Du bist die pure Sinnlichkeit
allererster Güte gewesen. Und es hatte nichts genützt?
„Ryan will Jack oder Kyle nicht auf seinem Grundstück sehen”, erklärte Melissa, wobei ihre Stimme schriller wurde. „So wie ich ihn kenne, wird er uns wegen unbefugten Betretens verhaften lassen, falls ich es wage, Kyle gegen seinen Willen herzubringen. Es scheint alles hoffnungslos zu sein.” Sie rieb sich die feuchten Augen und richtete den Blick dann fest auf Alexa. Abrupt verschwanden die Tränen.
„Das heißt, bis jetzt. Mit Ihnen auf unserer Seite haben wir eine Chance zu gewinnen.”
Alexa war gerade dabei, eine Übung für Kelseys Wadenmuskulatur | zu absolvieren.
„Ich fürchte, nicht einmal die Tremaines können Ryan dazu zwingen, Besucher einzuladen, die er nicht in seinem Haus haben will.”
„Aber Sie können uns helfen!” rief Melissa aus. „Sie sind die einzige, die nicht in seinem Bann steht. Endlich ist jemand da, der wenigstens denkt, ich sei es wert, daß man mir hilft.”
„Melissa, natürlich sind Sie es wert, daß man Ihnen hilft. Aber ich weiß wirklich nicht, was ich tun kann.”
„Beginnen wir mit dem Problem, daß es Kyle nicht erlaubt ist, Kelsey zu besuchen”, schlug Melissa vor. „Hat jemand eine Idee, wie man ihn heimlich ins Haus bringen könnte?”
Mutter und Tochter sahen erwartungsvoll zu Alexa. Sie unterdrückte ein Seufzen.
Gloria Martinez hatte mit ihrem Treibsand-Vergleich genau ins Schwarze getroffen.
Alexa fühlte sich, als steckte sie bereits mitten im Sumpf und würde mit jedem Wort, mit dem sie sich zu befreien versuchte, nur noch tiefer versinken.
Alexa beendete Kelseys Übungen kurz vor Mittag. Ihr blieb gerade genug Zeit für ein hastiges Mittagessen, und dann mußte sie auch schon zurück in das medizinische Zentrum, wo eine Reihe von Patienten auf sie warteten.
Melissa bestand darauf, sie zum Wagen zu begleiten. „Alexa, ich möchte Ihnen dafür danken, daß Sie einen Weg gefunden haben, Kyle und Kelsey zusammenzubringen.
Ich weiß genau, daß unser Plan gelingen wird”, sagte sie strahlend, während sie neben Alexa hertrippelte, um mit ihr Schritt zu halten.
Alexa dachte an ihren .Plan’ und versuchte, das ungute Gefühl, das sie bei dem Ganzen hatte, zu verdrängen. Warum hatte sie sich nur in diese Sache verwickeln lassen? Doch das Schlimmste war, daß der Plan von ihr stammte, nicht von Melissa oder Kelsey. Es muß daran liegen, daß ich mit einem raffinierten Schurken wie meinem Bruder Ben aufgewachsen bin, dachte Alexa grimmig. Etwas davon mußte auf sie abgefärbt haben.
„Ich halte es für sehr wichtig, daß Geschwister sich während langer Krankenhausaufenthalte besuchen. Und natürlich ist der geschwisterliche Kontakt ebenso wichtig während der Erholungszeit danach”, sagte Alexa. Sie wußte, sie hörte sich an wie ein psychologischer Ratgeber. Klang sie nicht auch, als übte sie bereits die Ausreden, falls Ryan ihr auf die Schliche kommen würde? Sie schluckte.
„Ich stimme Ihnen zu”, meinte Melissa überzeugt. Dann runzelte sie die Stirn. „Da Ryan ein Einzelkind ist, weiß er nicht, wie es ist, Geschwister zu haben. Es gab keine enge geschwisterliche Bande zwischen ihm und seinen ordinären Stiefschwestern…”
„Ryan hatte Stiefschwestern?” erkundigte Alexa interessiert. Dabei sollte es ihr völlig egal sein, ob er zehn oder zwanzig Geschwister hatte.
„Was war mit diesen Stiefschwestern?” wollte sie wissen, obwohl der gesunde Menschenverstand ihr riet, nicht über Ryan zu sprechen.
Unglücklicherweise siegte ihre Neugier über den gesunden Menschenverstand, und so hörte sie Melissa begierig zu.
„Es sind drei, aus der dritten Ehe seines Vaters”, erklärte Melissa. „Ich bin ihnen einige Male begegnet, als ich Kelsey abholte oder brachte. Was für dumme kleine Flittchen sie waren! Doch das Unglaublichste ist, daß Ryans Vater sich tatsächlich mit einer von ihnen davonmachte! Das klingt doch wie in einem Hollywood-Film, nicht wahr? Mit der eigenen Stieftochter durchzubrennen!”
Alexa starrte sie an. Diese Geschichte kannte sie nicht. Sie erinnerte sich daran, daß er ihr leid getan hatte, als er ihr von der kalten, grausamen Frau erzählte, die sein Vater knapp ein Jahr nach dem tragischen Tod seiner Mutter geheiratet hatte. Dazu kam der verhaltensgestörte Sohn, den diese Frau mit in die Ehe brachte. Er war ein Jahr älter als Ryan und hatte eine Vorliebe für Prügeleien, Diebstähle, Lügen und Brandstiftungen. Schließlich ließ das
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