullen sicher?«
    »Absolut. Etwa drei Viertel werden als Gewinn wieder an die Spieler ausgeschüttet. Im System verbleiben demnach fast vier Milliarden Euro, von denen rund eineinhalb Milliarden an den Staat fließen. Vor 2004 blieb auch dieses Geld im Umlauf. Man muss sich mal vorstellen, was für verborgene Reichtümer sich in den zehn Jahren, als es noch keine Kontrollen gab, anhäufen konnten. Und noch heute bleiben zweieinhalb Milliarden jährlich in Umlauf. Das Schwarzgeld kommt noch hinzu …«
    »Wie das?«
    »Durch Automaten, die noch nicht ans Netz angeschlossen sind. Das kann niemand verhindern. Und selbst wenn die Finanzpolizei mal jemanden erwischt, gibt es höchstens eine verwaltungsrechtliche Sanktion.«
    Balistreri zog eine Grimasse und vertilgte das letzte Stück Lamm, zusammen mit einem Schluck Brunello.
    Um Punkt halb elf klingelte es. Das war Corvu. Er hatte sich zu Hause noch frisch gemacht. Aus Respekt vor Alberto trug er einen Anzug, während er tagsüber immer in Jeans und Pullover herumlief. Seine Haare waren noch feucht vom Duschen, aber er wäre niemals zu spät gekommen. Er hatte eine Flasche hausgemachten sardischen Myrtenlikör dabei. Sie legten ihn ins Eisfach, und Corvu setzte sich zu ihnen an den Tisch.
    »Hast du schon gegessen, Graziano?«, fragte Alberto. Er nannte ihn Graziano, doch

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