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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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entwickeln, dass alles in Ordnung und es nicht allein ist, auch wenn die Eltern nicht in Sichtweite sind. Und noch etwas kommt hinzu: Kinder haben noch nicht die Sicherheit, dass sich die Welt am nächsten Tag »weiterdreht«, dass die Blume noch da ist, das Kinderzimmer, die Bauklötze und auch die Eltern. Diese Sicherheit entwickelt sich erst – in der Regel mit guten Erfahrungen, die wir dem Kind ermöglichen müssen.
    Zum Zweiten muss man auch die bisherigen Erfahrungen aus der Wahrnehmungs- und Lebenswelt des jeweiligen Kindes betrachten, um die Ursachen für ein bestimmtes Verhalten zu ergründen. So auch bei Luise: Sie hatte offenbar keinen leichten Start ins Leben und hat schon viel in ihrem noch nicht so langen Leben erfahren, das für sie mit Angst verbunden ist und sie deshalb geprägt hat. Das hat stark zu einer Verunsicherung auf verschiedenen Ebenen beigetragen. Auch konnte ihre Mutter als erste Bindungsperson nicht konstant für Luise zur Verfügung stehen, was eventuell eine weitere emotionale Verunsicherung bewirkt hat.
Die Bindung im Säuglingsalter
Jeder Mensch wird mit dem Bedürfnis geboren, enge und intensive Beziehungen einzugehen, sich zu binden. Bezugspersonen bzw. Bindungspersonen sind in der Regel die Eltern bzw. die Personen, mit welchen das Kind den intensivsten Kontakt in seinen ersten Lebensmonaten hat. Im Säuglings- und Kleinkindalter dient die Bindung vornehmlich zur Befriedigung der überlebenswichtigen Bedürfnisse, da ein menschliches Neugeborenes ohne die Versorgung der Eltern nicht überleben kann. Hierzu zählen vor allem das Versorgen mit Nahrung, die Pflege und das Bieten von Geborgenheit und Sicherheit. Diese erste frühe Bindung ist jedoch auch maßgeblich für eine enge emotionale Beziehung zu den ersten Bezugspersonen. So entwickelt der Säugling eine besondere Beziehung zu seinen Eltern oder auch anderen in dieser Zeit bedeutsamen Bezugspersonen und ist damit auf der Suche nach der Befriedigung seines Bedürfnisses, sich aufs Tiefste in dieser speziellen Weise zu binden. Die Aufgabe der Eltern ist es, hier Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Bindung aufrechterhalten bleibt, indem sie dem Neugeborenen Schutz bei Gefahr bieten – und sei sie auch nur vom Kind als solche erlebt.
Ein Kind bindet sich – weil es keine andere Wahl hat – an die Personen, die ihm vertraut sind, ganz unabhängig davon, wie gut oder schlecht diese seine Bedürfnisse tatsächlich befriedigen. Vernachlässigung oder Lieblosigkeit beispielsweise haben daher zwar keinen Einfluss auf das Bindungsbedürfnis und -verhalten des Kindes, wohl aber auf seine psychische und emotionale Entwicklung. In der Regel bindet sich ein Kind im Säuglingsalter an seine Eltern – die Bindungsbereitschaft (gegebenenfalls an andere Personen als die leiblichen Eltern) kann aber bis zum Kindergartenalter bestehen bleiben, je nachdem, wie viel Geborgenheit und Zuwendung das Kind bis zu diesem Alter erhalten bzw. noch nicht erhalten hat.
    Und der dritte Wirkungsfaktor, der nicht zu unterschätzen ist, sind die Botschaften, die die Mutter an Luise sendet. In der anfänglich schwierigen Zeit hat sie Ängste ausgestanden, konnte nicht immer die Versorgung übernehmen und Geborgenheit vermitteln. Das heißt, auch Luises Mutter kämpft mit einer gewissen Ängstlichkeit und Sorge, die sie unbewusst auf ihre Tochter überträgt. Luise nimmt diese Angst wahr, und das verunsichert sie zusätzlich.
    Gewiss wird bei dem einen oder anderen Kind auch die »Tür-auf-Tür-zu-Methode« funktionieren. Jedoch wird an dieser Stelle lediglich das Symptom (Schlaflosigkeit) behandelt und eventuell auch »behoben«. Dabei werden allerdings im Fall von Luise die grundsätzliche Verunsicherung und Angst, also die Grundprobleme, verstärkt. Das Kind wird qua Elternmacht gezwungen, liegen zu bleiben. Es lernt dies durch eine neue Angst – nämlich die Angst vor der Dunkelheit, die die alte Angst unterdrückt. Außerdem lernen Kinder in solchen Situationen auch: »Meine Eltern sind nicht da, wenn ich Angst habe, und ich muss selbst mit mir zurechtkommen und mich allein beruhigen.« Manche Kinder bekommen das gut hin. Andere Kinder wiederum, wie Luise, werden zusätzlich verunsichert.
    Eltern müssen sich selbst darüber bewusst werden, was sie für ihre Kinder wollen. Als Familienberaterin kann ich nicht sagen, was Eltern wollen, denken und fühlen sollen. Ich kann nur die verschiedenen Ziele, die Eltern haben, gemeinsam mit ihnen

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