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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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aber, es sei Colajaconos Idee gewesen. Sie haben um gar nichts gebeten.«
    Tatò rutschte unruhig hin und her. »Kann sein. Ich weiß nicht mehr so genau, wie das war. Jedenfalls machten sie Freudensprünge, als sie es am Morgen des 24. erfuhren.«
    »Und Ihnen hatte Colajacono vorgeschlagen, die Schicht für die beiden zu übernehmen?«
    Er dachte einen Moment nach. Diesmal beschloss er, die Wahrheit zu sagen. »Er hatte es mir morgens vorgeschlagen. Colajacono ist halt so gestrickt. Er meint, als Vorgesetzter muss man sich auch mal opfern und mit gutem Beispiel vorangehen. Außerdem sind wir beide Junggesellen.«
    »Und die Mitternachtsmesse besuchen Sie vermutlich auch nicht.«
    »Ich bin um sechs in die Messe gegangen. In der Nähe des Kommissariats gibt es eine Kirche.«
    »Und nach der Messe?«
    »Colajacono wartete draußen im Auto auf mich. Da war es fast sieben. Wir haben eine Runde durchs Viertel gedreht, aber es war alles ruhig. Die Leute waren auf dem Weg nach Hause und freuten sich auf das Weihnachtsmenü. Wir haben in der Trattoria gegenüber gegessen, der einzigen, die geöffnet hatte. Um kurz vor neun waren wir wieder in der Dienststelle.«
    Viel zu überprüfen. Messe und Trattoria waren einfach, die Runde mit dem Auto schon nicht mehr. Für solche Kleinigkeiten brauchte man die Geduld eines Corvu.
    Ein Aufschrei des Publikums kündigte den Start des Rennens an. Auf der gegenüberliegenden Seite der Rennbahn galoppierten die Pferde los. Piccolo sah, dass Tatò den Fortgang des Geschehens ängstlich mitverfolgte. Kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf seiner Stirn. Die Pferde näherten sich ihrer Tribüne, die Zuschauer waren aufgesprungen, Tatò wartete mit fiebrigem Blick auf den Endspurt. Auf den letzten dreißig Metern setzte die Nummer sechs sich ab und wurde klarer Sieger. Tatò entspannte sich merklich.
    Piccolo holte ihn zurück in die Gegenwart. »Zurück zum 24.; sind Sie auf Ihrer Streiffahrt nach der Messe am Casilino 900 vorbeigekommen?«
    Jetzt, wo er gewonnen hatte, wirkte Tatò fast unbeschwert. »Dafür gab es keinen Grund. Es war ganz ruhig dort, weil die sich auf ihr Fest vorbereitet haben. Feiern offenbar auch Weihnachten, die Zigeuner – mit dem Geld, das sie den Italienern geklaut haben«, schloss er verächtlich.
    Piccolo ballte die Fäuste, erinnerte sich aber an Balistreris mahnende Worte. »Sie wissen also nicht, wo Colajacono sich zwischen sechs und sieben Uhr aufgehalten hat, während Sie in der Messe waren«, sagte sie ruhig.
    Tatò nickte besorgt. Eine Menschenmenge bewegte sich auf den Totalisator zu, um neue Wetten abzugeben.
    »Waren Sie von einundzwanzig Uhr an beide ununterbrochen im Kommissariat?«, fragte Piccolo weiter.
    »Ja, bis zum nächsten Morgen.«
    »Keiner von Ihnen hat es verlassen?«
    »Nein, keiner.«
    »Und wie können Sie das mit Sicherheit sagen? Waren Sie die ganzen zwölf Stunden zusammen?«
    Tatò lachte ordinär. »Na ja, nicht ganz. Ich weiß ja nicht, wie das bei Ihnen ist, aber ich geh lieber allein pinkeln.«
    Konzentrier dich auf dein Ziel. Lass dich nicht von deiner Wut ablenken. Mach es so, wie dein Chef gesagt hat.
    Sie zählte bis zehn, dann fuhr sie ruhig fort. »Abgesehen von der Verrichtung Ihrer Notdurft waren Sie also die ganze Zeit zusammen. Und Sie beschwören, dass Colajacono von neunzehn bis einundzwanzig Uhr und in den zwölf Stunden von einundzwanzig bis neun Uhr das Kommissariat nicht verlassen hat.«
    »Absolut«, antwortete Tatò. »Kann ich jetzt zurück zu den Pferden, Dottoressa?«
    Balistreri öffnete die Tür. Breit lächelnd stand da der Mann, der seit über zwanzig Jahren sein bester Freund war. Sein einziger Freund sogar, denn Alberto war sein Bruder und Corvu eine Art Ziehsohn. Das Gesicht seines Freundes war beinah faltenlos, als würde seine Natürlichkeit ihn vor dem Altern bewahren.
    Angelo Dioguardi war mit den Jahren härter geworden. Nachdem er 1982 die Verlobung mit Paola und das Arbeitsverhältnis mit ihrem Onkel aufgelöst hatte, war er ganz neue Wege gegangen. Während Balistreris Existenz nach und nach verkümmerte, erlebte Angelo paradoxerweise genau das Gegenteil.
    Ihre nächtelangen Gespräche über die kleinen und großen Dinge des Lebens führten sie immer noch, doch mit der Zeit hatten sie die Rollen getauscht. Jetzt hatte Angelo die Affären, nicht fortwährend, aber immer wieder, weil er die Suche nach seiner Traumfrau noch nicht aufgegeben hatte. Von diesem Gebiet hatte sich Balistreri

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