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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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neue Gymnasium verlassen. Eine Gärtnerlehre bei Onkel Otto in Heiligenstadt soll ihn kräftigen und auf den geraden Weg bringen. Storm meint allerdings, der Gärtnerberuf sei nicht standesgemäß, sagt das hochgestochen und durch die Blume, indem er seinen Sohn dafür geradestehen lässt: Der Gärtner ist nemlich im allgemeinen – ich weiß das – von der sog. Gebildeten Gesellschaft nicht recht recipiert, und ich fürchte, Hans wird das nicht recht ertragen, schreibt er an seinen Schwiegervater nach Segeberg.
    Aus Heiligenstadt kehrt er schon Ende Oktober zurück. Er hat in der Kartoffelernte geholfen und fragt fachmännisch nach dem Entwicklungsstand des Husumer Gartens: Grünkohl ist doch schon gepflanzt? Er hat sich einen Schwamm gekauft für die Körperpflege, er lässt sich 6 Paar langschäftige wollene Strümpfe stricken, er berichtet Klatsch und Tratsch aus Heiligenstadt nach Husum, auch Neuigkeiten vom alten Hausarzt: Sanitätsrath Rinke hat den Adlerorden III . bekommen. Und schließlich, er habe ordentlich Latein gelernt und beherrsche die Regeln auch fast vollständig .
    Von einer Lehre kann keine Rede sein. Von Anfang an hat Storm geplant, den Ältesten sobald wie möglich wieder zurückkommen zu lassen und ins Studium zu schicken. Hans hat wohl auch das Unbehagen seines Vaters gespürt: Der Gärtnerberuf ist nicht das Richtige für uns. Und Storm wird den Früh-Heimkehrer gern wieder in den Familienkreis aufgenommen haben. Nun büffelt er mit Vater- und Lehrerhilfe weiter Latein und Griechisch, damit er Ostern 66 erneut das Gymnasium besuchen kann. Mit seiner Gesundheit steht es freilich schlecht; Doktor Aemil Storm befürchtet eine galopirende Schwindsucht , mehr noch, Vater Storm fürchtet um sein Leben und fragt den Bruder, ob ich den auch begraben müsse, und der Bruder antwortet: Das sei sehr möglich .
    Storm will Hans vorzeitig zum Medizinstudium nach Kiel schicken. Die vor der Tür stehende preußische Schulreform sieht er nicht zu Unrecht als kommende Militarisierung der Schule im Sinne von Preußens Gloria. Die Einführung der Reifeprüfung steht mit auf dem Reformprogramm, und die wird der angehende Student vor dem Universitätsstudium erst einmal schaffen müssen. Eine Reifeprüfung war dafür bislang in den Herzogtümern nicht vorgesehen, der Schüler verließ seine Schule und ging als Student zur Universität, als wäre er in die nächsthöhere Klasse versetzt worden. Storms Sorge, Hans würde diese Prüfung nicht schaffen, liegt auf der Hand. Er muss also schnell nach Kiel und sich dort als stud. med. immatriculieren lassen , wie Storm an Brinkmann schreibt. Man spürt, wie der Vater sich das auf der Zunge zergehen lässt. Denn Hans soll nicht nur Arzt werden, weil er dann als »Studierter« seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hätte, sondern auch deswegen, weil er seinem stets kränkelnden Vater mit Rat und Tat zur Seite stehen könnte.
    Die Verbindung nach Kiel ist schnell geknüpft. Dort, bei Laura Friedlieb, Witwe des im Januar 1866 verstorbenen Vetters Friedlieb, darf Hans wohnen und essen gegen Bezahlung. Beruhigend für Storm, dass sein Sohn nicht in einer Studentenbude unterkommen muss, wo er ohne Aufsicht wäre. Auch Klaus Groth, der im Juni ein neues Haus im Schwanenweg bezogen hat, bald mit Storm per Du ist und für die Kinder »Onkel Klaus« sein wird, ist eine beruhigende Adresse. Vor Studienbeginn, Mitte Oktober 1866, lässt Storm seinen stud. med. in spe noch einmal nach Altona reisen, um sich in Hamburg mit einer Kleidung und einer guten Uhr mit Secundenzeiger zu versehen . Einem Storm darf es an nichts fehlen; Hans soll mithalten können, wenn es gilt, die Frage zu beantworten: Woher kommst du und aus welcher Familie?

Fäden ins Leben spinnen: Drei Frauen
    Die Idee kommt von Pietsch: Wenn ich Dich doch nur einmal mit diesem Prachtmenschen zusammenbringen könnte, schreibt er zwei Monate nach Constanzes Tod an Storm, und am selben Tag schreibt Storm an Pietsch, er wünsche, im September oder Oktober drei oder vier Wochen zu verreisen,
ich möchte dabei namentlich Menschen sehen, wo möglich neue Fäden ins Leben spinnen. Da ist mir eingefallen, daß Du wieder nach Baden-Baden wolltest . Der viel und gern reisende Eisenbahnfreund Pietsch fährt nach Baden-Baden, trifft dort alte Bekannte; allen voran den Prachtmenschen Iwan Turgenjew.
    Freund Pietsch erkundet dort die Lage für einen Besuch Storms. Turgenjew erweist sich tatsächlich als Prachtmensch: Turgenjew

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