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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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fürchten.
    Aber ich möchte auch Sie warnen, liebste
Principessa: Ich kann sehr hartnäckig sein, und so leicht kommen Sie mir nicht
davon!
    Ich hoffe noch heute auf Post von Ihnen und
verbleibe in großer Ungeduld (die Sie mir bitte nachsehen mögen),
    Ihr Duc de Champollion
    Zufrieden lehnte ich mich zurück. Ich fand, daß ich den
Ton ganz gut getroffen hatte. Die Dame wollte achtzehntes Jahrhundert? Sie
bekam achtzehntes Jahrhundert. Sie war die Principessa, ich der Duc. Wenn das
der Weg war, um an sie heranzukommen, wollte ich gern darauf eingehen.
    Die
Kunst, eine Frau zu verführen, besteht in der Hauptsache darin, ein Nein nicht
zu akzeptieren, in der Aufmerksamkeit nicht nachzulassen und sie zu umwerben
wie eine Königin. Was das anging, war jede Frau eine Principessa, soviel hatte
ich begriffen. Jede Frau war ein kleines Wunder, und jede hatte ihren ganz
eigenen Spleen, dem man am besten mit Großmut begegnete.
    Ich lächelte, zupfte vergnügt ein Stück von dem duftigen Croissant
ab, das Odile, die rundliche Tochter des Besitzers der Boulangerie, mir eben
mit hochroten Wangen ins Papier eingeschlagen hatte, als ich ihr, wie jeden
Morgen, ein kleines Kompliment machte. Ich wähnte mich meinem Ziel schon sehr
nahe. Nach diesem Brief, spätestens nach dem nächsten, würde die Principessa
sich zu erkennen geben, keine Frau konnte ein Geheimnis lange bewahren, nicht
mal, wenn es ihr eigenes war. Dieser hier würde ich mit den schönsten Worten
zusetzen, bis sie sich verriet und die Waffen streckte.
    Und am Ende würde ich das Spiel gewinnen!
    Ach, welche Hybris! Wie dumm ich war! Wie grandios ich mich
selbst überschätzte! Hätte ich in die Zukunft schauen können, was in den
wenigsten Fällen von Vorteil ist, wäre mir mein selbstzufriedenes Lächeln
schnell vergangen.
    So
aber sah ich noch einen Augenblick auf meinen Brief und dachte bereits darüber
nach, in welches Restaurant ich die Principessa im Fall, daß sie mir ebenso
gefiel wie ihr Brief, führen wollte, als ein leises »Pling« mir eine neue
E-Mail ankündigte.
    Die Principessa hatte geantwortet!
    War ich cool, siegesgewiß und in meinen Erwartungen bestätigt? Nein.
Mein Herz klopfte, als sich die schwarzen Zeilen auf dem Bildschirm vor mir
materialisierten.
    Betreff: Unkonzentriert …
    Mein lieber Duc! Sie großer Ungeduldiger!
    Gerade fand ihr schöner Brief seinen Weg zu mir,
ich habe ihn mit klopfendem Herzen gelesen, und obwohl ich in diesem Moment so
gut wie keine Zeit habe, weil ich dringenden Geschäften nachgehen muß, möchte
ich Sie rasch von Ihrer Ungeduld erlösen, nicht jedoch, und das wird Sie ein
wenig ärgern, von Ihrer Ungewißheit, was meine Person betrifft.
    Gedulden Sie sich, Lovelace! Wenn Sie sich meiner
würdig erweisen, werden Sie alles von mir bekommen – sogar meinen Namen!
    Ich bin über die Maßen glücklich, daß Sie mir
geantwortet haben, ich freue mich auf unsere Wortgefechte, denn bereits nach
Ihrem ersten Brief sehe ich, daß Sie mir ein ebenbürtiges Gegenüber sind.
    Daß Sie ein Mann von Geschmack sind, ist mir
nicht verborgen geblieben, daß Sie schöne Frauen anziehend finden (und
bisweilen auch gerne ausziehen), versetzt mir einen kleinen Stich, denn, mon
cher Monsieur, ich habe nicht vor, Sie zu teilen. Daß Sie sich mit Bildern
auskennen, weiß ich, doch daß Sie so kunstvoll mit Worten umgehen können, hat
mich überrascht und entzückt.
    Ich möchte noch so vieles von Ihnen wissen, und
auch Sie sollen erfahren, welche Frau ich bin. Stück um Stück, Hülle um Hülle,
erst zögernd, dann in fiebriger Ungeduld werden wir uns all unserer Kleider
entledigen, bis nichts mehr verborgen bleibt und wir so voreinander stehen, wie
die Natur uns geschaffen hat: Nackt.
    Ich habe heute nacht von Ihnen geträumt, lieber
Duc!
    Sie standen plötzlich vor meinem Bett, sie
strichen über meine Haut, sie berührten mich aufs Zärtlichste … Ich muß
aufpassen, daß ich nicht den Kopf verliere, und ich fürchte doch, ich habe ihn
schon verloren.
    Ihre Worte stiften ebenso angenehme Verwirrung in
meinem Herzen wie Ihr Bild, das mir so deutlich vor Augen steht, daß ich meine,
es anfassen zu können.
    Denken Sie denn, ich könnte mich noch auf irgend etwas
konzentrieren? Wieviel lieber würde ich jetzt Ihre Hand nehmen und durch den
schönen Maimorgen

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