Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Radiodiskussion, bei der ein Ehepaar dieselben Fragen völlig unterschiedlich beantwortete. Barbara und William Christopher erzählten, was es für sie bedeutet, ein autistisches Kind zu haben. Der Moderator fragte, ob sie nicht manchmal mit ihrem Schicksal haderten und sich fragen würden: »Warum gerade ich?« Beide antworteten mit »Nein«, aber auf ganz unterschiedliche Weise. Die Frau lenkte die Aufmerksamkeit von sich selbst ab: Sie meinte, dass ihr Kind der eigentliche Leidtragende sei. Der Mann sagte: »Leben ist Problembewältigung. Dies ist einfach ein weiteres Problem, das es zu lösen gilt.«
Das erklärt, warum Männer so frustriert sind, wenn ihre ehrlichen Versuche, einer Frau bei der Lösung eines Problems zu helfen, nicht auf Dankbarkeit, sondern auf Ablehnung stoßen. Ein Mann berichtete, dass er sich jedes Haar einzeln ausraufen könnte, weil seine Freundin ihm dauernd von Problemen auf ihrer Arbeitsstelle erzähle, sich aber weigere, irgendeinen seiner Ratschläge zu befolgen. Ein anderer Mann verteidigte sich gegen die Vorhaltungen seiner Freundin, dass er sofort das Thema wechseln würde, sobald sie anfinge, von ihren Problemen zu erzählen. »Was hat es für einen Sinn, noch weiter darüber zu reden?« , entgegnet er. »Es lässt sich ja doch nichts mehr ändern.« Wiederum ein anderer Mann meinte, dass Frauen sich in ihren Problemen zu wälzen scheinen und ewig darüber reden würden, während Männer Probleme aus der Welt schaffen und bereinigen möchten und entweder eine Lösung fänden oder das Ganze ins Lächerliche zögen. Ref 15
Der Versuch, ein Problem zu lösen oder zu »reparieren«, konzentriert sich auf die Mitteilungsebene eines Gesprächs. Aber den meisten Frauen, die gern und oft von Problemen bei der Arbeit oder im Freundeskreis berichten, geht es nicht in erster Linie um die reine Information. Für sie zählt die Metamitteilung: Wenn man von einem Problem erzählt, fordert man den anderen auf, Verständnis zu zeigen (»Ich weiß, wie du dich fühlst.«) oder von einer ähnlichen Erfahrung zu berichten (»Mir ist mal was Ähnliches passiert, da habe ich mich genauso gefühlt.«). Mit anderen Worten, Problemgespräche zielen darauf, eine Beziehung zu festigen, indem man Metamitteilungen aussendet wie: »Wir sind gleich; du bist nicht allein.« Frauen sind enttäuscht, wenn diese Bestätigung ausbleibt und sie im Gegenteil den Eindruck gewinnen, dass man sich von ihnen distanziert, indem man ihnen Ratschläge gibt, die Metamitteilungen auszusenden scheinen wie: »Wir sind nicht gleich. Du hast die Probleme. Ich habe die Lösungen.«
Darüber hinaus ist gegenseitiges Verständnis symmetrisch, und diese Symmetrie trägt zu einem Gefühl von Gemeinschaft bei. Aber das Erteilen von Ratschlägen ist asymmetrisch. Der Ratgebende rahmt sich als klüger, vernünftiger, kontrollierter – mit anderen Worten als überlegen – ein. Und das vergrößert die Distanz. Ref 16
Die Auffassung, dass die Erteilung von Ratschlägen ein Zeichen von Überlegenheit ist, spiegelt sich in einem Kommentar, den ich in einer Buchrezension entdeckte. Der Kritiker Ron Carlson besprach Alice Adams’ After You’ve Gone und ging auf die in Briefform gehaltene Titelgeschichte ein. Sie handelt von einer Frau, die an ihren ehemaligen Liebhaber schreibt, nachdem er sie wegen einer Jüngeren verlassen hat. Carlson zufolge informiert die Frau ihren ehemaligen Liebhaber über ihr Leben »und geht dann dazu über, ihn mit weisen Ratschlägen fertigzumachen. Es handelt sich ganz offensichtlich um eine souveräne Frau…« Obwohl wir nicht wissen, welche Absicht die Schriftstellerin mit ihrer Geschichte verfolgte, können wir deutlich erkennen, dass der Rezensent Ratschläge als eine Form des Angriffs versteht und den Ratgebenden als überlegen einstuft.
Parallele Spuren
Diese Unterschiede scheinen ihre Ursprünge in unserer frühen Kindheit zu haben. Ein sechzehnjähriges Mädchen erzählte mir, dass sie lieber mit Jungen zusammen sei als mit Mädchen. Um meine Thesen zu überprüfen, fragte ich sie, ob Jungen und Mädchen über Probleme redeten. Sie versicherte mir, dass beide genauso viel darüber sprechen würden. Dann fragte ich sie, ob sie auch auf dieselbe Weise darüber diskutierten. Absolut nicht, entgegnete sie. Die Mädchen würden reden und reden. Die Jungen griffen das Thema auf, einer schlage eine Lösung vor, und damit sei die Diskussion abgeschlossen. Ref 17 , Ref 18
Wenn Männer und Frauen es
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