Du denkst, du weißt, wer ich bin
Registrierkasse zu und drehte mich um. »Das kann nicht sein.«
Formlos . Das war das Wort, das mir einfiel, als ich Katie an diesem Abend ansah. Dass sie neben Cameron stand – so muskulös und robust und der typische Highschool-Schönling –, betonte den Unterschied zwischen ihnen nur noch mehr. Niemand hätte diesen beiden mehr den Titel Traumpaar verliehen. Sie sahen ja kaum aus, als gehörten sie zur selben Spezies.
Ich glotzte geradezu mit offenem Mund. Was zum Teufel war mit ihr passiert ? War sie krank? Es war nicht mehr als einen Monat her, dass Katie Miranda das rosa Bändchen vom Arm gezerrt und sie vor der ganzen Schule gedemütigt hatte. Seit sie im Badeanzug um den Pool flaniert war und die Welt mit ihrer Supermodel-Ausstrahlung beglückt hatte.
Katie war nicht mal mehr ein Schatten ihrer selbst. Sie war gerade mal der Hauch eines Schattens.
Die Mercury -Tür schwang auf, und dieses Mal kam Miranda herein. Sie trug eins von Katies Kleidern. Das störte mich, auch wenn Katie und ich die ganze Zeit unsere Kleider getauscht hatten, als wir noch dieselbe Größe gehabt hatten. Vielleicht lag es daran, dass das Kleid Katie jetzt um Längen zu groß gewesen wäre, Miranda hingegen perfekt passte. Genau genommen sah es an Miranda besser aus als je an Katie, vor allem über der Brust. Jeder im Foyer drehte sich um und sah zu ihr hin. Miranda war die Sorte Mädchen geworden, die jedermann öffentlich begaffte. Und wenn man sie erst ansah, konnte man den Blick schlecht wieder lösen. Cameron, so schien es mir, versuchte es gar nicht erst.
Miranda kam herbeigeschlendert, schob sich zwischen Katie und Cameron und legte einen Arm um sie beide. »Hallo, meine Süßen«, sagte sie. Camerons ganzes Gesicht begann bei ihrer Berührung zu glühen. »Haben wir schon Tickets?«
»Noch nicht«, antwortete Cameron, ganz ergebenes Hündchen. »Ich gehe sie direkt holen.«
Cameron ließ Katie los und ging zum Schalter. Katie schwankte einen Moment, dann lehnte sie sich an die Wand, die Hand gegen ihre Kuhle von Bauch gedrückt. Ich sah, dass sie etwas zu Miranda sagte. Ich konnte nicht hören, was, aber aus ihren Augen konnte man ablesen, dass sie stöhnte: »Ich bin hungrig.«
Einen Moment lang verschränkte Miranda ihre Arme und sah Katie an. Aber schließlich seufzte sie und kam zügig zur Snackbar, wo ich schon wartete, meine Hände auf die glatte Linoleumoberfläche gestemmt.
»Ich nehme eine Flasche Wasser.«
Ich nahm eine Flasche aus dem Kühlschrank, ein Schoko-Top aus der Tiefkühltruhe und legte beides vor Miranda hin. Sie starrte das Eis an, als hätte ich gerade auf den Tisch gekotzt.
»Das habe ich nicht bestellt«, fuhr sie mich an. »Nur das Wasser.«
»Es ist auch nicht für dich«, gab ich zurück. »Es ist für Katie. Sie nimmt immer eins. Dieses geht auf’s Haus.«
Ich wollte plötzlich unbedingt, dass Katie ihr Eis bekam. Es war ihre erste Date-Night seit Wochen, und das hieß wahrscheinlich ihr erstes normales Essen seit einer Ewigkeit. Mir war, als würde ein Grundgesetz der Natur außer Kraft gesetzt, wenn sie ihr Schoko-Top nicht bekommen würde.
»Denkst du, ich halte sie davon ab ?«, fragte Miranda eisig.
Ich lehnte mich über den Tresen. »Ich weiß nicht. Tust du das?«
Miranda hielt meinem Blick eine Weile stand, dann wirbelte sie herum. »Hallo, Katie? Süße? Möchtest du ein Schoko-Top?«
Katie lehnte immer noch an der Wand. Aber jetzt waren ihre Augen geschlossen. Ihre Lippen formten ein Wort. Aber das Geräusch, das hervorkam, passte nicht zu dem sehnsüchtigen Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Nein.«
Miranda drehte sich wieder zu mir um und zeigte dieses siegessichere Lächeln, bei dem sie es neuerdings zur Perfektion gebracht hatte. Sie nahm die Flasche Wasser und ging davon.
Fünfzehn Minuten, nachdem Miranda gegangen war, kochte ich immer noch, so sehr brannte meine Demütigung. Ich konnte mir nicht helfen. Nachdem ich alles ein bisschen aufgestockt hatte – und Pappbecher so hingeknallt hatte, dass sie Beulen bekamen –, ging ich zur Tiefkühltruhe und fischte ein frisches Schoko-Top raus.
»Was hast du vor?«, fragte Ami.
»Katie bekommt jetzt ihr Eis«, antwortete ich bestimmt. »Ich werde es selbst ausliefern.«
Ami runzelte die Stirn. »Wollten wir Miranda nicht um jeden Preis aus dem Weg gehen ?«
»Ich habe dich ja nicht gebeten mitzukommen«, sagte ich und ging auf die geschlossenen Türen zum Kinosaal zu. Aber Ami glitt von der Bank und folgte mir. Genau,
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