Du Durchschaust Mich Nicht
unter die Lupe genommen. Herr Belak hat mir bestätigt, dass es sich um einen sehr kostbaren Weißgoldring mit einem echten Brillanten von 1 , 5 Karat handelt.« Jetzt atmete Onkel Tofi wieder hörbar aus und schüttelte dabei den Kopf.
Mein Vater nickte ihm zu, er solle weitererzählen. Sari schnurrte zufrieden. »Ich … ich hätte den Ring einfach nicht als Pfand annehmen dürfen!«, schimpfte Onkel Tofi mit sich selbst.
»Aber warum nicht, los, erzähl, was ist dann passiert?« Jetzt rutschte mein Vater auf seinem Stuhl hin und her.
»Du wirst es nicht glauben, ich bin keine Stunde später, nachdem mir der Mann den Lieferschein ausgefüllt und mit dem Teppich den Laden verlassen hatte – sein Auto war weiter weg geparkt, sonst wäre ich noch mitgegangen und hätte mir das Kennzeichen gemerkt –, also, ich bin noch mal zu Herrn Belak rüber und habe ihm den Ring noch einmal gezeigt. Ich hatte kein gutes Gefühl … und …«
»Und? Nun sag schon!« Mein Vater hatte sich über den Tisch gebeugt.
»Es ist ein Weißgoldring mit einem … einem unechten Brillanten. Nicht mal fünfhundert Mark wert.« Er zog eine schwarze Schatulle aus der Tasche und stellte sie geöffnet auf den Tisch.
Ich musste mich recken, um das glitzernde Schmuckstück zu sehen. Vater nahm die Schatulle in die Hand und wendete sie mal nach rechts und mal nach links.
»Der Name und die Adresse auf dem Lieferschein stimmen natürlich auch nicht.«
»Hat sich der Juwelier denn vielleicht vertan?«, fragte mein Vater und hielt den Ring gegen das Licht.
Onkel Tofi zuckte mit den Schultern, er sah jetzt neben meinem Vater noch kleiner aus als sonst. »Herr Belak ist ein sehr angesehener Mann. Und ein Fachmann. Er kann es sich auch nicht erklären, er schwört, dass der erste Ring echt war. Der Betrüger muss ihn ausgetauscht haben.« Er seufzte. »Ich habe mir die ganze Nacht Gedanken gemacht, wann er es getan haben kann, aber ich finde keinen verdächtigen Moment in meiner Erinnerung. Ich muss einen Augenblick lang abgelenkt gewesen sein, anders kann ich es mir nicht erklären.«
Dieses Erlebnis von Onkel Tofi hat mich noch lange beschäftigt. Immer wieder stellte ich mir die Szene vor und überlegte, wann der Betrüger den Ring ausgetauscht haben könnte: Vielleicht hatte Onkel Tofi den Ring einen Moment lang auf den alten Sekretär gelegt, den er im Laden als Schreibtisch stehen hatte, um das Heft mit den Lieferscheinen aus der Schublade zu holen. Diese wenigen Sekunden reichen einem guten Trickbetrüger, um etwas auszutauschen. Ich habe Onkel Tofi auch später noch mal dazu befragt, weil mich diese Geschichte nicht losließ. Leider konnte er sich nicht mehr so genau an jede Minute erinnern. Und der Betrüger war mit dem edlen Perserteppich sowieso über alle Berge.
Betrüger wissen, wie man andere täuscht. Und um zu täuschen, muss man ablenken. Wie in der Magie auch. Eine besondere Sorte krimineller Täuschungskünstler sind die Hochstapler. Bei einem Flug von Berlin nach München las ich kürzlich über den Hochstapler Volker Eckel, der sich im Jahr 2009 als Mohammed Al Faisal, als unehelicher Sohn Saddam Husseins, ausgegeben und große Teile des Schwabenlandes und der Schweiz zum Gespött gemacht hatte.
Dieser Mann, der keinen Beruf hat, führte angesehene Geschäftsleute an der Nase herum. Wie er das schaffte? Er ließ sich stets chauffieren und hatte immer Freunde dabei, die für ihn als Anwälte und anderes Personal auftraten. Er tat so, als wolle er Schlösser kaufen, verhandelte über Fußballvereine – er versprach Funktionären, 300 Millionen Franken in den Fußballclub Grashopper Zürich zu investieren – und stieg umsonst in den besten Hotels ab; wo immer es ging, ließ er sich einladen und sogar hohe Geldbeträge schenken. Sein »Gefolge« tat hinter vorgehaltener Hand kund, dass es im arabischen Raum üblich sei, erst einmal Geld zu investieren, bevor dann der große Geldregen einsetzen würde. Doch der Betrug flog auf, dreieinhalb Jahre Haft bekam er im Mai 2012 .
Hochstapler täuschen einen höheren gesellschaftlichen Stand oder einen höheren akademischen Bildungsgrad vor, geben sich womöglich als adlig aus oder erfinden sich gleich eine ganz neue Identität! Der Begriff Hochstapler stammt interessanterweise von einem mittelalterlichen Wort, »Stappler«, das einen Bettler bezeichnete. Ein Hochstapler war also zunächst ein Bettler, der sich als in Not geratener vornehmer Mann ausgab, wodurch er
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