Du bist in meinen Traeumen
plötzlich, dass Matt als einziges Kind einer früh verwitweten Mutter aufgewachsen war, die er ebenfalls schon als Student verloren hatte. Der arme Kerl würde also an diesem Wochenende eine Art Feuertaufe bestehen müssen.
Immerhin erholte er sich bemerkenswert schnell von seiner Verblüffung. Ohne sich um den ohrenbetäubenden Lärm ringsum zu kümmern, schwang er lässig die langen Beine aus dem Wagen und erkannte auf Anhieb Rosie als die jüngere der beiden Schwestern. Er gratulierte ihr zum Geburtstag, entnahm seine m Aktenkoffer ein kleines Päckchen und gab es dem Geburtstagskind. Dann begrüßte er die Gastgeberin und überreichte ihr einen großen Karton feinster Schweizer Pralinen.
Diese galante Geste nötigte Samantha unfreiwillig Bewunderung ab, und sie empfand es fast schon als beängstigend, wie schnell ihre sonst Fremden gegenüber recht zurückhaltende Schwester Matts Charme erlag.
“Oh Sam - er ist einfach himmlisch!”, schwärmte Edwina später wie ein Teenager in der Küche, während sie beide das Abendessen zubereiteten. “Und so überaus großzügig! Rosie hat sich riesig über die Kette mit dem kleinen silbernen Herzen von Tiffany gefreut.”
Samantha, die gerade Kartoffeln pürierte, lächelte.
“Eigentlich ist sie ja noch zu jung, um wegen des berühmten blauen Kästchens mit der weißen Schleife so aus dem Häuschen zu geraten. Ich gestehe offen, dass ich sie um den Inhalt fast ein wenig beneidet habe.”
“Ehrlich gesagt, ich auch. Und da wir gerade über Herzen reden …” Edwina zögerte einen Moment und fragte dann vorsichtig: “Handelt es sich nur um eine … flüchtige Bekanntschaft? Oder könnte daraus etwas Ernstes werden?”
“Weder noch”, antwortete Samantha ausweichend. “Wir kennen uns von früher und sind uns kürzlich nach langer Zeit zufällig wieder über den Weg gelaufen.” Sie zuckte die Schultern. “Keine Ahnung, was sich daraus entwickelt.”
“Ich wusste nicht …” Edwina hielt beim Zwiebelschneiden inne und sah ihre Schwester erstaunt an. “Heißt das, Matt ist ein früherer Freund von dir?”
“Ja … so könnte man es nennen.”
“Aber ich bin sicher, ihm noch nie begegnet zu sein”, meinte Edwina. “Ein so markantes Gesicht würde ich nicht vergessen.”
“Ich war damals noch Studentin und habe ihn nie zu uns nach Hause mitgenommen. Er ist fast zehn Jahre älter als ich. Mum und Dad hätte das nur beunruhigt.”
“Oh Sam!” Edwina runzelte besorgt die Stirn. Offenbar erinnerte sie sich an die tragisch endende Liebesaffäre, von der sich ihre Schwester nur langsam erholt hatte. “War es etwa Matt, der dich damals so unglücklich gemacht hat?”
“Leider ja”, bekannte Samantha mit schiefem Lächeln.
“Vielleicht verstehst du jetzt, weshalb ich diesmal umso vorsichtiger bin.”
“Weiß er, dass du inzwischen verheiratet warst?”
Samantha schüttelte den Kopf. “Nein, ich …” Sie wich dem Blick ihrer Schwester aus und begann den Salat zu waschen.
“Nun ja, wir haben in einem piekfeinen New Yorker Restaurant zu Abend gegessen, und ich hatte keine Lust, Matt lang und breit zu erklären, dass Alan aus den falschen Gründen geheiratet habe und meine Ehe deshalb gescheitert ist.”
“So etwas kann jedem passieren. Matt hätte das sicher verstanden”, beharrte Edwina.
“Aber ich wollte mir keine Blöße geben. Oder sollte ich ihm gestehen, dass ich noch immer wahnsinnig in ihn verliebt war, als ich Alan heiratete?”, platzte Samantha heraus. “Wir waren uns nach neun Jahren zufällig wieder begegnet, er lud mich zum Essen ein, und ich war mir nicht sicher, ob er sich erneut an mich heranzumachen versuchte - und wie ich darauf reagieren sollte!”
Es folgte gespanntes Schweigen, und Samantha machte sich bittere Vorwürfe wegen ihres heftigen Ausbruchs. Hätte sie doch nur den Mund gehalten!
“Erzähl das bitte, um Himmels willen, niemandem. Es wäre mir schrecklich peinlich …”
“Keine Angst, meine Lippen sind versiegelt”, beruhigte Edwina sie. “Ich muss gestehen, das klingt alles reichlich verworren. Andererseits ist mir klar, dass du alt genug bist, dein eigenes Leben zu führen. Außerdem”, Edwina seufzte tief auf,
“ist Matt wirklich ein sehr attraktiver Mann, und ich kann verstehen, weshalb du es noch einmal mit ihm versuchst. An deiner Stelle würde ich genauso handeln. Könnte daraus eine …
dauerhafte Beziehung werden?”
Samantha schüttelte energisch den Kopf. “Nein! Weder er noch ich
Weitere Kostenlose Bücher