Du hast mir die Liebe geschenkt
Steve stand auf und verschwand wortlos im Freien. Heidi begann zu weinen.
“Ich kann dich gut verstehen”, sagte Victoria und holte das Baby aus der Wiege. “Wenn dein Vater sauer ist, hat er wenig Charme.”
Während sie Heidi wickelte, donnerte es in der Ferne. Bevins jagte quer durch den Raum und verschwand unter dem Schrank. Jagte er eine Maus? Wenn er sie erwischte, trug er sie hoffentlich nach oben und legte sie Steve ins Bett! Victoria würde diese Nacht jedenfalls nicht in seinem Bett liegen.
Ein Blitz erhellte die Hütte. Donner krachte. Und plötzlich setzte Regen ein, der laut gegen die Fenster prasselte. Steve stürmte zur Hintertür herein.
Victoria hatte keine Angst vor Gewittern. Trotzdem war sie froh, nicht allein zu sein. Joker schnüffelte an Heidis Füßchen und legte sich vor den Schrank, unter dem der Kater noch immer steckte.
„Bevins fängt eine Maus”, erklärte Victoria Steve.
„Bestimmt nicht. Die sind doch so groß wie er selbst. Falls er unter dem Schrank ist, dann nur aus Angst vor dem Donner.”
“Bevins hat keine Angst!”
Steve zuckte mit den Schultern und ging in die Küche. “Wie wäre es mit Rührei und Speck zum Abendessen? Ich koche.”
“Klingt köstlich”, erwiderte sie.
Plötzlich brach das Gewitter mit voller Macht los. Sturm heulte, Regen trommelte gegen die Hütte, und es blitzte und donnerte pausenlos. Victoria sprang aus dem Schaukelstuhl hoch und lief mit dem Baby in die Küche. Zu Steve.
Er legte beschützend die Arme um sie und das Kind. Victoria war klar, dass er keinen Blitz abwehren konnte, aber sie fühlte sich trotzdem sicher.
Als das Schlimmste vorüber war, zog sie sich verlegen zurück. “Ich hatte noch nie Angst vor einem Gewitter.”
“Bestimmt hast du noch keines im Gebirge erlebt. Das kann ganz schön Furcht erregend sein.”
Sie kehrte mit Heidi, die keinen Ton von sich gegeben hatte, in den Schaukelstuhl zurück. Plötzlich jagte etwas Kleines an ihr vorbei, Bevins hinterher, dicht gefolgt von Joker.
Falls das eine Maus war, hatte sie Recht behalten. Steve allerdings auch. Sie war fast so groß wie das Kätzchen.
“Der Kater hat wirklich Mut“, stellte Steve fest, während die drei Tiere durch die offene Tür im Anbau verschwanden.
Kurz darauf kehrten Bevins und Joker zurück. Das Kätzchen wirkte höchst zufrieden, und der Hund leckte sich die Lefzen.
“Hast du die Maus erwischt, Kumpel?” fragte Steve den Hund.
“Vorhin habe ich gehofft, dass Bevins sie dir ins Bett legt”, gestand Victoria.
“Vermutlich an deiner Stelle.”
“So ungefähr”, sagte sie. “Warum bist du manchmal so gereizt?”
“Aus demselben Grund, aus dem du eine Nervensäge sein kannst.”
Sie nickte. “Also gut, keiner von uns ist perfekt. Ich mache dir einen Vorschlag. Ich falle dir nicht mehr auf die Nerven und du benimmst dich nicht so wortkarg und unzivilisiert.”
“Keine Mäuse in meinem Bett?”
“Ich kann nicht für Bevins sprechen.”
“Dann habe ich nichts zu befürchten. Bevor er nicht ordentlich wächst, ist unser Superkater keine Gefahr für Mäuse.”
Joker setzte sich vor den Schaukelstuhl und legte den Kopf schief. Die kleine Heidi gluckste und lächelte ihn an.
“Joker zwei, Steve und Victoria null”, sagte Steve. “Wahrscheinlich müssen wir uns in Hunde verwandeln, damit sie uns anlächelt.”
Nachdem das Gewitter weitergezogen war, wurde es wieder heller. Steve betätigte sich in der Küche, und Victoria schaukelte das Baby und fühlte sich unbeschreiblich zufrieden. Im Moment waren sie so etwas wie eine Familie. Sie war überzeugt, dass Steve das auch so empfand.
“Ich denke, dass der Mond heute wieder scheinen wird”, bemerkte er, während er die Eier rührte.
Victoria wusste, was er meinte, und lächelte. Doch dann fiel ihr ein, dass der Mond im Abnehmen war. Bald gab es Neumond. Der Wechsel der Mondphasen zeigte ihr, wie schnell die Zeit hier verrann. Bald würde sie sich von Steve und Heidi verabschieden müsse. Sie war ohnehin schon weitaus länger geblieben als ursprünglich geplant.
Du liebst diesen Mann nicht und das Kind ist nicht deins, erinnerte sie sich.
Doch es zeigte wenig Wirkung. Jetzt wollte sie genießen, was man ihr bot. Und das so lange wie möglich.
Steve holte sie aus ihren Gedanken. “Der Hund hört auf erstaunlich viele Kommandos. Ich möchte noch herausfinden, ob er auch einen Befehl zum Angriff kennt wie ‚Fass’ oder ‚auf ihn’.“
Joker hob den Kopf und sah ihn
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