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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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unter dem Aspekt von Gleichheit und Verbundenheit gesehen, wie die Jungen ihre Probleme besprachen und sich gegenseitig beruhigten und die Sorgen des anderen herunterspielten. Aber auch eine andere Perspektive ist möglich. Ihre Unterhaltung ist vielleicht gerade deshalb so rührend, weil sie auf Asymmetrien im Status basiert – oder, genauer gesagt, auf der Abwendung solcher Asymmetrien. Als Todd von seinen Sorgen erzählt, nimmt er die Rolle des potentiell Unterlegenen ein und gibt seinem Freund die Möglichkeit, den Überlegenen zu spielen; Richard könnte eigene Probleme ableugnen oder mit asymmetrisch geprägten Ratschlägen oder Mitleidsbekundungen reagieren. Indem Richard im Gegenzug von seinen eigenen Sorgen erzählt, lehnt er die überlegene Position ab und stellt die symmetrische Ausgangsbasis wieder her, denn seine Reaktion enthält die Metamitteilung: »Wir sind einfach zwei Kumpel, die versuchen, in einer Welt zurechtzukommen, die es uns beiden nicht leichtmacht, und wir können beide ungefähr gleich gut damit umgehen.«
    So gesehen, hätte die Reaktion einer Frau, die vielleicht sagen würde: »Ich verstehe, wie dir zumute ist; du musst dich schrecklich fühlen; das würde mir genauso gehen« – für Jungen eine völlig andere Bedeutung, weil der Statusaspekt für sie im Vordergrund steht. Eine solche Reaktion würde Metamitteilungen aussenden wie: »Ja, ich weiß, du inkompetenter Trottel, ich weiß, wie scheußlich du dich fühlen musst. Wenn ich so unfähig wäre wie du, würde es mir genauso gehen. Aber zu deinem Glück bin ich anders und kann dir da raushelfen, denn ich bin mit viel zu vielen Begabungen gesegnet, als dass so eine Kleinigkeit mich beunruhigen könnte.« Mit anderen Worten, es kann großzügig sein, auf Sympathiebekundungen zu verzichten, wenn die Anteilnahme herablassend wäre. Ref 23
    Wenn Frauen versuchen, Probleme zu besprechen, sind sie häufig unglücklich über das Verhalten der Männer, und Männer sind häufig unglücklich, weil man ihnen Vorwürfe macht, wenn sie helfen wollen. Aber Richard und Todd scheinen zufrieden damit zu sein, wie der andere auf ihre Sorgen eingeht. Und ihre Verhaltensweisen machen Sinn. Das Problematische am Gespräch zwischen Männern und Frauen ist die unterschiedliche Erwartungshaltung. Männer versuchen, den Kummer des anderen indirekt zu beschwichtigen, indem sie die Ursache des Problems angreifen. Weil Frauen aber erwarten, in ihren Gefühlen bestätigt zu werden, gibt die männliche Herangehensweise ihnen das Gefühl, selbst angegriffen zu werden.

»Frag nicht«
    Problemgespräche sind nur eine von vielen sprachlichen Aufgabenstellungen, die Männer und Frauen anders beurteilen und die dann konsequenterweise Gesprächsprobleme verursachen. Eine andere ist die Bitte um Information. Und auch die hier auftretenden Unterschiede lassen sich auf die Asymmetrien von Status und Bindung zurückführen.
    Ein Mann und eine Frau standen vor dem Informationsstand des Washington Folk Life Festival, einer Veranstaltung mit weitverstreut liegenden Buden und Vorführungen. »Du fragst«, sagte der Mann zu seiner Frau. »Ich frag nicht.«
    Sybil sitzt neben Harold auf dem Beifahrersitz des Autos und kocht vor Wut. Seit einer halben Stunde fahren sie in der Gegend herum und suchen nach einer Straße. Harold ist sicher, dass sie ganz in der Nähe liegt. Sybil ist nicht wütend, weil Harold den Weg nicht kennt, sondern weil er darauf besteht, ihn allein zu finden, statt anzuhalten und jemanden zu fragen. Sie ärgert sich, weil sie sein Verhalten durch die Brille ihres eigenen sieht: Wenn sie am Steuer säße, hätte sie jemanden nach dem richtigen Weg gefragt, sobald sie gemerkt hätte, dass sie sich verfahren hätten; sie würden längst gemütlich im Wohnzimmer ihrer Freunde sitzen, statt die Zeit damit zu verschwenden, im Kreis herumzufahren. Sybil macht es nichts aus, nach der Richtung zu fragen, deshalb ergibt es keinen Sinn für sie, wenn jemand sich weigert, um Hilfe zu bitten. Aber in Harolds Welt ist es logisch, dass man im Kreis herumfährt, wenn man den Weg nicht findet, weil es ihm unangenehm ist, um Hilfe zu bitten. Er möchte diese unangenehme Situation vermeiden und sich seine Unabhängigkeit bewahren.
    Warum widerstrebt es so vielen Männern, nach der Richtung zu fragen oder um irgendwelche andere Informationen zu bitten? Und warum, um eine ebenso berechtigte Frage zu stellen, macht es Frauen nichts aus? Durch den Gegensatz von

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