Du hast meine Sinne entflammt
Schlüssel fest.
„Kann man hier irgendwo noch etwas zu essen bekommen?“ fragte Caine, während er das Geld auf die Theke zählte.
„Das Restaurant ist eine Tür weiter. Geöffnet bis zwei Uhr. Ihr Zimmer liegt auf der linken Seite, Nummer siebenundzwanzig. Wenn Sie bis morgen früh zehn Uhr nicht geräumt haben, müssen Sie für eine weitere Nacht bezahlen.“
Caine nahm den Schlüssel, bedankte sich und führte Diana wieder hinaus in den Schnee.
„Freundlicher Mensch“, bemerkte Diana, während sie sich durch den immer dichter fallenden Schnee den Weg zu ihrem Zimmer suchten. „Hast du gerade etwas von Essen gesagt?“
„Hungrig?“ fragte Caine und blieb vor Nummer siebenundzwanzig stehen.
„Und wie! Ich bin schon hungrig, seit…“
Diana brach ab, als sie einen Blick in das Zimmer warf. Es bestand hauptsächlich aus einem riesigen Bett. Aber selbst die Tatsache, dass es sich nur um ein Bett handelte, konnte sie im Moment nicht schocken. Viel mehr interessierte sie dieses seltsame Zimmer. Die Wände waren rosa gestrichen, auf dem großen Bett lag eine mit großen Blumen in allen Farben gemusterte Decke, und die Vorhänge vor dem Fenster zeigten ein anderes, aber nicht weniger farbenfrohes Muster. Ein Albtraum! Die übrige Einrichtung bestand nur noch aus einem Stuhl, einem Fernseher und einem fadenscheinigen Läufer, der bis zur Badtür ging. Das Ungewöhnlichste jedoch war ein großer, schon leicht matter Spiegel an der Decke über dem Bett.
„Nun, das Grand-Hotel ist es gerade nicht“, meinte Caine schmunzelnd mit einem Blick in Dianas verblüfftes Gesicht. Er stellte ihre beiden Aktenkoffer auf den Stuhl. „Aber immerhin hat es ein Dach.“
Diana schloss die Tür hinter sich. „Kalt ist es hier.“
Caine hatte in einer Ecke einen Heizofen entdeckt. „Ich will mal sehen, ob ich den in Betrieb setzen kann.“
Diana setzte sich vorsichtig auf das Bett. Das einzige Bett, dachte sie. Das einzige Zimmer, das einzige Hotel weit und breit. Schöne Geschichte!
„Du scheinst dieses Fiasko zu genießen“, meinte sie.
„Wer? Ich?“
Caine beschäftigte sich angelegentlich mit dem Heizofen. Für die nächsten Stunden musste er sich einfach einreden, Diana sei so etwas wie eine Schwester. Wie sonst sollte er eine Nacht mit ihr im selben Bett überstehen, ohne sie zu berühren? Er hatte sich fest vorgenommen, sie erst wieder anzufassen, wenn sie selbst es wollte, wenn sie bereit dazu war. Und diesen Vorsatz wollte er auf keinen Fall brechen.
„Ich werde uns erst einmal etwas zu essen besorgen“, sagte er. „Wir müssen ja nicht beide wieder durch den Schneesturm laufen. Was möchtest du denn?“
„Ist mir gleich. Hauptsache, es geht schnell und ist essbar.“
Sie lächelte ihm zu und sagte sich, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb, als die Situation zu akzeptieren. Schließlich war er lange genug durch dieses Unwetter gefahren, und es wäre Selbstmord gewesen, die Fahrt fortzusetzen.
Als Caine gegangen war, sah Diana sich noch einmal in dem Raum um. So schlimm ist es gar nicht, versuchte sie sich einzureden. Wenn man ihn durch halbgeschlossene Augen betrachtete, war es auszuhalten. Außerdem verbreitete der Heizofen mittlerweile wohlige Wärme, während draußen immer noch der Sturm am Fenster rüttelte und dichte Schneewolken vorbeitrieb.
Sie zog ihren Mantel aus, legte ihn zu den Aktenkoffern auf den Stuhl und entledigte sich dann ihrer Stiefel. Ihr Blick fiel auf den Fernseher. Daneben stand ein kleiner schwarzer Kasten, in den man Münzen werfen musste, um das Videoprogramm des Motels empfangen zu können.
Diana suchte in ihrer Börse nach den entsprechenden Münzen. Fernsehen wäre sicherlich eine gute Idee, um sie beide etwas abzulenken. Sie steckte die Geldstücke in den Schlitz und machte es sich auf dem Bett bequem. Nachdem sie die Kissen in ihren Rücken gestopft hatte, hörte sie die ersten Geräusche aus dem Fernsehapparat kommen und sah erstaunt hinüber.
Einen Augenblick lang starrte sie mit offenem Mund auf den Bildschirm. Dann ließ sie sich in die Kissen fallen und fing lauthals an zu lachen. Sie konnte es nicht fassen. Von all den Hotels und Motels in Massachusetts waren sie ausgerechnet in eins mit rosa Wänden und animierenden Pornofilmen geraten. Sie hatte den Apparat gerade ausgestellt, als Caine zurückkam.
„Kannst du dir vorstellen, welche Art Filme es hier im Videoprogramm gibt?“ fragte sie spitzbübisch.
Caine schüttelte den Schnee ab und nickte.
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