Du gehörst zu mir
zu treten. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, doch sein Blick blieb weiterhin besorgt. »Typisch Jimmy, nimmt sich eine hübsche Krankenschwester, die ihn pflegt!«
»Jimmy?« fragte Madeline verwirrt.
Lord Drake lächelte schwach. »Er hieß nicht immer Logan Scott, müssen Sie wissen.«
Mrs. Beecham nahm Madeline die Laken aus der Hand. »Ich erledige das schon, Miß Ridley«, murmelte sie mit einem Blick auf das erschöpfte Mädchen. »Sie sollten eine Weile ausruhen.«
»Ja, das sollte ich.« Madeline rieb sich ihre schmerzenden Schläfen. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen, Lord Drake …«
»Warten Sie«, drängte er und legte sein blasiertes Verhalten ab. Als Madeline in sein vom Alkohol aufgedunsenes, fahles Gesicht blickte, spürte sie, dass sich hinter diesem widerwärtigen Äußeren ernsthafte Besorgnis um seinen Freund verbarg. »Ich wollte meine Hilfe anbieten und fragen, ob ich etwas für Jimmy tun kann. Er ist mein bester Freund, müssen Sie wissen. Er war nicht einen Tag in seinem Leben krank. Mir war klar, dass es sich um etwas Ernstes handeln muss, wenn er sein verfluchtes Theater im Stich lässt. Sagen Sie mir, was er braucht – gleichgültig, was es ist – und ich besorge es für ihn.«
»Ich danke Ihnen«, erwiderte Madeline, gerührt von der Aufrichtigkeit, die in seiner Stimme mitschwang, »aber ich glaube nicht, dass man viel für ihn tun kann.« Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie konnte nicht mehr weitersprechen. In hilfloser Verzweiflung blickte sie ihn an.
Lord Drake schien den Ernst der Lage zu begreifen.
»Steht es so schlimm um ihn?« fragte er und fluchte dann leise. »Ich möchte mit ihm reden.«
Madeline schüttelte den Kopf. »Er liegt im Koma, Lord Drake.«
»Ich muss ihn sehen.«
»Aber Sie könnten sich anstecken …«
»Verflucht, das ist mir egal. Jimmy ist für mich wie ein Bruder. Lassen Sie mich zu ihm … bitte.«
Nach langem Zaudern führte sie ihn nach oben. Die Beleuchtung in Logans Schlafzimmer war gedämpft. In dem Dämmerlicht wirkte sein Gesicht wie eine Maske, seine spröden Lippen rangen nach Luft. Sein schlaffer, hilfloser Körper hatte nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem großen, stattlichen Schauspieler.
»Mein Gott«, hörte Madeline Lord Drake murmeln, während er an das Bett trat. Voller Bestürzung seinen Kopf schüttelnd, starrte er auf Logans reglose Gestalt. »Verflucht, Jimmy«, flüsterte er rau, »du darfst nicht sterben.« Er grinste verschlagen. »Zum einen schulde ich dir ein verdammtes Vermögen, an dem ich noch jahrelang zurückzahlen werde. Zum anderen … bist du der einzige Halt in meinem Leben.« Seufzend fuhr er sich mit den Händen durch seine langen dunklen Locken, eine Geste, die Madeline sonderbar vertraut vorkam. Wenn Logan angespannt oder nachdenklich war, tat er dasselbe. »Ich warne dich, alter junge … werde wieder gesund oder du bekommst es mit mir zu tun.«
Lord Drake drehte sich um und entfernte sich vom Bett. Als er sich zu Madeline gesellte, konnte er nur unter Schwierigkeiten sprechen. »Wenn Sie sich ganz sicher sind, dass Sie meine Hilfe nicht brauchen, werde ich verschwinden und mich fürchterlich besaufen.«
»Das hilft keinem von uns«, erwiderte sie.
»Mir hilft es, Miß Ridley, das garantiere ich Ihnen.« Er rieb sich die Stirn. »Ich finde schon selbst nach unten.«
Dr. Brooke machte eine Abendvisite, und während seiner Untersuchung warteten Madeline und Mrs. Beecham vor Logans Schlafzimmer. Schon nach kurzer Zeit trat der Arzt aus dem Krankenzimmer. »Sie scheinen eine hervorragende Arbeit als Krankenschwestern geleistet zu haben«, bemerkte er, doch seine Stimme klang eher tröstend als aufbauend.
Obgleich er gefasst wirkte und sein Verhalten genauso angenehm war wie am Vortag, spürte Madeline seine veränderte Haltung. »Glauben Sie, dass das Fieber bald sinkt?« fragte sie. »Es darf nicht noch länger anhalten.«
»Nein, das darf es nicht, Miß Ridley. Sonst bringt es ihn um. Er ist in schlechter Verfassung. Sie müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass er sich vielleicht nicht mehr erholt.«
Es dauerte einen Augenblick, bis Madeline die Tragweite seiner Worte begriffen hatte. Sie wartete auf eine Reaktion von Mrs. Beecham doch die Haushälterin schwieg. Ihr Gesichtsausdruck wirkte ebenso erschüttert wie der von Madeline.
Von innerer Auflehnung getrieben, starrte Madeline erneut den Arzt an. »Dann verschreiben Sie ihm irgendetwas.
Sagen Sie mir, was getan werden
Weitere Kostenlose Bücher