Du bist das Boese
saßen also eine Prostituierte mit Helm und eine Schwuchtel.
»Two people?«, er streckte zwei Finger in die Höhe. »But how you know she is prostitute and he is gay?«
Cabot sah ihn an, als hätte er nicht nur den Cappuccino, sondern die Tasse gleich mit verschluckt, und brach in schallendes Gelächter aus.
»No, no«, rief er und versuchte sich zu beherrschen, während der Zwerg ihn beleidigt anstarrte. »Wore means to wear, Helm tragen. And queer means strange, seltsam.«
Um sicherzugehen, fragte Coppola noch mal nach. »One person, no prostitute, no gay?«
Der Amerikaner begriff, dass der Zwerg sich auf den Schlips getreten fühlte, und wählte einfachere Worte. »One person with helmet.«
»Okay«, sagte Coppola erleichtert. »So this person say to nigger Arschgesicht and nigger say him Wichser and motorcycle go away.«
Cabot nickte und kämpfte erneut gegen einen Lachanfall an.
»And you remember motorcycle?«, fragte Coppola hoffnungsvoll.
»It was a great motorcycle, handy and speedy.«
Coppola schüttelte resigniert den Kopf. Sein Amerikanisch musste dringend aufgefrischt werden. Er hatte nur verstanden, dass es ein großes Motorrad gewesen war, für den Rest brauchte er ein Wörterbuch. Erleichtert verabschiedete er sich von Fred Cabot, der am nächsten Tag in die Staaten zurückfliegen würde, hatte aber das untrügliche Gefühl, entscheidende Dinge nicht mitbekommen zu haben.
Giulia Piccolo war nervös. Es war eine spontane Entscheidung gewesen, Rudi bei sich zu Hause unterzubringen. Bei Licht betrachtet, gab es dafür immer noch gute Gründe, doch nun zeigten sich auch die Probleme. Sie beunruhigte nicht, was andere möglicherweise dachten, sondern warum sie selbst es getan hatte. Zugegeben, sie fühlte sich einsam. Sie war einsam, besser gesagt, und zwar sehr lange schon. Seit Francesca sie verlassen hatte nämlich. Und Rudis Gesellschaft war angenehm. Er war sensibel, witzig, schwul und sehr schön.
Was hat ein schöner schwuler Albaner in deinem chaotischen Leben verloren? Ein Sterbender kann keinen Schwerverletzten heilen. Keiner von uns ist der, der er gern wäre, und zusammen sind wir es noch weniger.
Gegen zehn betrat sie das Restaurant. Mit einem Anruf beim Geschäftsführer hatte sie sichergestellt, dass er und der Kellner, der Mircea und Nadia bedient hatte, zu dieser ungewöhnlichen Tageszeit anwesend sein würden. Sie wurde von einem Mann um die vierzig empfangen, mit Jackett und eleganter Krawatte, aber ungeputzten Schuhen. Der Kellner war wohl eher siebzig als sechzig und trug unter seiner etwas fleckigen weißen Jacke eine schwarze Hose mit offenem Reißverschluss.
»Ich habe Sie bereits erwartet, Signorina. Carpi mein Name, ich bin der Geschäftsführer.«
Hier würde niemand »Dottoressa« zu einer Polizistin sagen.
Das Lokal war recht groß. Zwei Räume, der eine für Raucher. Ein Touristenlokal in der Altstadt. Das sah man schon an der Karte auf Englisch, Französisch und Japanisch. Und an der kitschigen Dekoration mit unzähligen Fotos von Schauspielern, die bestimmt nie einen Fuß hier hereingesetzt hatten.
Carpi zeigte auf den Kellner. »Tommaso hat die beiden bedient. Er hat sie auf den Fotos wiedererkannt, die Sie uns zugeschickt haben.«
Piccolo wandte sich direkt an den Siebzigjährigen mit dem anzüglichen Blick. »Haben Sie ihn oder sie wiedererkannt?«
»An das Mädchen erinnere ich mich sehr gut, ein hübsches Ding. Inzwischen hab ich zwar eine Glatze, aber für schöne Frauen hab ich immer noch was übrig …«
»Versteh schon«, unterbrach Piccolo ihn. »Sagen Sie mir alles, woran Sie sich erinnern, seit die beiden das Lokal betreten haben, angefangen bei der Uhrzeit.«
»Keine Ahnung, wann sie genau gekommen sind. Aber sie hatten reserviert, das weiß ich noch, weil er deswegen gleich Ärger gemacht hat. Er sagte, er habe im Raucherraum reserviert. Zum Glück ist der nie ganz besetzt, das war also kein Problem. Ein richtiger Streithammel war das.«
»Und wo haben sie gesessen?«
Tommaso führte sie in den Raucherraum. »Hier hat er auch wieder gemeckert. Ich hatte ihm einen Tisch in der Mitte angeboten, aber er wollte mit dem Rücken zur Wand sitzen. Wie ein Mafioso, verstehen Sie? Diese Rumänen sind sowieso alle …«
»Und was haben Sie da gemacht?« Piccolo wurde ungeduldig.
»Na ja, ich habe eine Reservierung ausgetauscht und ihm den Tisch gegeben, den er wollte. Dann hab ich die Bestellung aufgenommen. Sie sprach Rumänisch, und er hat
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