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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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Palme, die einsam an ihrer Kette hing. Aufgeregt sah
ich mich um. Rechts, links, geradeaus, würde das den ganzen Tag so weitergehen?
    Â»Cézanne!« rief ich und rannte in der Bahnhofshalle umher.
»Cézanne!« Meine Güte, hoffentlich war er nicht aus der Gare de Lyon
hinausgelaufen und lag schon unter einem Auto.
    Â»Cézanne … Cézanne … Cézanne! Wo bist du, Cézanne?!« In meiner Panik
achtete ich nicht auf die Menschen, die mir befremdete Blicke zuwarfen. Einige
fingen an zu lachen. Vielleicht hielten sie meine Ausrufe für den Auftakt zu
einem künstlerischen Happening.
    Â»Versuch’s doch mal im Musée d’Orsay!« rief ein Mann, der mit seiner
Schnapsflasche an einem Kiosk lehnte.
    Ein paar junge Mädchen in Jeans und mit Rucksäcken blieben stehen
und sahen erwartungsvoll herüber. Kam da noch mehr?
    Â»Was glotzt ihr so, Cézanne ist mein Hund!« stieß ich
aufgebracht hervor. Dann blickte ich nach oben und sah Jane und Janet, die im
Restaurant standen und aufgeregt gegen die Scheibe klopften.
    Eine Stunde später saß ich in der Metro. In meinen Händen hielt
ich einen Strick, und an diesem Strick hing Cézanne, der fromm wie ein Lämmchen
zu meinen Füßen lag und zu mir aufblickte.
    Nach
seinem abenteuerlichen Ausflug durch die Gare de Lyon, bei dem es sich Cézanne
Augenzeugenberichten zufolge nicht hatte nehmen lassen, an jeder der großen
Palmen im Bahnhof sein Bein zu heben, war er plötzlich zum Ausgang gerast, wo
er irgend etwas Interessantes entdeckt hatte, und hatte dann vor dem Bahnhof
die wartenden Taxifahrer angebellt. Einer von ihnen hatte die Bahnhofspolizei
geholt, und dort hatte ich Cézanne dann auch ausgelöst.
    Jane und Janet, die von ihrer Loge am Fenster aus einen guten Platz
hatten, hatten nicht schlecht gestaunt, als ein Dalmatiner plötzlich an der
Hand eines Uniformierten durch die Bahnhofshalle geführt wurde. Minuten später
war ein Verrückter (ich) aufgetaucht und hatte dort unten wild gestikuliert und
herumgeschrien.
    Und dann hatten die beiden Damen freundlicherweise gegen das Fenster
getrommelt, und ich war erst ins Restaurant geeilt und danach zur
Bahnhofspolizei.
    Â» C’est votre chien? Ist das Ihr Hund?«
fragte der Uniformierte mürrisch. Cézanne wedelte erfreut mit dem Schwanz, als
er mich sah.
    Â»Ja, ja!« Ich nickte. »Cézanne, was machst du denn für Sachen, ich
hab doch gesagt, du sollst warten.« Ich strich ihm über den Kopf.
    Â»Sie müssen besser auf Ihren Hund aufpassen, Monsieur, Ihr Verhalten
ist unverantwortlich. Hunde müssen im Bahnhof immer an der Leine geführt werden.« Er sah mich streng an. »Sie können von Glück
sagen, daß nicht mehr passiert ist.«
    Ich nickte stumm. Man muß wissen, wann man schweigt.
    Hätte es einen Sinn gehabt, irgendwelche Erklärungen abzugeben über
außergewöhnliche Umstände, die es manchmal erforderlich machen, seinen Hund,
der sich mit der Leine in einer angeketteten Palme verfangen hat, für einen
Moment zurückzulassen? Nein!
    Monsieur Ich-bin-hier-der-Chef schob mir einen Zettel herüber, den
ich unterschrieb. Ohne zu protestieren, bezahlte ich eine Strafgebühr, und dann
waren Cézanne und ich wieder auf freiem Fuß.

10
    Ich hatte schon bessere Sonntage in
meinem Leben gehabt. Aber auch schon schlechtere, resümierte ich, als ich mit
Cézanne aus der Metrostation Odéon in das helle Licht eines sonnigen Pariser
Frühlingsnachmittags trat.
    Man mußte fair bleiben: Zwar war die Operation
»Train Bleu« fehlgeschlagen, aber ich hatte jetzt die beruhigende Gewißheit,
daß nicht Jane Hirstmann die Principessa war (was ich vorher zwar nie in
Betracht gezogen hatte, was aber hätte sein können). Es war immerhin
bemerkenswert, daß in der Tat zwei Frauen vor dem Zug nach Nizza gestanden
hatten, von denen eine so aussah, wie Lucille hätte heute aussehen können, was
den Kreis der üblichen Verdächtigen um eine zarte Spur erweiterte. Und Cézanne
lief gesund und munter neben mir her, was angesichts des Verkehrs, der vor der
Gare de Lyon herrscht, ein kleines Wunder war.
    Ich beschloß, dankbar zu sein, dennoch bemerkte
ich eine gewisse Ermattung, als ich jetzt den Boulevard Saint-Germain
entlangschlenderte und in den Cour du Commerce Saint-André einbog.
    In der Passage mit den kleinen Geschäften und

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