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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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Frankreich
    Sita putzte weiterhin Wasilys Wohnung. Jeden zweiten Tag sammelte sie auf Dmitris Geheiß hin die schmutzige Bettwäsche und Unterwäsche aus den Zimmern der nebenan untergebrachten Mädchen ein, die währenddessen jedes Mal auf dem Gang herumstanden. Sita fand in den Räumen keinerlei Spuren von Männerbesuchen – weder Kondome noch Zigaretten noch Toilettenartikel. Das Einzige, was die Mädchen selbst zu besitzen schienen, waren Spitzendessous und ein paar Taschenbücher.
    Eines Morgens führte Tatiana sie in den zweiten Stock der Wohnung und forderte sie auf, einen Raum abzustauben, der mit einer Menge Computer-Ausrüstung und anderem Zeug vollgestopft war.
    »Wasily weggefahren«, erklärte sie in ihrem gebrochenen Englisch. »Sieh dir Dreck an.«
    Sie hob ein Glas mit abgestandenem Bier hoch, das achtlos auf einem Aktenschrank abgestellt worden war, und rümpfte beim Anblick einer Zigarettenschachtel und eines halb vollen Aschenbechers die Nase.
    »Widerlich«, sagte sie. Mit verschwörerischer Miene wandte sie sich an Sita. »Wasily nicht erzählen, dass du hier. Er nicht mögen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber Zimmer brauchen putzen.«
    Tatiana ließ sie mit einem Lappen und einem Staubwedel zurück und ging wieder hinunter in den ersten Stock. Obwohl Sita sich mit Computern ein wenig auskannte, wirkte Wasilys stattliche Sammlung an Elektronik wesentlich moderner als alles, was sie bisher zu sehen bekommen hatte. Auf einem Schreibtisch in der Mitte des Raumes standen zwei Flachbildschirme auf Standby. Außerdem befanden sich auf dem Tisch eine Tastatur, eine Maus und eine Art kleine weiße Platte mit einem dazugehörigen Plastikstift.
    Der Raum roch nach Rauch und Alkohol. Sie begann damit, Rahmen und Sims eines kleinen runden Fensters abzustauben – des einzigen Fensters im Raum. Dann nahm sie sich den Schreibtisch und die Bildschirme vor. Als sie über die Tastatur fuhr, drückte sie versehentlich eine Taste, woraufhin beide Bildschirme gleichzeitig zum Leben erwachten. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. Die Bilder, die auf den Monitoren zu sehen waren, zeigten einen maskierten Mann und eine Frau beim Sex.
    Sita, der schlagartig das Blut in die Wangen geschossen war, drehte sich schnell weg. Während sie den Monitoren nun den Rücken zuwandte, versuchte sie sich abzulenken, indem sie anfing, mit ihrem Lappen die Griffe des Aktenschranks auf Hochglanz zu polieren. Die rhythmischen Bewegungen beruhigten sie. Nach einer Weile warf sie einen vorsichtigen Blick über die Schulter und stellte fest, dass die Bildschirme wieder schwarz waren. Sie betrachtete sie einen Moment nachdenklich. Wo waren die Bilder hergekommen? Und wer war der Mann mit der Maske?
    Als sie sich schließlich der untersten Schublade des Aktenschranks zuwandte, stellte sie fest, dass sie nicht richtig geschlossen war. Ihr erster Impuls war, sie ganz zuzuschieben und weiterzuputzen, doch plötzlich packte sie eine schreckliche Neugier. Vielleicht würde ihr der Inhalt des Aktenschranks ja etwas über die Bilder oder die Mädchen auf der anderen Seite des Hofes verraten?
    Mit pochendem Herzen zog sie die Schublade heraus. Sie enthielt lauter Aktenmappen, die in einer ihr fremden Sprache von Hand beschriftet waren. Sita nahm die vorderste Mappe heraus und fand darin ein Dutzend Fotos. Auf jedem der Bilder war ein hellhäutiges Mädchen zu sehen, das nur mit Unterwäsche bekleidet in einem leeren Raum stand. Die Wände waren kahl und so alt, dass sie schon bröckelten. Die Mädchen sahen mit glasigen Augen in die Kamera. Sonst war im Raum niemand zu sehen, aber der Winkel, aus dem die Aufnahmen gemacht worden waren, wirkte jeweils identisch. Darüber hinaus befand sich in der Mappe ein mit seltsamen Buchstaben bedrucktes Blatt Papier. Sita fragte sich, ob es sich bei den Worten um Namen handelte.
    Nachdem sie die Mappe wieder an ihrem Platz verstaut hatte, sah sie noch rasch die Ordner dahinter durch, die ebenfalls Fotos und je eine Liste enthielten, die sie nicht entziffern konnte. Als sie das Fach schließlich ganz herauszog, fand sie hinter den Aktenmappen einen Stapel Pornomagazine. Angewidert schloss sie die Schublade und hob ihren Lappen vom Boden auf.
    Als Tatiana bald darauf erschien und ihr etwas anderes auftrug, war sie so erleichtert, dass sie die Frau am liebsten umarmt hätte. Den Rest des Tages widmete sie sich allen möglichen kleineren Aufgaben und versuchte dabei zu vergessen, was sie gesehen

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