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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Saalfrank
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»Du wolltest doch auch noch dein Zimmer aufräumen und Hausaufgaben machen. Das kommt wieder alles zu kurz. Na klar, der Sport geht mal wieder vor. Warum kommst du denn immer zu spät?«
Helene: »Ich weiß auch nicht. Sind wir jetzt fertig?«
Vater: »Nein, sind wir nicht! Du musst lernen, dich an Zeiten und Verabredungen zu halten und auch deine Pflichten zu erfüllen.«
Helene: »Ich weiß. Ich muss jetzt noch Hausaufgaben machen.«
Vater: »Also, wirst du das ändern? Ich erwarte, dass du das nächste Mal pünktlich bist.«
Helene: »Ja, ich versuch’s! Soll ich dann anrufen?«
Vater: »Du versuchst es? Ja, anrufen wäre ein erstes Zeichen deiner Einsicht! Helene, das geht so nicht! Wir haben jetzt schon so oft darüber gesprochen! Um die Zeit ist es auch schon dunkel, und ein Mädchen in deinem Alter hat da nix mehr auf der Straße verloren.«
Helene: »Ja, o. k., ich hab’s verstanden!«
    Ist hier ein Gespräch entstanden? Vordergründig mag es vielleicht so aussehen. Schauen wir genauer hin, so können wir feststellen, dass zunächst mal kein Dialog, sondern ein Monolog entstanden ist: Der Vater hat seine Tochter zur Rede gestellt, nachgefragt und ihr mitgeteilt, was er in Zukunft von ihr erwartet. Er hat geredet. Helene hat geschwiegen oder kurz geantwortet. Zwischen den Zeilen jedoch ist noch etwas anderes passiert. Etwas, das häufig dazu führt, dass sich diese Form der Kommunikation im Kreis dreht. Der Vater begegnet seiner Tochter hier fast durchweg mit vorwurfsvoller Haltung/mit vorwurfsvollem Ton, er belehrt und kritisiert sie, was sich für Helene grob und wenig fürsorglich anhört. Das wiederum führt dazu, dass Kinder keine Gespräche mehr führen wollen und Eltern seufzen, dass alles Reden sowieso nichts bringt.
    Im ersten Beispiel mit Nico ist ein Dialog in Interviewform entstanden, im zweiten Fall mit Helene ein Monolog voller Vorwürfe, eine belehrende Standpauke. Beide Situationen haben aber eines gemeinsam: Die persönlichen Anteile der Eltern sind jeweils nicht spürbar. Diese unpersönliche Form der Kommunikation hat aber auch noch zur Folge, dass die Erwachsenen über den inneren Zustand, die Gefühle und das Erleben ihrer Kinder nichts erfahren. So bleiben auch die Kinder mit ihren Bedürfnissen, Erlebnissen und Emotionen ungesehen.
    Wie aber können wir einen authentischen, wertschätzenden und gleichwertigen Dialog mit unseren Kindern eingehen? Wir gehen in die Situation von Helene und ihrem Vater zurück:
Vater:  »Helene, in letzter Zeit habe ich bemerkt, dass du oft viel später als sonst vom Judotraining kommst. Mich interessiert, warum das so ist. Kannst du mir sagen, was der Grund dafür ist?«
Helene: »Ich bin halt später aus der Halle raus und hab den Bus verpasst … ich weiß auch nicht.«
Vater: »Das heißt, jedes Mal, wenn du zu spät kommst, verpasst du den Bus, weil du zu langsam bist?«
Helene (starrt mit gesenktem Kopf auf den Tisch vor sich): »Ja!«
Vater: »Ich bin darüber erstaunt, weil es früher nicht so war. Also, wenn du über eine Stunde später als ausgemacht nach Hause kommst, mache ich mir Sorgen. Was verzögert sich denn so, dass du dann den Bus verpasst?«
Helene (schaut auf): »Ich komm nicht pünktlich zum Umziehen, und dann verpass ich den Bus, dann wird’s halt mal später.«
Vater: »Zum einen bin ich besorgt, wenn du nicht kommst, und zum anderen ärgere ich mich. Ich möchte verstehen, woran es liegt, dass du zu spät kommst.«
Helene: »O.k.! Dann bleib ich eben zu Hause. Hab eh keine Lust mehr auf das Training. Kann ich jetzt gehen?«
Vater: »Warte bitte noch. Du willst deinen Sport aufgeben? Warum das denn?«
Helene: »Macht halt keinen Spaß mehr, weiß auch nicht.«
Vater: »Du bist doch sonst so gerne hingegangen?«
Helene: »Früher schon … jetzt nicht mehr.«
Vater: »Was hat sich denn verändert?«
Helene: »Da sind neue Mädchen dazugekommen … die sind blöd und nerven.«
Vater: »Wieso nerven die? Nur dich oder auch andere?«
Helene: »Weiß nicht, mich auf jeden Fall.«
Vater: »Was machen die denn?«
Helene: »Die ärgern mich halt – ist doch auch egal.«
Vater: »Mir nicht. Sag mal ein Beispiel, wie sie dich ärgern, damit ich es besser verstehen kann.«
Helene: »Also, zum Beispiel nehmen sie mir nach dem Training meinen Judoanzug und meine Schuhe weg und verstecken sie. Ich kann dann alles absuchen, und die lachen sich kaputt. Heute habe ich alles im Mülleimer wiedergefunden.«
Vater: »Das gibt’s doch nicht! Hast

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